Das habe der Betrüger denn wohl auch verdient, sagte der Fremde mit einem überlegenen Lächeln; ihm könne es so nicht gehen, denn er sei im Besitze des wahren Arkanums, er führe den echten Bräutigam in die Kammer, der die Braut nicht ungesegnet aus dem Feuerbett lassen werde.
Ach, sagte der Apotheker, das werde ihm auch nicht helfen, an einem Bröcklein oder Häuflein Gold werde sich der Herzog niemals genügen lassen; so viel, wie der haben wolle, könne ein armer Adept gemeiniglich doch nicht produzieren, da müsse er schon mit dem Teufel im Bunde stehen. Er hatte kaum ausgesprochen, als einer vom Hofstaat des Herzogs in die Apotheke trat, ein höfliches Gespräch mit dem Fremden anknüpfte und ihn aufforderte, einige Experimente im Schlosse zu machen; der Herzog habe ein vortreffliches Laboratorium und wolle sich gern von einem erprobten Künstler unterweisen lassen. Es hatte nämlich einer von den Bediensteten der Hofküche, der gerade Einkäufe an Gewürzen und Leckereien in der Apotheke machte, die Neuigkeit von der Anwesenheit des Wundermannes in das Schloss getragen, worauf Herzog Friedrich Befehl gegeben hatte, ihn einzuladen und, koste es, was es wolle, zu ihm zu führen. Der Fremde erschrak ein wenig, wollte es aber nicht merken lassen und bestellte, sich gewaltig aufblasend, noch allerlei Tinkturen und Mineralien bei dem Apotheker, der ihm, während er alles zusammentrug, kläglich zuzwinkerte.
Billigten die Theologen das Treiben ihres Herrn auch nicht, so dankten sie es ihm doch, dass er sie ungestört in ihrem Kreise walten ließ und nicht etwa wie andere Fürsten kalvinistische Umsturzgelüste hatte. Die Lutheraner hatten nach ihrer Meinung eine felsensichere Stütze in der Augsburgischen Konfession, als die von Kaiser und Reich verbürgt sei, und glaubten, es könne nur über die Kalviner hergehen, die kein Recht und keine Sicherheit erworben und auf nichts Schriftliches pochen könnten.
Da fiel ein Ereignis vor, welches die Evangelischen in weitem Umkreis aufschreckte und auch den Bequemeren zu denken gab. Zunächst hatte es nicht viel zu bedeuten, dass in der evangelischen Reichsstadt Donauwörth, wo sich ein katholisches Kloster befand, eine Prozession wider das Herkommen außerhalb der Kirche mit fliegenden Fahnen umzog und von angriffslustigem Straßenvolke belästigt wurde; aber unversehens nahm die Sache ein ernsteres Aussehen, da die Katholischen sich klagend an den Kaiser wandten, der Stadtrat aber, von der trotzigen Bürgerschaft gedrängt, nicht nachgeben wollte. Hin und wider wurde vermittelt und beraten, aber keine Verständigung erzielt, worauf der Kaiser endlich über die hartnäckige Stadt die Acht verhängte und den Herzog von Bayern zum Vollstrecker derselben erklärte. Dieser eigenmächtige Akt rief allgemeine Entrüstung unter den Evangelischen hervor, und auch die Katholischen billigten ihn nicht alle, teils aus Eifersucht auf Bayern, teils weil die Berechtigung dazu augenscheinlich bestreitbar war. Am meisten regte sich der alte Herzog von Neuburg als der Nachbar von Donauwörth und Bayern auf; denn er zweifelte nicht daran, dass Maximilian bei dieser Gelegenheit sein Gebiet überziehen und überhaupt gegen alle Ketzer auf einmal ausholen würde. Er schickte Boten nach allen Seiten: nach Donauwörth, um ihm Hilfe zu versprechen und es zum Ausharren zu ermuntern, nach der Stadt Ulm und nach Württemberg, um auf freundnachbarliche und glaubensverwandte Unterstützung zu dringen, ja sogar nach Kurpfalz, um anzuklopfen, wessen man sich in der Not von dort zu gewärtigen habe.
Auch dem Herzog von Bayern war nicht durchaus wohl zumute. Er hatte längst ein Auge auf die Stadt Donauwörth geworfen, an welche er alte Rechte haben wollte, und hatte deshalb die Gelegenheit, sich einzudrängen, gern ergriffen; aber er verhehlte sich nicht, dass er damit das Pfand noch nicht im eigenen Sacke hatte, und wenn er nach vollzogener Acht wieder abziehen musste, so hatte er umsonst viele Kosten aufgewendet, die ihm weder die kleine Reichsstadt noch der in Schulden fast ertrinkende Kaiser ersetzen würde.
Jocher, sein klügster und fleißigster Rat, musste den Fall vom rechtlichen Gesichtspunkt untersuchen und kam zu dem Schlusse, dass kein Rechtstitel vorhanden sei, unter dem der Herzog Anspruch auf die Reichsstadt erheben könne; indessen ließen sich, wenn der Herzog wolle, schon Umwege zum Ziele finden, und einen solchen biete eben die Geldfrage. Er müsse nämlich die Rechnung über die aufgewendeten Kosten von vornherein so groß machen, dass der Kaiser in absehbarer Zeit nicht daran denken könnte, sie zu bezahlen, und also die Sache stillschweigend veralten und verjähren lassen müsse.
Nun blieb freilich immer noch zu fürchten, dass die Stadt sich klüglich der Gnade des Kaisers unterwürfe, was beiden, der Stadt und dem Kaiser, das liebste gewesen wäre; aber dies unterblieb auf das Drängen einiger Heißsporne, die das Volk mit dem verheißenen Beistand der Glaubensgenossen vertrösteten. Der Herzog von Neuburg wollte sich hervorwagen, wenn die Stadt Ulm den Anfang machte; da sich diese aber auf Württemberg verließ, welches nicht geneigt war, sich einzumischen, so rührte sich keiner, und es blieb der verlassenen, vor der heranrückenden Macht des Herzogs heftig erschrockenen Stadt nichts übrig, als sich dem gestrengen Herrn zu unterwerfen. In seinem Gefolge waren mehrere Jesuiten, die den Auftrag hatten, die Bürgerschaft in der Weise zum katholischen Glauben zu bekehren, dass das gegebene Wort des Herzogs, gewaltsame Mittel sollten dazu nicht angewandt werden, dabei bestehen könne.
Die evangelischen Fürsten ärgerten sich nicht wenig, dass die glaubenstreue Stadt so liederlich verlorengegangen war und dass der hochmütige und habgierige Bayernherzog eine so geschwinde und billige Beute hatte gewinnen können, und der Drang, das Geschehene in etwas gutzumachen und ähnliche Verstöße in Zukunft zu verhindern, befeuerte sie zu einer gewissen Einmütigkeit und Tatkraft. Von dem herzhaften Christian von Anhalt zusammengehalten und angespornt, brachten sie ein Bündnis zuwege, das sie Union nannten und das seinen eigentlichen Rückhalt, da sich im Reiche genügende Kraft nun einmal nicht aufbringen