Bilder 2 und 3: Beschäftigte Hühner sind glückliche Hühner. Eine schnell umsetzbare Idee für zwischendurch: Grünfutter, Heilkräuter und Kolbenhirse an eine Schnur knüpfen und quer durch den Hühnerauslauf spannen. Das lädt zum stundenlangen Bepicken ein.
Bild 4: Falllaub, das im Herbst zusammengerecht wurde, animiert die Hühner zum Scharren.
Bild 5: Ein lockerer Strohballen, in dessen Ritzen Sonnenblumenkerne gestreut wurden, beschäftigt diese Vorwerkhühner stundenlang.
Ein beschäftigtes Huhn ist ein zufriedenes Huhn
Um Tierglück zu messen, wird heute gern der Vergleich aus der Natur herangezogen. Wenn ein Tier in Gefangenschaft in etwa das tun kann, was es auch in der Natur den lieben langen Tag machen würde, gilt das als tiergerecht. Wildhühner leben häufig in halb offenen Wäldern und sind eindeutig Tiere des Unterholzes. Sie haben viele Raubfeinde und halten sich daher überwiegend in der schützenden Deckung von Sträuchern und Bäumen auf. Den Großteil des Tages verbringen sie mit der Futtersuche. Sie scharren in der obersten Bodenschicht nach Würmern, Insektenlarven, Samenkörnern und zupfen hier ein Blatt ab, dort einen Grashalm. Dazwischen legen sie immer wieder Ruhephasen ein und suchen sich dafür bevorzugt ein erhöhtes Plätzchen, das in den meisten Fällen ein versteckter Ast zwischen dichtem Gebüsch sein wird. In der Nacht sind Wildhühner nicht aktiv, weil sie im Dunkeln kaum etwas sehen können. Für das Glück unserer domestizierten Haushühner kann man daraus zwei Dinge schließen: Wenn Hühner wach sind, wollen sie die meiste Zeit über beschäftigt sein, vorzugsweise mit Scharren und der Futtersuche. Wenn Hühner sich ausruhen wollen oder sich für die Nacht bereit machen, brauchen sie dafür ein Plätzchen, das aus ihrer Sicht möglichst sicher ist. Ich denke, dass allein diese beiden Dinge für das Wohlbefinden eines Huhns so essenziell sind, dass sie quasi schon die halbe Miete auf dem Weg zu glücklichen Hühnern sind. Daher im Folgenden eine nähere Erklärung dieser beiden Punkte.
Scharren – den lieben langen Tag
Ich will gar nicht daran denken, wie schlimm es für Hühner in Käfighaltung sein muss, auf Drahtgitterböden zu leben, und das auch noch vom Kükenalter an bis hin zu ihrem letzten Tag. Nie spüren sie den lockeren, mit halb verrottetem Falllaub durchmischten Boden unter ihren Krallen, wie er sich unter nahezu jedem Laubgehölz findet. Nie können sie an einer trockenen Stelle ein Staubbad nehmen, um sich den Schmutz hinterher mit kräftigem Geschüttel wieder aus dem Gefieder zu katapultieren. Nie können sie mit ihrem Scharrtrieb die Einstreu im Hühnerstall so gründlich umkrempeln, dass am Ende kein Strohhalm mehr auf dem anderen liegt. Scharren ist für Hühner mehr als nur eine willkürliche Entscheidung. Diese Art, nach Nahrung zu suchen, ist so verwurzelt mit dem ganzen Wesen des Huhns, dass die Unterbindung dieses Verhaltens fast zwangsläufig zu Störungen führen muss. Ähnlich verhält es sich mit der Verwehrung des täglichen Sandbads. Das Sandbad dient der Gefiederpflege und säubert das Tier zudem von lästigen Parasiten. Darum haben Hühner einen natürlichen Drang, jeden Tag so ein Bad zu nehmen, und dementsprechend schlecht ist der Gefiederzustand, wenn es ihnen zeitlebens verwehrt bleibt. Um Hühner, die sich frei auf einem großen, gut bepflanzten Gelände bewegen dürfen, braucht man sich in den meisten Fällen keine Sorgen zu machen. Sie finden genug Beschäftigungsmöglichkeiten solcher Art, um einen Tag auszufüllen. Was aber tun, wenn man nur ein begrenztes Gehege für das Geflügel zur Verfügung hat? Irgendwann ist der Boden so platt getrampelt, dass er nicht mehr zum Scharren taugt, und alles erreichbare Grünzeug ist abgezupft. Hier hilft beispielsweise regelmäßiges Umstechen. Einfach abwechselnd mal die eine Ecke, mal die andere Ecke des Auslaufs mit dem Spaten umgraben, das ermöglicht den Hühnern, wieder in lockerem Erdreich zu buddeln. Für das Sandbad ist eine überdachte Sandkiste ideal, die man mit feinem Kinderspielsand oder einem Gemisch aus Sand, gesiebter Erde und Urgesteinsmehl auffüllt. So bleibt das Ganze auch bei Regenwetter trocken. Eine ungemein große Freude kann man Gehegehühnern im Herbst auch machen, indem man ihnen zwischendurch mal einen Haufen Falllaub über den Zaun wirft. Der wird dann gründlich „zerpflückt“, und man würde gar nicht glauben, was die Hühner darin alles an scheinbar Fressbarem finden.
Bild 6: Diese glücklichen Hühner sind völlig entspannt und können sich ausgiebig der Gefiederpflege hingeben, während der Holländische Haubenhahn Wache hält.
Bild 7: Auch im Außenbereich freuen sich Hühner über geschützte Ruhezonen, die sich zwischen Gehölzen befinden können.
Ruhezonen aus Sicht der Hühner
Wer Sitzstangen in verschiedenen Höhen im Stall angebracht hat, wird feststellen, dass die besonders mobilen und lebhaften Hühnerrassen, wie Altsteirer, Italiener, Friesenhühner oder beispielsweise auch Appenzeller Spitzhaubenhühner, fast immer die höchstgelegene Stange aufsuchen werden. Sie quetschen sich sogar dann auf solche Sitzgelegenheiten, wenn nur noch wenig Freiraum zur Stalldecke hinauf vorhanden ist. Instinktiv empfinden sie den Platz als den sichersten im Stall und handeln dementsprechend. Steinpiperl, die österreichischen Zwerghühner, lebten traditionell oft halbwild auf den Bauernhöfen im Osten Österreichs und gingen zahlreichen Erfahrungsberichten zufolge abends auch nur ungern mit den anderen Hühnerrassen in den Hühnerstall zum Schlafen. Lieber suchten sie sich stattdessen entweder den höchstgelegenen Balken in der Scheune als Schlafplatz aus, oder aber sie baumten gar im Freien auf. „Aufbaumen“ nennt man es, wenn Hühner in einen Baum hineinfliegen, um dort zu schlafen.
Bilder 8 und 9: In den ersten Lebenswochen ist für die Küken insbesondere die Kommunikation über Laute von großer Bedeutung. Sie rufen zum Beispiel lautstark nach ihrer Glucke, wenn diese aus ihrem Blickfeld verschwindet.