Lizensierung von Forschungsergebnissen
Bei Lizenzverträgen mit öffentlichen Forschungseinrichtungen ergeben sich ebenfalls eine Reihe an Besonderheiten.
Gegenstand der Lizenz
Gegenstand von Lizenzen ist die Einräumung eines Nutzungsrechts an Immaterialgütern. Als mögliches lizensiertes Schutzgut kommen dabei nicht nur absolut geschützte Immaterialgüter, insb. Patente und ergänzende Schutzzertifikate oder Urheberrechte, sondern auch nicht absolut geschützten Immaterialgüter, insb. Know-how, in Betracht.[66]
In Lizenzverträgen zwischen zwei Unternehmen erfolgt die Lizenzvergabe in aller Regel produktbezogen, d.h. das lizenzgebende Unternehmen lizensiert an das lizenznehmende Unternehmen alle geistigen Eigentumsrechte (und/oder Know-how), die für die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb eines bestimmten Produkts erforderlich (und ggf. nützlich sind). Für eine Patentlizenz kann eine vertragliche Regelung des Lizenzgegenstandes beispielweise wie folgt lauten:
„Lizensierte Patentrechte sind alle Patente, Patentanmeldungen, Teilungen, ergänzende Schutzzertifikate, Erneuerungen, Bestätigungen und Neuauflagen, die dem Lizenzgeber während der Laufzeit dieses Vertrages gehören und die für die Entwicklung, Herstellung oder die Vermarktung und den Vertrieb von Lizenzprodukten erforderlich sind. Unbeschadet der in dieser Ziffer beschriebenen umfassenden Definition sind die Lizensierten Patentrechte, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehen, in Anlage A aufgeführt“.
Dieser produktbezogene Ansatz soll sicherstellen, dass der Lizenznehmer ein Nutzungsrecht an allen (auch zukünftigen) Immaterialgütern des Lizenzgebers erlangt, die erforderlich sind, um das lizenzierte Produkt weiter zu entwickeln, herzustellen und auf den Markt zu bringen. Der Lizenznehmer soll im Verhältnis zum Lizenzgeber (und in aller Regel auch im Verhältnis zu dessen verbundenen Unternehmen) eine umfassende Ausübungsfreiheit, sog. Freedom-to-Operate, erhalten.
Im Gegensatz hierzu sind Lizenzverträge zwischen öffentlich-rechtlichen Forschungseinrichtungen und Unternehmen in der Regel Immaterialgüter-bezogen ausgestaltet, d.h. es werden nur spezifische, zum Zeitpunkt des Abschlusses des Lizenzvertrages bereits bestehende geistige Eigentumsrechte (und/oder Know-how) lizensiert. Vertraglich kann dies entweder dadurch erfolgen, dass der Lizenzgegenstand zeitlich auf das Inkrafttreten des Lizenzvertrages beschränkt wird oder, noch enger, nur die in einem Anhang ausdrücklich genannten (oder im Fall von Know-how genau umschriebenen) Immaterialgüter lizensiert werden. Eine entsprechende Klausel wäre dann wie folgt zu formulieren:
„Lizensierte Patentrechte sind alle Patente, Patentanmeldungen, Teilungen, ergänzende Schutzzertifikate, Erneuerungen, Bestätigungen und Neuauflagen, die dem Lizenzgeber zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Vertrages gehören und die für die Entwicklung, Herstellung oder die Vermarktung und den Vertrieb von Lizenzprodukten erforderlich sind“; oder
„Lizensierte Patentrechte sind alle Patente, Patentanmeldungen, Teilungen, ergänzende Schutzzertifikate, Erneuerungen, Bestätigungen und Neuauflagen, die in Anlage A aufgeführt sind“.
Freedom-to-Operate erlangt der Lizenznehmer damit nicht umfassend; vielmehr kann es notwendig werden, mit der Forschungseinrichtung eine Erweiterung des Lizenzvertrages oder den Abschluss eines neuen Lizenzvertrages zu verhandeln, wenn nach Abschluss des Lizenzvertrages neue Immaterialgüter entstehen. Diese Zurückhaltung der öffentlich-rechtlichen Forschungseinrichtungen kann insbesondere dadurch erklärt werden, dass sich die Forschungseinrichtungen nicht hinsichtlich zukünftiger Forschungsergebnisse binden wollen, zumal es ohne Weiteres sein kann, dass diese im Rahmen anderer Forschungsprojekte von anderen Forschungsgruppen hervorgebracht werden.
Im Hinblick auf das Anwendungsfeld sind die öffentlich-rechtlichen Forschungseinrichtungen zumeist darauf bedacht, das Anwendungsfeld so eng wie möglich zu formulieren und insbesondere klar abzugrenzen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Forschungseinrichtungen einen öffentlichen Auftrag haben, Forschungsergebnisse der Allgemeinheit möglichst breit zugutekommen zu lassen. So können insbesondere Plattformtechnologien in ganz unterschiedlichen Bereichen genutzt werden und die Forschungseinrichtung hat ein Interesse daran, Lizenzen für verschiedene Anwendungsfelder an verschiedene Lizenzpartner zu erteilen, damit die Technologie in der Praxis möglichst breit zur Anwendung kommt.[67]
Vergütung
Bei der Ausgestaltung des Vergütungsmodells sind die öffentlichen Forschungseinrichtungen in der Praxis oftmals bereit, flexible Lösungen einzugehen. Dies gilt insbesondere bei Lizenzerträgen mit Spin-off Unternehmen. So sehen die Spin-off Richtlinien der ETH Zürich vor, dass bei der
„Lizensierung von geistigem Eigentum der ETH Zürich an die Spin-off Unternehmen und bei Zusammenarbeitsverträgen zwischen der ETH Zürich und ihren Spin-off Unternehmen (…) Lizenzkonditionen angewendet [werden können], die den negativen freien Kapitalfluss (Free Cash Flow) in den ersten Jahren nach der Firmengründung berücksichtigen“.[68]
In der Praxis wird daher in der Regel auf hohe Vorabzahlungen, sog. Upfront Payments, verzichtet zugunsten von gestaffelten Vergütungsmodellen, welche den finanziellen Möglichkeiten des Spin-off Unternehmens Rechnung tragen (z.B. kann die Zahlung von erfolgreichen Investitionsrunden abhängig gemacht werden). Allerdings ist zu beachten, dass die finanziellen Regelungen insgesamt noch im Rahmen des Marktüblichen liegen müssen.
Exklusivität und wettbewerbsbeschränkende Klauseln
Wie auch bei Lizenzverträgen zwischen Unternehmen vergeben öffentliche Forschungseinrichtungen Lizenzen entweder exklusiv oder nicht-exklusiv. Bei öffentlichen Forschungseinrichtungen ist jedoch als Ausfluss des gesetzlich verankerten Grundsatzes der Freiheit von Forschung und Lehre[69] zu beachten, dass selbst bei einer exklusiven Lizenz, die Forschungseinrichtung sich und ihren Angehörigen das Recht vorbehält, die lizensierten Immaterialgüter für Forschung und Lehre weiter frei zu nutzen.
Bei Lizenzverträgen zwischen Unternehmen werden über die Exklusivität der Lizenzgewährung hinaus, oftmals noch wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen getroffen (sofern und soweit dies aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zulässig ist), wonach das lizenzgebende Unternehmen für einen bestimmten Zeitraum bestimmte konkurrierende Tätigkeiten nicht aufnehmen darf (z.B. Verpflichtung während eines bestimmten Zeitraums kein direktes Konkurrenzprodukt auf Basis einer alternativen Technologie zu entwickeln).[70] Eine solche Einschränkung können öffentlich Forschungseinrichtungen für den Bereich der Forschung und Entwicklung aufgrund der gesetzlich garantierten Forschungsfreiheit keinesfalls akzeptieren, sodass solche Regelungen in Lizenzverträgen mit öffentlichen Forschungseinrichtungen in aller Regel nicht zu finden sind.
Gewährleistungen und Haftung
Weitere Besonderheiten ergeben sich im Bereich der Gewährleistung und der Haftung. Bei Lizenzverträgen zwischen Unternehmen verlangt das lizenznehmende Unternehmen vom lizenzgebenden Unternehmen zumeist umfangreiche Zusicherungen und Gewährleistungen im Hinblick auf den Lizenzgegenstand, insbesondere im Hinblick auf Inhaberschaft und Berechtigung am lizensierten Immaterialgut, Bestand des