Technologietransfer findet in den unterschiedlichsten Szenarien statt, z.B. zwischen einer Forschungseinrichtung und einem Unternehmen, zwischen voneinander unabhängigen Unternehmen oder innerhalb einer Unternehmensgruppe.
Erfolgt der Technologietransfer durch eine öffentliche Forschungseinrichtung sind mehrere Akteure beteiligt: (i) die öffentliche Forschungseinrichtung; (ii) der Forscher, der die Forschungsergebnisse generiert hat, wobei hier Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter, Doktoranden oder Studenten in Betracht kommen; (iii) die Technologietransferstelle der Forschungseinrichtung; sowie (iv) das Unternehmen, das von den Forschungsergebnissen profitieren möchte.
In der Schweiz erfolgt Technologietransfer insbesondere durch die Eidgenössischen Technischen Hochschulen und andere Forschungsinstitutionen des ETH-Bereichs (ETH Zürich, EPF Lausanne, PSI, WSL, Empa und Eawag), die kantonalen Fachhochschulen und die kantonalen Universitäten.[3]
Auf Seiten der Hochschulen kommt den Technologietransferstellen eine zentrale Rolle zu, da diese den Technologietransfer für die Hochschule managen. Die Technologietransferstellen finden ihr Vorbild in den USA. Dort gründeten infolge des sog. Bayh-Dole Act[4] viele Universitäten Technologietransferstellen mit dem Ziel, ihre Forschungsergebnisse effizienter zu verwerten.[5] In der Schweiz haben heute die meisten Hochschulen eine Technologietransferstelle, z.B. ETH transfer, EPFL Technology Transfer Office oder Unitectra AG, die den Technologietransfer für die Universitäten Basel, Bern und Zürich managt.[6] Organisiert sind die Technologietransferstellen in der Schweiz entweder als interne Verwaltungseinheit der Universität oder als Gesellschaft mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit. So handelt es sich bei der ETH transfer um eine interne Stabstelle, die direkt der Schulleitung untersteht.[7] Die Unitectra AG wiederum ist als nicht-gewinnorientierte Aktiengesellschaft organisiert, die zu hundert Prozent im Eigentum der Universitäten Basel, Bern und Zürich steht.
Die Aufgaben der Technologietransferstellen lassen sich grob in drei Bereiche unterteilen: (i) die Unterstützung der Hochschulangehörigen bei der Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit mit Dritten, insb. Industrie-Partnern, (ii) die Verwertung der Forschungsergebnisse, z.B. durch Lizenzverträge, und (iii) die Unterstützung von Ausgründungen aus der Hochschule.[8]
Rechtlicher Rahmen
Den rechtlichen Rahmen für den Technologietransfer durch öffentliche Forschungseinrichtungen bilden zum einen die allgemeinen Gesetze, insbesondere die immaterialgüterrechtlichen Vorschriften, zum anderen finden die auf die jeweilige öffentliche Forschungseinrichtung anwendbaren spezifischen öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Bundes und der Kantone als leges speciales Anwendung.
Für den ETH-Bereich sind dies das ETH-Gesetz[9], die Verordnung ETH-Bereich[10] sowie die auf dieser Grundlage erlassenen Verordnungen des ETH-Rates und die Richtlinien und Weisungen der Schulleitung, beispielsweise die Immaterialgüterverordnung[11], die Verwertungsrichtlinien[12] oder die Spin-off-Richtlinien.[13] Die Zweckbestimmungsklausel des Art. 2 ETH-Gesetz verpflichtet die Institutionen des ETH-Bereichs dabei neben der Forschung und Lehre ausdrücklich auch zur Verwertung von Forschungsergebnissen und damit zum Technologietransfer.[14]
Für die kantonalen Universitäten und die kantonalen Fachhochschulen geben die jeweiligen kantonalen Universitäts- und Fachhochschulgesetze und die anwendbaren Ausführungsvorschriften den rechtlichen Rahmen vor.[15]
Dabei enthalten alle bundesrechtlichen und kantonalen Vorschriften Mindestregelungen für den Bereich des Technologietransfers, insbesondere hinsichtlich der Fragen, wem das Eigentum an Forschungsergebnissen zustehen und wie die beteiligten Forscher an der Verwertung zu beteiligen sind.[16]
Arten des Technologietransfers
Technologietransfer kann auf ganz unterschiedliche Arten erfolgen: durch Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtung und Industrie-Partner, durch Auslizensierung von Forschungsergebnissen an ein Unternehmen oder durch Ausgründungen. Daneben besteht eine ganze Reihe weiterer Arten des Technologie-Transfers, z.B. über Beraterverträge, Publikationen, Seminare und andere Arten des informellen Kontakts, die in der Praxis ebenfalls von erheblicher Bedeutung sind.[17]
Technologietransfer durch Ausgründungen
In der Praxis nimmt die Bedeutung von Ausgründungen aus Hochschulen stark zu. Vorbild sind hier die USA, insb. die Stanford University, die mit Google das wohl bekannteste und erfolgreichste Spin-off für sich beanspruchen kann.[18]
Für die Schweiz zeigen die von der ETH Zürich veröffentlichten Zahlen anschaulich die zunehmende praktische Bedeutung: Seit 1996 wurden 437 Spin-offs der ETH Zürich gegründet. Während in den Nullerjahren im Durchschnitt 15 Spin-offs im Jahr gegründet wurden, waren dies in den Zehnerjahren durchschnittlich bereits 24 pro Jahr.[19] 2019 war ein besonders erfolgreiches Jahr für die ETH Zürich: Es wurden 30 neue Spin-offs gegründet und ca. 630 Millionen Schweizer Franken in ETH-Spin-offs investiert. Zudem erreichte die GetYourGuide AG als erste ETH-Ausgründung den Status eines sog. Unicorns.[20] Dass die Hochschul-Ausgründungen auch im Praxisstresstest erfolgreich sind, zeigen die Zahlen von ETH Zürich und EPFL: 90% der Ausgründungen überleben die ersten fünf Jahre nach Gründung.[21]
Der Begriff „Ausgründung“ (engl. spin-off) ist kein Terminus technicus und wird in der Praxis uneinheitlich verwendet.[22] In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird die Ausgründung zum Teil definiert als „die Neugründung eines Unternehmens, das geistiges Eigentum oder Know-how einer Forschungseinrichtung unter Abschluss einer formalen Vereinbarung verwertet und von akademischen Mitarbeitern der Forschungseinrichtung durchgeführt wird“.[23] Einigkeit besteht insofern als es sich gesellschaftsrechtlich um eine Neugründung handelt. Das Gründerteam wird in aller Regel bis zu diesem Zeitpunkt als einfache Gesellschaft i.S.v. Art. 530 ff. OR organisiert sein. Da das Fusionsgesetz die Umwandung einer einfachen Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nicht vorsieht, kommt lediglich eine Neugründung in Betracht.
In der rechtlichen Beratung sind nicht nur die privatrechtlichen Vorschriften, insbesondere Gesellschaftsrecht, Immaterialgüterrecht und Arbeitsrecht, zu beachten, sondern auch die anwendbaren öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Zentrale rechtliche Herausforderungen sind dabei die Fragen, wem die Verwertungsrechte an den Forschungsergebnissen zustehen, wie mit potenziellen Interessenkonflikten umzugehen ist und die direkte Beteiligung von Hochschulen an Ausgründungen.
Rechte an Forschungsergebnissen
Motor für die rechtliche Entwicklung bezüglich Hochschulerfindungen in der Schweiz und in anderen Industrienationen, wie z.B. Deutschland und Japan, war das Inkrafttreten des sog. Bayh-Dole Act in den USA im Jahr 1980.[24] Dieser sieht vor, dass die Hochschulen, Forschungsergebnisse, die unter Verwendung von Bundesmitteln entstanden sind, selbst verwerten dürfen – zuvor lag dieses Recht bei der U.S. Bundesregierung, die in der Regel nur einfache Lizenzen vergab, sodass sowohl den Universitäten als auch den Unternehmen der Anreiz fehlte, diese Hochschulerfindungen zu verwerten bzw. in diese Erfindungen zu investieren oder sie weiterzuentwickeln.[25] Der Bayh-Dole Act beflügelte den Technologietransfer in den USA ungemein[26] und bildet nach wie vor den rechtlichen Rahmen für Erwerbs- und Lizenzverträge zwischen Schweizer Unternehmen und in den USA ansässigen Forschungseinrichtungen und Universitäten.
In der Schweiz galt zunächst mangels spezifischer Rechtsgrundlage das immaterialgüterrechtliche Schöpferprinzip: Professoren oder sonstigen Angestellten der Hochschule, die im Rahmen ihrer Forschungstätigkeit an der Universität eine Erfindung gemacht hatten, standen die Rechte an dieser Erfindung mangels spezialgesetzlicher Regelungen gemäss den allgemeinen patentrechtlichen Vorschriften