Für das Chancen-Risiken-Management ist es wichtig, dass wir Zufälle und solche unerwartete Kombinationsereignisse im Erwartungsraum des Möglichen aufnehmen und diese soweit möglich auch im Management berücksichtigen. Wir müssen akzeptieren, dass es bei Projekten wie im eigenen Leben nicht kalkulierbare Zufälle gibt, die die Projektentwicklung oder das eigene Leben in eine neue Richtung bringen können. Die Frage entsteht, wie man solchen Zufällen begegnen kann oder wie man die Auswirkungen abfedern kann. Eine gewisse finanzielle Abdeckung der Unsicherheit kann mittels Versicherungen erfolgen. Der Zufall bleibt aber ein nicht kalkulierbares Ereignis, wobei der Umgang mit dem Zufall von uns selbst (vom Kopf) bestimmt wird. Wichtig erscheint mir, dass im Chancen-Risiken-Management auch vom Zufall initiierte Phänomene und die dabei entstehenden, begleitenden Ereignisse strukturiert beobachtet, ihre möglichen Wirkungen beachtet und erkannt sowie Handlungen gesetzt werden!
Abb. 3.2 Schmetterlingseffekt.
3.3 Fortuna - Glück
Das Glück kommt auch genauso wie das Unglück unvorhergesehen. In der römischen Mythologie war die Göttin Fortuna die Glücksbotin. Bereits damals wurde das Glück als ein nicht planbares Ereignis eingestuft.
Das mittelhochdeutsche Wort Gelücke (Macht des Schicksals) bedeutet das Ausgehen eines Ereignisses. Heute ist Glück laut Duden eine angenehme und freudige Gemütsverfassung, ein Zustand innerer Befriedigung und Hochstimmung [15]. In der Religion und Philosophie gilt Glück als vollkommene Erfüllung persönlicher oder gemeinschaftlicher Wünsche.
In der Unabhängigkeitserklärung der USA findet sich das Streben nach Glück (Pursuit of Happiness) als ein Grundrecht für jeden Amerikaner. Im Himalaya-Königreich Bhutan misst der Staat das Bruttoglücksprodukt (Gross National Happiness). Als Bewertungskriterien werden der Lebensstandard, die Gesundheit, das psychische Wohlergehen, die Bildung, die Zeiteinteilung, die kulturelle Vielfalt, eine gute Regierungsführung und das Gemeinschaftsgefühl genommen.
Hierbei erhebt sich Frage, was macht glücklich? Wächst das Glück mit dem materiellen Wohlstand? Bei materiell armen Menschen gehen Forscher davon aus, dass verlässliche soziale Bindungen verstärkt für Glücksgefühle sorgen. Das gelte auch für das Bedürfnis, etwas für andere zu tun.
Der Ökonom Richard Easterlin der University of Southern California zeigte 1973 auf, dass die Zufriedenheit der Menschen zwar tendenziell umso größer ist, je mehr Einkommen sie haben, aber ihre durchschnittliche Zufriedenheit längerfristig mit dem Wirtschaftswachstum wieder abnimmt [16]. Diese Einstellung wurde als Easterlin-Paradox bekannt. Mit anderen Worten: Die Reichen sind zufriedener als die Armen, aber insgesamt tritt die Gesellschaft trotz Wachstums glücksmäßig auf der Stelle. Die Forscher Justin Wolfers und Betsey Stevenson von der Wharton School an der University of Pennsylvania fanden genau das Gegenteil heraus: Menschen werden im Durchschnitt zufriedener, wenn es Wirtschaftswachstum gibt.
Der Forscher Mathias Binswanger tritt für ein moderates Wachstum, bei dem auch weniger große Risiken eingegangen werden müssen, ein [17]. Er erklärte, dass Glück individuell bewertet wird und aus zwei Komponenten besteht: „Zum einen ist Glück eine längerfristige Lebenszufriedenheit und zum anderen das kurzfristige emotionale Wohlbefinden“.
Der Begriff des Glücks hat in jüngerer Zeit durch den gesellschaftlichen Wandel und mancher Katastrophen eine neue Deutung erfahren. So schreibt Ulrich Beck nach der Atomreaktor-Katastrophe von Tschernobyl 1986 mit Blick auf die ökologischen Folgen im Sinne einer Risikogesellschaft Folgendes [18]:
„Im Zuge ihrer technisch-industriellen Verwandlung und weltweiten Vermarktung wurde Natur in das Industriesystem hereingeholt. Zugleich ist sie auf diese Weise zur unüberwindlichen Voraussetzung der Lebensführung im Industriesystem geworden. Konsum- und Marktabhängigkeit bedeutet nun auch wieder in neuer Weise „Natur“ abhängigkeit, und diese immanente „Natur“ abhängigkeit des Marktsystems wird in und mit dem Marktsystem zum Gesetz der Lebensführung in der industriellen Zivilisation. Gegen die Bedrohungen der äußeren Natur haben wir gelernt Hütten zu bauen und Erkenntnisse zu sammeln. Den industriellen Bedrohungen der in das Industriesystem hereingeholten Zweitnatur sind wir nahezu schutzlos ausgeliefert.“
Gleiches hat sich beim Erdbeben, dem Tsunami und den Folgen in drei Atomreaktoren (Kernschmelze) in Fukushima am 11.03.2011 zugetragen.
Jeder erfährt im eigenen Leben manchmal Momente, die unerwartet positive Ereignisse bringen oder durch Zufall das Leben zu einer Phase des Glücks führen. So spricht man vom Glückspilz oder das Glück ist auf der Seite der Mutigen oder Glück im Unglück haben.
3.4 Wunder - Magie
Mit dem Wort Wunder können wir heute kaum mehr was anfangen. Man findet diesen Begriff noch in der Theologie oder im allgemeinen Sprachgebrauch für besonders positive Ereignisse. Das Wort miraculum stammt aus dem lateinischem und definiert ein paranormales, übernatürliches oder heiliges Ereignis.
Im Griechischen thauma wird umgangssprachlich ein Ereignis verstanden, dessen Zustandekommen man sich nicht erklären kann. Im Hellenismus wurde der Begriff für erstaunliche Beobachtungen in der Natur verwendet.
Im Hebräischen und im Islam sind die Wunder Zeichen der Allmacht Gottes. In der Bibel, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament werden verschiedene Wunder beschrieben.
Im Hinduismus wird ein Ereignis am 21.09.1995 von Seiten des Gottes Ganesha als Wunder bezeichnet, wo alle Gottesstatuen der hinduistischen Gemeinschaften von Asien über Europa nach Amerika Milch getrunken hätten.
Im Buddhismus geht man davon aus, dass primär der Mensch selber durch Meditation und Selbsterkenntnis zu den wahren Werten gelangt und nicht durch übernatürliche Ereignisse. Trotzdem glaubt man auch im Buddhismus an Vollmondtage, wo besondere Erkenntnisse gewonnen werden können.
Viele Theologen, wie auch Hans Küng (*1928) verneinen die Präsenz von Wundern, da sie nicht den Naturgesetzen entsprechen. Auch im Buddhismus gibt es keine Wunder.
In der Neuzeit entstand die heutige Vorstellung von Wunder, da sie das Wissen um Naturgesetze voraussetzt. Früher bezeichnete man als Wunder erstaunliche Beobachtungen in der Natur (Blitze, Donner etc.). Hingegen wurden unerwartete Ereignisse oder auch ungewöhnliche Erscheinungen als Paradoxe bezeichnet (der Paradoxograf Phlegon von Tralles sammelte im zweiten Jahrhundert alle möglichen ungewöhnlichen Erscheinungen besonders bezogen auf den Menschen, wie Missgeburt, Belebung eines Toten etc.). In der außerchristlichen Antike wird von einigen Wundern berichtet. So soll Aristeas von Prokonnesos laut Herodot gestorben und wieder auferstanden sein. Der Philosoph Apollonios von Tyana (15–100 n. Chr.) soll während des Blumenpflückens seiner Mutter geboren worden sein, als der Blitz seine Mutter tötete.
Als Magie werden übernatürliche Kräfte oder Energien bezeichnet, welche bestimmte Wirkungen auf den Menschen haben. Beispielsweise hat man dem „weißen Elefanten“ magische Kräfte zugeordnet. Die Untertanen mussten, beispielsweise erzählt man sich das in Thailand, dem König solche weißen Elefanten bringen, da nur er magische Kräfte haben kann.
Auch bestimmten Pflanzen und Bäumen, wie Philanthus acidus, Euphorbiaceae, Ixora Spectabilis Rubiaceae, wurden magische Kräfte zugeordnet.
Auch ein bestimmter Glaube an die Kraft des Mondes wird von vielen Naturwissenschaftlern als Magie bezeichnet, obwohl nachweislich der Feuchtegehalt in Baumstämmen von den Mondphasen beeinflusst wird [19].
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