Homilien über die Buße. Johannes Chrysostomus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johannes Chrysostomus
Издательство: Bookwire
Серия: Die Schriften der Kirchenväter
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783849659950
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Sünden, auf daß du gerechtfertigt werdest.“30 Bekenne die Sünde, damit du die Sünde tilgest. Das macht keine Mühe; dazu gehören nicht viele Worte noch Geldaufwand noch sonst etwas ähnlicher Art. Sprich ein Wort und sei unbesorgt wegen der Sünde; sage nur: Ich habe gesündigt. Wie kömmt es denn aber, möchte Jemand sagen, daß ich die Sünde tilge, wenn ich zuerst sie bekenne? Ich habe in der heiligen Schrift einen Menschen, der sie bekannte und tilgte, und einen Menschen, der sie nicht bekannte und verdammt wurde. Kain erschlug, vom Neide erfaßt, seinen Bruder Abel, so daß der Mord dem Neide unmittelbar folgte; denn er nahm den Bruder auf das Feld hinaus und ermordete ihn. Und was spricht Gott zu ihm? „Wo ist dein Bruder Abel?“31 Der Allwissende fragt nicht, als ob er es nicht wüßte, sondern um den Mörder zur Buße zu locken. Denn daß er diese Frage nicht aus Unkenntniß gestellt, hat er bewiesen: „Wo ist dein Bruder Abel?“ Kain aber erwiderte: „Ich weiß es nicht; bin denn ich der Wächter meines Bruders?“32 Gut; du bist nicht der Wächter; warum bist du aber der Mörder? Du hast ihn nicht bewacht; warum hast du ihn aber getödtet? Das wirst du doch wohl bekennen? Du bist aber auch strafbar, daß du ihn nicht bewacht hast. Was sagt also Gott zu ihm? „Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.“33 Er hält ihm sogleich sein Verbrechen vor und bestraft ihn, nicht so fast wegen des Mordes, als wegen der Unverschämtheit. Denn Gott haßt Den, der sündigt, nicht so sehr, als Den, der unverschämt ist. Er nahm den Kain, als er zur Buße schritt, nicht mehr an, weil er seine Sünde nicht gleich bekannt hatte. Denn was sagt Kain? „Meine Sünde ist größer, als daß sie mir erlassen werde,“34 als wollte er sagen: Ich habe eine große Sünde begangen; ich bin des Lebens nicht werth. Was sprach nun Gott zu ihm? „Seufzend und zitternd wirst du auf Erden sein,“35 und legte ihm eine harte und schwere Strafe auf. Ich tödte dich nicht, spricht er, damit die Wahrheit (dieser Lehre) nicht in Vergessenheit komme, sondern ich mache dich zu einem Gesetze, das Alle lesen können, damit das Unglück die Mutter der Weisheit werde. Und Kain irrte herum, ein lebendiges Gesetz, eine wandelnde Säule, die schweigend eine stärkere Stimme hatte, als eine Trompete. Niemand, ruft sie, thue dasselbe, damit er nicht dasselbe erdulde. Er wurde bestraft, weil er unverschämt war; und er wurde verdammt wegen der Sünde, weil er sie, obgleich überwiesen, nicht bekannt hatte; denn hätte er sie freiwillig bekannt, so hätte er sie gleich auch getilgt.

      2.

      Damit du aber einsehen lernest, daß dem also sei, so höre, wie ein Anderer, welcher die Sünde gleich bekannte, dieselbe getilgt hat. Kommen wir auf den König und Propheten David. Ich nenne ihn aber lieber einen Propheten; denn als König herrschte er nur in Palästina, als Prophet bis an die Grenzen des Erdkreises; seine Herrschaft dauerte nur kurze Zeit, sein prophetischer Mund aber hat unsterbliche Worte gesprochen. Es wäre besser, daß die Sonne erlösche, als daß die Worte Davids der Vergessenheit überantwortet würden. David verfiel in Ehebruch und Mord; „denn er sah,“ heißt es,36 „ein schönes Weib, das sich badete, entbrannte in Liebe zu ihr und vollbrachte, was er sich vorgenommen.“ Und der Prophet lag im Ehebruch, die Perle mitten im Kothe. Aber noch erkannte er nicht, daß er gesündigt; so sehr war er durch die Leidenschaft eingeschläfert. Denn ist der Fuhrmann betrunken, so läuft auch der Wagen unordentlich fort; was aber Fuhrmann und Wagen ist, das ist Seele und Leib. Ist aber die Seele verfinstert, so wälzt sich auch der Leib im Schlamme herum. Denn so lange der Fuhrmann noch steht, geht auch der Wagen ordentlich weiter. Gebricht es aber jenem an Kraft und ist er nicht mehr im Stande die Zügel zu halten, so sieht man, daß auch der Wagen selbst in Gefahr ist. So geht es auch bei dem Menschen. So lange die Seele nüchtern und wachsam ist, bleibt auch der Leib rein. Wenn aber die Seele umnebelt ist, so wälzt sich auch der Leib in Schlamm und Wollust. Was hat also David begangen? Einen Ehebruch. Er erkannte es aber nicht, erhielt auch von Niemanden eine Rüge; das geschah, als er schon in hohem Alter stand, damit du daraus lernest, daß dir auch das Alter nicht frommt, wenn du nachlässig bist, und daß hinwieder die Jugend nicht zu schaden vermöge, wenn du die gehörige Sorgfalt anwendest. Denn der Lebenswandel hängt nicht vom Alter ab, wohl aber ist die Tugend ein Ausfluß der Gesinnung. Denn Daniel zählte zwölf Jahre und war schon Richter, jene hochbetagten Greise aber dichteten (Susanna) eine unzüchtige Aufführung an;37 und wie diesen ihr Alter Nichts nützte, so brachte jenem die Jugend keinerlei Nachtheil. Und damit du erkennest, daß edle Handlungen nicht nach dem Alter, sondern nach der Gesinnung beurtheilt werden, so erwäge: David befand sich in demselben hohen Alter, fiel doch in einen Ehebruch, beging einen Mord und war so gesinnt, daß er nicht einmal seine Sünde erkannte; denn der Führer, die Seele, war berauscht von Unenthaltsamkeit. Was thut nun Gott? Er schickt den Propheten Nathan zu ihm; der Prophet kommt zum Propheten; denn so geschieht es auch bei den Ärzten; wenn ein Arzt krank ist, bedarf er eines andern Arztes. So war es auch hier: ein Prophet hatte eine Sünde begangen, und ein Prophet ist es, der ihm das Heilmittel bringt. Nathan kömmt also zu ihm; er macht ihm nicht sogleich Vorwürfe und sagt nicht: Du Lasterhafter, du Schändlicher, du Ehebrecher und Mörder! Gott hat dich mit so vieler Ehre überhäuft, und du hast seine Gebote mit Füßen getreten. Nichts dergleichen sagt ihm Nathan, um ihn nicht noch unverschämter zu machen; denn wenn man die Sünden offenbar macht, so wird der Sünder zu größerer Unverschämtheit gereizt. Nathan kommt also zu ihm, erzählt ihm eine erdichtete Geschichte und sagt38: „Ich habe dir eine Klage vorzutragen, o König. Es war ein reicher Mann, und es war ein armer Mann; der Reiche hatte viele Schafe und Rinder, der Arme aber besaß nur ein einziges Schäfchen, welches aus seinem Becher trank und von seinem Tische aß und an seinem Busen schlief.“ Hier bedeutet das die Liebe des Mannes zum Weibe. „Als nun zum reichen Manne ein Gast kam, so wollte er die eigenen Schafe schonen, nahm das Schäfchen des armen Mannes und schlachtete es.“ Siehst du, wie er diese Erzählung einkleidet und das Eisen unter dem Schwämme verbirgt? Was sagt nun der König dazu? In der Meinung, daß er über einen Andern urtheile, that er sehr schnell seinen Ausspruch; denn so machen es die Menschen: gegen Andere zu urtheilen sind sie gleich bei der Hand; sie bilden sich strenge Urtheile und sprechen sie aus. Und was spricht nun David? „So wahr der Herr lebt, der Mann ist ein Kind des Todes, und das Schäflein wird er vierfach wiedererstatten.“39 Was that nun Nathan? Er brachte nicht erst viele Stunden zu, den Streich sanft zu führen, sondern führte ihn stracks und schnitt in aller Geschwindigkeit, um ihm nicht das Gefühl des Mordes zu rauben: „Du bist der Mann, o König!“40 Was sprach nun der König? „Ich habe gesündigt wider den Herrn.“41 Er sagte nicht: Wer bist denn du, daß du mich anklagst? Wer hat dich gesandt, so freimüthig zu reden? Mit welcher Kühnheit thatest du das? Er sprach kein ähnliches Wort, sondern er erkannte die Sünde. Und was spricht er? „Ich habe gesündigt wider den Herrn.“42 Was sagt nun Nathan zu ihm? „Auch der Herr hat deine Sünde weggenommen; du hast dich selbst verurtheilt, ich erlasse dir die Strafe; du hast ein aufrichtiges Bekenntniß abgelegt und so die Sünde getilgt; du hast dir das Urtheil selber gesprochen, ich hebe das meinige auf.“ Siehst du, daß erfüllt wird, was geschrieben steht: „Bekenne du zuerst deine Sünden, auf daß du gerechtfertigt werdest?“43 Was kostet es doch für eine Arbeit, zuerst die Sünde zu bekennen?

      3.

      Es gibt aber auch noch einen andern Weg der Buße. Was ist das für einer? Die Sünde beweinen. Hast du gesündigt? Weine und du tilgest die Sünde. Was kostet das für eine Anstrengung? Ich verlange von dir nichts weiter, als daß du die Sünde beweinest. Ich befehle dir nicht Meere zu durchschneiden, nicht in Häfen einzulaufen, nicht weite Reisen zu machen, nicht Geldsummen zu bezahlen, nicht den grimmigen Wogen dich anzuvertrauen, — sondern was? Weine über die Sünde. Aber woher kommt denn das, sagst du, daß ich die Sünde tilge, wenn ich sie beweine? Auch davon hast du einen Beweis in der göttlichen Schrift. Es war ein König Achab;44 man gibt ihm das Zeugniß, daß er gerecht war; er herrschte aber ungerecht wegen seines Weibes Jezabel. Diesen gelüstete nach dem Weinberge eines Israeliten, Naboth, und er ließ ihm melden: „Gib mir deinen Weinberg, welchen ich wünsche, und nimm entweder Geld von mir, oder vertausch ihn um ein anderes Grundstück.“ Naboth aber sprach: „Es sei ferne von mir, daß ich dir meiner Väter Erbtheil verkaufe.“ Achab sehnte sich zwar nach dem Weinberge, aber er wollte ihn doch nicht erzwingen; darüber verfiel er in eine Krankheit. Da tritt nun Jezabel zu ihm, ein unverschämtes, freches, unzüchtiges, gottloses Weib