Sie bedachte Bount mit einem Blick, der dem Privatdetektiv aus irgendeinem Grund nicht gefiel. "Das ist leider nicht möglich, Mister..."
"Reiniger."
"Sagen Sie, habe ich Sie schon einmal gesehen?"
"Gut möglich. Wo ist Mister Lafitte?"
"Er hat sich für ein paar Tage krank gemeldet."
"Etwas Ernstes?"
"Ich habe keine Ahnung." Sie lächelte. "Und es gehört auch nicht zu meinem Aufgaben, ihn auszuhorchen. Also entweder nehmen Sie mit mir vorlieb, oder Sie gehen einfach wieder!"
Bount zuckte die Achseln. "Okay."
"Außerdem kommen Sie niemals von Forbes, Mister Reiniger!"
"Woher wissen Sie das?"
"Instinkt. Was sind Sie? Steuerfahnder?"
"Privatdetektiv."
Diese Auskunft schien Moira Jordan nicht im Geringsten zu überraschen. Sie lächelte und dabei blitzte es eigentümlich in ihren dunklen Augen. Sie war zweifellos eine Frau, die es faustdick hinter den Ohren hatte - auch wenn sie sich alle Mühe geben mochte, das hinter einer freundlichen Fassade zu verbergen.
"Dachte ich es mir doch", meinte sie. "Was wollen Sie von Lafitte?"
"Das geht nur Lafitte etwas an."
"Ich verstehe...", murmelte sie.
21
"Ich habe das Gefühl, dass dein Talent als Hochstapler auch schon einmal besser ausgeprägt war", meinte June später. "Sie hat dich angesehen, als ob sie Anfang an genau wusste, wer du bist!"
"Wir sind uns nie begegnet", behauptete Bount.
June grinste. "Bist du dir sicher? Oder kannst du dich nur nicht mehr erinnern? Bei den vielen Frauen, die dir über den Weg gelaufen sind, wäre das ja auch kein Wunder!"
"Sehr witzig!"
Die nächste Adresse, bei der Bount und June versuchten, Lafitte zu erreichen, war die luxuriöse Villa, in der er zu Hause war. Das Anwesen war abgezäunt.
Bount stoppte den Mercedes vor einem massiven, gusseisernen Tor.
Der Privatdetektiv ließ das Seitenfenster des Mercedes hinabgleiten und betätigte das Sprechgerät.
Eine Frauenstimme meldete sich, aber es war nur das Hausmädchen.
"Ich möchte zu Mister Lafitte", sagte Bount.
"In welcher Angelegenheit?", kam es professionell säuselnd zurück.
"Tut mir leid, das ist eine Sache unter vier Augen!"
Eine ganze Weile lang herrschte Schweigen am Lautsprecher. Dann war eine andere, tiefere Frauenstimme zu hören.
"Hier ist Mrs. Lafitte. Mein Mann ist nicht zu Hause. Kann ich ihm etwas ausrichten?"
"Ich glaube, der Name Steve Tierney ist Ihnen nicht unbekannt, Mrs. Lafitte."
"Sind Sie deswegen hier?"
"Ja. Mein Name ist Reiniger und versuche herauszufinden, wer Tierney umgebracht hat!"
"Und wie kommen Sie da auf mich?"
"Sie waren eine Klientin. Das können Sie nicht ernsthaft bestreiten. Es gibt Belege dafür. Vielleicht reden sie auch lieber mit der Polizei, aber ich dachte, sie wären vielleicht an Diskretion in dieser Angelegenheit interessiert!"
Das saß. Und es erfüllte seinen Zweck, denn es dauerte nur ein oder zwei Sekunden, da ging das gusseiserne Tor automatisch auseinander. Bount fuhr den Mercedes bei dem imposanten Haus vor, das die Lafittes bewohnten.
"Eins steht fest", meinte June. "Diese Klientin lag vom Einkommen her sicher weit über dem Durchschnitt, wenn man sich Tierneys Kundschaft so ansieht!"
Sie stiegen aus.
Das Hausmädchen empfing sie an der Tür und führte Bount und June in ein sehr modern eingerichtetes und von A bis Z durchgestyltes Wohnzimmer. Eine Frau saß auf einem schwarzen Ledersofa. Das musste Jennifer Lafitte sein, eine brünette Frau in den mittleren Jahren. Sie wirkte sportlich, hielt sich offenbar durch hartes Training fit. Der Typ dazu war sie jedenfalls, nicht nur ihres Körperbaus wegen. Sie hatte auch den passenden Gesichtsausdruck. Willensstark und entschlossen.
"Guten Tag, Mister Reiniger." Sie warf einen misstrauischen Blick zu June hinüber, in dem ein stiller, kurzer Vergleich lag. "Und wer sind Sie?"
"Das ist Miss March, meine Mitarbeiterin."
"Nehmen Sie Platz!"
"Meine Mitarbeiterin ist übrigens ein Fan Ihres Mannes, Mrs. Lafitte", meinte Bount.
"Was Sie nicht sagen", erwiderte Jennifer Lafitte sehr sarkastisch.
"Ja", bestätigte June. "Seit ich selbst etwas in Aktien angelegt habe, versuche ich, keine seiner Sendungen zu verpassen!"
Jennifer Lafitte lachte herzhaft und fast etwas erleichtert.
"Soll ich Ihnen was sagen, Miss March? Das Ganze heißt zwar Chartanalyse und klingt sehr, sehr wissenschaftlich, aber ich halte es letztlich für nicht viel genauer als Kaffeesatzleserei. Man versucht mit Hilfe statistischer Methoden Börsentrends zu ermitteln und dann vorherzusagen, wie sie sich in Zukunft entwickeln werden." Sie zuckte die Achseln, setzte einen Gesichtsausdruck auf, der deutliche Geringschätzung ausdrückte und wandte sich dann direkt an June: "Man muss daran glauben, verstehen Sie? Aber man bezahlt Greg viel dafür, dass er vor laufender Kamera einige Grafiken und Schaubilder mit etwas Börsenchinesisch kommentiert."
"Es überrascht mich, dass Sie darüber so negativ denken", meinte June.
"Ach, ja?", lachte sie. "Ich bin nur nüchtern genug, es als das zu sehen, was es ist! Ich lasse mir nämlich nicht gerne etwas vormachen, verstehen Sie?"
"Nur zu gut", raunte Bount. "Haben Sie deshalb auch Mister Tierney engagiert?"
"Das geht Sie nichts an!"
"Tierney sollte Ihren Mann beschatten. Weshalb?"
"Können Sie sich das wirklich nicht selbst zusammenreimen?
"Wie wär's, wenn Sie mir ein bisschen auf die Sprünge helfen würden, Mrs. Lafitte?"
Sie seufzte. Es war ihr anzusehen, dass sie nicht gerne darüber sprach. Nach kurzer Pause sagte sie dann in gedämpften Tonfall: "Ich glaubte, dass er etwas mit einer anderen hätte."
Bount hob die Augenbrauen.
"Und - hatte er?"
"Kein Kommentar."
"Wo ist Ihr Mann jetzt?", erkundigte sich der Privatdetektiv.
"In seinem Büro, nehme ich an. Oder auf irgendeinem Geschäftsessen. Wo auch immer."
"In seinem Büro hat er sich für ein paar Tage krank gemeldet. Ich habe mich erkundigt!"
Jennifer Lafitte verlor jetzt einen guten Teil ihrer frischen Gesichtsfarbe. "Warum fragen Sie mich nach Dingen, die Sie doch offenbar schon