Ein harter Trend dagegen ist eine Hochrechnung auf der Basis messbarer, konkreter und kalkulierbarer Fakten, Ereignisse oder Objekte. Ein weicher Trend ist eine Hochrechung auf der Basis statistischer Werte, die den Anschein erwecken, konkret und kalkulierbar zu sein. Ein harter Trend lässt heute erkennen, was in der Zukunft sicher geschehen wird, während ein weicher Trend nur zeigt, was geschehen könnte. Das ist der Unterschied zwischen Fakt und Fiktion.
Diese Unterscheidung verändert den Blick in die Zukunft radikal. Wenn Sie wissen, wie Sie harte und weiche Trends voneinander unterscheiden können, wissen Sie auch, welche zukünftigen Entwicklungen Sie treffsicher vorhersehen können und welche nicht. Durch diese Unterscheidung sind Sie in der Lage, von sicheren Fakten auszugehen, weil sie Ihnen klar und deutlich offenbart, was in Zukunft sicher und was eventuell geschehen wird. Der Grund, weshalb Trends gemeinhin als unzuverlässiges Prognoseinstrument gelten, ist, dass die wenigsten gelernt haben, harte von weichen Trends zu unterscheiden. Ein »Elvis-Trugschluss« ist nur möglich, wenn ein weicher mit einem harten Trend gleichgesetzt wird. Weiß man, wie sich der eine vom anderen unterscheiden lässt, weiß man auch, wann man sich auf sicherem Boden befindet. Und von diesem aus lässt sich ziemlich deutlich erkennen, was die Zukunft bringt.
Der Ende der 1990er Jahre von der US-Regierung prognostizierte Billionen-Überschuss beruhte ebenfalls auf einem weichen Trend, der irrtümlicherweise als zuverlässig und nachhaltig betrachtet wurde. Man rechnete nicht nur fest mit dem Geldsegen, sondern nahm ihn sogar vorweg und belastete den Etat mit Investitionen auf Pump. 1999 war ein finanziell so hervorragendes Jahr für Amerika, dass uns die Begeisterung vom Boden der Tatsachen abheben ließ. Wir waren hypnotisiert von dem weichen Trend wie ein Kaninchen, das regungslos vor einer Schlange sitzt. Ein typischer Elvis-Trugschluss!
»Harte Zahlen« allein sind keine Garantie für einen harten Trend. Meine Elvis-Hochrechnung beruhte ausschließlich auf harten Zahlen, die ich absolut korrekten Statistiken entnahm, einen harten Trend stellten sie jedoch ganz offensichtlich nicht dar. Warum nicht? Weil der Trend auf veränderbaren Werten beruhte. Die Entscheidung, sich als Elvis-Imitator seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ist eben genau das: eine persönliche Entscheidung für einen Beruf, und wie das mit der freien Berufswahl nun einmal so ist, können sich die Interessen und Perspektiven jederzeit ändern. Eine Zukunftsprognose auf der Basis der Zuwachsrate von Elvis-Imitatoren zu erstellen, ist ebenso zweifelhaft wie die Vorhersage, dass es nach einer regnerischen Woche bis in alle Ewigkeit regnen wird oder sich die im Vorjahr erzielte Verdoppelung des Umsatzes für Hula-Hoop-Reifen oder Teddybären in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Das sind Trends, die vom aktuellen Zeitgeist, klimatischen Bedingungen oder der Mode diktiert werden, und keine Trends, denen unumstößliche, nachhaltige und langfristig wirkende Triebkräfte zugrunde liegen.
Die Unterscheidung zwischen harten und weichen Trends ist allerdings nicht immer so einfach zu treffen. Die Billionen-Überschuss-Prognose klang für viele Beobachter durchaus realistisch. Das ist das Problem mit weichen Trends. Manche sind eindeutig als solche erkennbar – wie meine Elvis-Prognose –, andere scheinen bei oberflächlicher Betrachtung durchaus glaubwürdig zu sein. Doch auch der schönste Schein ist trügerisch, und sofern der Trend nicht auf einer Entwicklung beruht, die unumstößlich ist und auf ein klar erkennbares Ergebnis hinausläuft, darf man ihm nicht trauen. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob Sie Spekulationen darüber anstellen, was sein könnte, oder ob Sie wissen, was sein wird. Wenn Sie diese Unterscheidung treffen, sind Sie Ihren Mitbewerbern tatsächlich um Nasenlängen voraus.
Harten Trends können sowohl zyklische als auch lineare Prozesse zugrunde liegen, weshalb auch die Trendlinien zyklisch oder linear verlaufen. Wenn beispielsweise der Aktienmarkt heute einbricht, lässt sich mit Sicherheit vorhersagen, dass die Werte auch wieder nach oben klettern. Das Auf und Ab an der Börse ist ein zyklischer Prozess und zugleich ein harter Trend.
Wann genau die Werte wieder nach oben klettern und wie hoch, lässt sich dagegen nicht vorhersagen. Zu welchem Zeitpunkt und in welchem Ausmaß sich das Börsenklima ändert, hängt vom Verhalten und den Entscheidungen der Investoren ab und ist somit ein weicher Trend. Sicher ist nur, dass die Kurse nach einer Talfahrt wieder steigen und nach einem Höhenflug wieder fallen. Das mag nun nach einer extrem vereinfachten Darstellung der Finanzmärkte klingen, aber es ist ein harter Trend, der sich für Warren Buffett als absolut zuverlässig und höchst lukrativ erwiesen hat.
In Anbetracht der rasanten Geschwindigkeit, mit der in den letzten Jahren immer schnellere und bessere Laptops auf den Markt kamen, lässt sich problemlos die Vorhersage treffen, dass sie in Zukunft noch schneller und noch besser werden. Die zunehmende Rechengeschwindigkeit und Speicherkapazität von Computern ist ein eindeutig linearer Prozess und ein harter Trend.
Welcher Hersteller in fünf Jahren das beste, leistungsfähigste Spitzenmodell auf den Markt bringen wird, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorhersagen. Dass sich die Computertechnik ständig weiterentwickelt, ist ein harter Trend. Wer sich die technologischen Fortschritte zunutze machen und als Erster vermarkten wird, ist ein weicher Trend.
Um den Blick für harte Trends zu schärfen, möchte ich ein Beispiel aus der Mitte des 20. Jahrhunderts aufführen, als GM noch ungeschlagen an der Spitze stand und die suburbanen Wohngebiete in den USA aus allen Nähten zu platzen drohten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrten die siegreichen amerikanischen Soldaten aus der Schlacht zurück und feierten das Wiedersehen mit ihren Liebsten. Neun Monate später geschah etwas, das zu hundert Prozent absehbar war: Es wurden sehr, sehr viele Babys geboren. 78 Millionen Amerikaner kamen in der Babyboom-Phase zwischen 1946 und 1964 auf die Welt. Auch in Japan, Europa und vielen anderen Industrienationen stellen die Nachkriegsjahre die besonders geburtenstarken Jahrgänge dar.
Bevölkerungsstatistiken sind eine der Hauptquellen für konkrete, messbare Daten, die harte Trends erkennen lassen, und der Babyboom nach dem Zweiten Weltkrieg ist eines der eindeutigsten und dramatischsten Beispiele. Der sprunghafte Bevölkerungszuwachs ist eine im wahrsten Sinne des Wortes greifbare und nicht umkehrbare Tatsache: Die vielen Millionen Menschen, die während dieser Zeitspanne geboren wurden, lösen sich ja nicht einfach wieder in Luft auf. Und während die vielen Millionen Babyboomer altern, ergeben sich eine ganze Reihe von Konsequenzen, die ebenso zu hundert Prozent absehbar sind.
»Alles nichts Neues«, mag sich jetzt so mancher Leser denken. Die mit dem Babyboom einhergehenden Probleme sind doch bekannt. Davon hat jeder schon mal gehört. Stimmt! Und genau deshalb ist es ein so aufschlussreiches Beispiel. Obwohl angeblich alle wissen, was auf uns zukommt, werden keine geeigneten Maßnahmen ergriffen. Es ist doch höchst erstaunlich, dass ein harter Trend, der seit 50 Jahren klar ersichtlich ist, uns in jeder entscheidenden Phase seines Verlaufs mit Problemen konfrontiert, auf die wir nicht vorbereitet sind.
Schon als die amerikanischen Streitkräfte 1945 mehr oder weniger zeitgleich aus dem Krieg zurückkehrten, war absehbar, dass dies nicht ohne Folgen bleiben würde. Es wurde aber nicht berücksichtigt, und so gab es 1946 nicht genügend Krankenhausbetten für die zahlreichen Schwangeren, die kurz vor der Niederkunft standen.
Gut, das mit den Krankenhäusern haben wir glatt vergessen, könnte man sagen. Fehler sind schließlich dazu da, um aus ihnen zu lernen. Nach der ersten massiven Geburtenwelle hatten wir ja reichlich Zeit, um uns darauf vorzubereiten, dass die vielen Neugeborenen nach vier, fünf Jahren ins Kindergartenalter kommen. Kein Problem, oder? Doch! Obwohl der skandalöse Mangel an Geburtskliniken über Jahre in den Medien angeprangert wurde, fehlte es nach fünf Jahren plötzlich an Kindergärten. Und – kaum zu glauben, aber wahr – nach sieben Jahren stellte man fest, dass es nicht genug Grundschulen gab, einige Jahre später fehlte es an weiterführenden Schulen und – wer hätte es gedacht – wieder einige Jahre darauf an Hochschulen und Universitäten.
War das wirklich alles vorhersehbar? Ja. Man hätte sich nur ernsthaft und intensiv mit diesen harten Trends befassen müssen.
Kürzlich waren einige meiner Mitarbeiter und ich als Berater bei einer großen Versicherungsgesellschaft. Ich sprach gerade über harte und weiche Trends, sichere Fakten und demografische Daten als Trendindikatoren, als mich einer der Herren unterbrach: »Ja, ja,