Das ist eine sehr fremdartig anmutende Geschichte, nicht wahr? Aaron hatte echte Schmerzen in seinem Unterleib. Als ich dort drückte, tat ihm das weh. Aber es gab für diesen Schmerz keine physische Ursache – keine Infektion und kein Geschwür. Fand die Krankheit »nur in seinem Kopf« statt? Nein, es war sein Herz. Wie in aller Welt kann ein »Herzproblem« Schmerzen im Unterleib verursachen? Dieses und das nächste Kapitel versuchen, darauf eine Antwort zu geben.
Was war die physische Ursache für Aarons Schmerzen? Es könnten Muskelverspannungen oder Krämpfe an der Stelle gewesen sein, wo sich früher die Infektion befunden hatte. Oder es konnte sich um eine nichtinfektiöse Entzündung in jenem Bereich gehandelt haben. Was immer es war: Die eigentliche Ursache war ein Gefühl von Schuld, das ihn an seine alte Infektion erinnerte sowie an sein Fehlverhalten, das sie verursachte hatte. Als sein Herz Christi Vergebung angenommen hatte und ihn nicht länger verklagte, verschwanden auch die Spannungen, Verkrampfungen oder Entzündungen oder was immer es gewesen sein mag.
Von Gott geschaffen
Im Buch Genesis lesen wir, wie Gott die natürlich vorhandenen Elemente wie zum Beispiel Erde nahm und daraus unseren so erstaunlich komplexen Körper schuf. Die Bibel nennt uns keine weiteren Einzelheiten, doch jeder, der irgendwann einmal den menschlichen Körper studiert hat, ist zutiefst bewegt angesichts seiner großartigen Komplexität und des Ineinanderwirkens all seiner Funktionen. Ich habe mich zuweilen gefragt, wie viele »Gottes-Stunden« an Arbeitseinsatz nötig waren, bis der Allmächtige unsere Arterien, Venen und Kapillaren, unsere Muskeln, Sehnen und Bänder, unsere Knochen, Gelenke und Nerven, unseren Verstand, unsere Wirbelsäule und unsere Sinnesorgane zusammen gebastelt hatte. Dabei strapaziert die Art und Weise, wie dieses erstaunlich komplexe Beziehungsgeflecht all unserer Organe zusammenwirkt, unsere analytischen Kapazitäten bis an seine Grenzen.
Und was war? Als Gott dieses erstaunliche Meisterstück vollendet hatte, hatte es kein Leben. Es fehlte noch etwas – der Lebensatem; Gott hauchte diesem ersten menschlichen Körper seinen Geist ein. Dieser Körper wurde dadurch zu einem lebendigen Wesen, zu einer Person (1. Mose 2,7).
Eines Tages – das ist jetzt rund 50 Jahre her – verkündete unser Professor für Biochemie während einer Vorlesung, dass wir in nur wenigen Jahren in der Lage sein würden, alle menschlichen Aktivitäten anhand der Enzyme erklären zu können. Ich war schockiert und in mir sträubte sich alles. Mir war klar: Ich bin viel mehr als eine Ansammlung biochemischer Enzyme, und ich habe bis heute nicht heraus gefunden, wie viele Enzyme nötig sind, um einen menschlichen Geist zu bilden oder um einen Gedanken oder ein Gefühl hervorzubringen! Die Bibel macht uns klar: Ohne den Lebensatem, ohne Geist sind wir keine lebendigen Wesen. Irgendetwas in der Tiefe unseres Herzens schwingt da mit, und dieses »Etwas« nennen wir Geist. Nicht Aarons Enzyme haben auf seine sündige Tat hin reagiert; es war sein Geist. Sein Herz transferierte seine geistigen Schmerzen in seinen Unterleib. Mehr darüber später.
Körper, Seele und Geist
An anderer Stelle spricht die Bibel von Körper, Seele und Geist (1. Thessalonicher 5,23). Die Bibel ist kein Wörterbuch. Sie »definiert« diese Begriffe nicht; vielmehr sind sie im biblischen Gebrauch austauschbar. Jede Definition ist zugleich eine Eingrenzung, wohingegen die Begriffe Seele, Verstand, Geist, Herz und sogar Körper bzw. Leib viel zu dynamisch sind, als dass sie in ihrer Bedeutung fest zu umreißen wären. Zum Verständnis dieses Buches möchte ich erklären, wie ich diese Begriffe verstehe.
Der Körper bzw. der Leib ist der physische Raum, in dem sich das Leben abspielt. Der hat zu tun mit Protoplasma, Proteinen, Kohlenhydraten und Fett, alles zusammengefügt in einer Unmenge komplexer Zellen. Diese Zellen bilden Gewebe, Organe und Organgruppen, die uns zum Funktionieren bringen. Der Begriff »physiologisch« bezieht sich auf das Funktionieren dieser physischen Elemente. Die Bibel gebraucht den Begriff »Körper« einmal für unseren physischen Leib. Bei anderer Gelegenheit meint sie mit »Körper« die ganze Person. Manchmal ist in der Bibel sogar die Rede von »Knochen«, wenn damit der ganze Körper oder die ganze Person gemeint ist.
Der Verstand ist der intellektuelle Bereich des Lebens, wo unser Denken stattfindet, wo wir analysieren und reflektieren. Wir nennen das Bewusstsein, und das ist die Domäne für den Intellekt, fürs Überlegen, die Logik, die Analyse, die Synthese und das Urteilsvermögen. Was wir von der Welt um uns her wahrnehmen, gelangt in unseren Verstand, der diese Wahrnehmungen in Eindrücke, Gedanken und Ideen umsetzt.
Gefühle, Emotionen, Einstellungen und Intuitionen bestimmen das, was wir Affekt nennen. Hier sind unsere Anschauungen und Wünsche angesiedelt, genauso wie unser Erinnerungsvermögen. Hier werden die Gedanken und Ideen des Intellekts verarbeitet, verstanden und aufgenommen oder zurückgewiesen. Unser Affekt bezieht unser Nervensystem mit ein und beeinflusst unsere anderen Organe und Körperfunktionen, und die wiederum wirken sich auf unsere Gemütsbewegungen aus. Wir nennen das gewöhnlich das Unterbewusstsein.
Ich verwende das Wort Seele, um damit den Verstand und den Affekt zusammenzufassen. Wir reden dabei auch von der Psyche. Der Begriff »psychologisch« bezieht sich auf die Funktionen von Verstand und Affekt. Beide können wir nicht trennen, genauso wie wir Gedanken, Gefühle und Emotionen nicht auseinander reißen können. All das gehört zusammen und steht für das, was wir als »Seele« bezeichnen.
Der Geist ist das Zentrum der Persönlichkeit. In meinem Geist stelle ich die grundlegenden Fragen des Lebens: Wer bin ich? Warum bin ich hier? Wohin gehe ich? Mit meinem Geist versuche ich Sinn und Zweck meines Lebens zu erkennen. Mein Geist versucht festzulegen, wohin ich gehe und wie ich dorthin gelange. In meinem Geist treffe ich die wesentlichen Entscheidungen meines Lebens. Durch meinen Geist trete ich zu den mich umgebenden unsichtbaren geistigen und personalen Mächten in Beziehung – auch mit Gott und allem, was von ihm kommt, genauso wie mit den geistigen Mächten des Bösen. Durch meinen Geist bin ich mit Kräften und Mächten in Verbindung, die mein Leben beeinflussen; und durch meinen Geist kann ich andere um mich herum beeinflussen.
Die Bibel fasst dieses Konzept von Seele und Geist oft zu einem Begriff zusammen: das Herz. In diesem Sinn ist damit nicht der Muskel gemeint, das für die Blutzirkulation verantwortliche Organ. »Herz« bezeichnet das Zentrum unserer Persönlichkeit und schließt die Seele und den Geist ein. In diesem Sinne bedeutet »Herz« unser immaterielles inneres Selbst.
Soziale Beziehungen bilden eine weitere wichtige Dimension unseres Lebens. Wir leben regelrecht in einem Beziehungsgeflecht. Wir gehören zu einer irgendwie gearteten Familie. Wir haben Beziehungen zu Freunden, Nachbarn, Kollegen und Fremden. Wir sind Teil unserer Kultur; unser Horizont ist im Wesentlichen durch diese Kultur und die sozialen Beziehungen abgesteckt. Wenn in unseren Beziehungen zu anderen etwas schief geht, wirkt sich das auf unsere Gesundheit aus und kann Unwohlsein bewirken.
Wir haben damit unser Innenleben beschrieben. Es ist der unsichtbare, immaterielle Aspekt eines Menschen, der aber absolut real ist. Das ist unser wahres Selbst. Ohne dieses innere Selbst ist unser physischer Leib nichts weiter als ein Lehmklumpen. Wie fügen sich unser unsichtbares inneres Selbst und unser sichtbarer physischer Leib ineinander?
In der Bibel heißt es: Mehr als alles, was man sonst bewahrt, behüte dein Herz! Denn in ihm entspringt die Quelle des Lebens (Sprüche 4,23, Rev. Elberfelder).
Das schließt die Gesundheit und das Wohlergehen unseres Körpers ein. Für unsere Gesundheit ist äußerst wichtig, wie wir das Ebenbild Gottes in unserem innersten Selbst behüten und nähren. Dem wenden wir uns jetzt zu.
Gottes Ebenbild und unsere Gesundheit
Gott hat uns nach seinem Bild geschaffen. Das ist ein wesentlicher Aspekt unseres Menschseins, der im Medizinstudium nicht vorkommt. In theologischen Seminaren wird es diskutiert, aber selten bis nie machen sich Theologen darüber Gedanken, ob und wie das in Beziehung zu Gesundheit und heilendem Handeln zu setzen ist.