FEUERPROBE (Retreat 5). Stephen Knight. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stephen Knight
Издательство: Bookwire
Серия: Retreat
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958354838
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ihm absolut nicht zu.« Bei diesen Worten machte der ältere Mann einen Schritt nach vorn und trat Muldoon voll in die Eier. Trotz seiner Größe stieß Muldoon einen lauten Seufzer aus und warf sich nach vorn. Der Mann, den er Boats genannt hatte, hielt sich aufrecht, griff wieder an und stieß Muldoon so kräftig von sich, dass der umkippte und auf seinen Rücken fiel. Der ältere Mann war noch nicht fertig. Er hob seine große Schrotflinte an die Schulter und richtete sie direkt auf den Kopf des angeschlagenen Mannes.

      »Stop!«, schrie Rawlings. Sie hob ihr M4 und fragte sich, was sie verdammt noch mal als Nächstes tun würde. Einen First Sergeant erschießen? Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Nutter es ihr mit angstgeweiteten Augen gleichtat.

      »Dieses Feld zu sichern war kinderleicht«, knurrte der First Sergeant. »Behalte die Baumreihen im Auge. Schick Patrouillen los, um nach Hinterhalten zu suchen. Schütze die abgeworfene Ladung und die Lastwagen und sorge dafür, dass deine Leute sicher sind. Aber du bist zu sehr von dir überzeugt, Muldoon. Du bist ein verfickter E-5 – ein gottverdammtes Kind. Du hast doch noch gar keinen Scheiß erlebt, Junge. Also sag mir … warum sollte ich dir deinen kleinen Schwachkopf nicht einfach hier und jetzt wegblasen?«

      Muldoon starrte nur mit unbeweglichem Gesichtsausdruck zum First Sergeant hoch. Im brennenden Stryker explodierten weitere Patronen. Der Finger des First Sergeants lag immer noch auf dem Abzug seiner Schrotflinte.

       »Boats!«

      Das war eindeutig die Stimme von Command Sergeant Major Turner. Rawlings‘ Knie wurden fast zu Gelee, als sie sie hörte. Allein mit seiner Stimme strahlte Turner ruhiges Selbstvertrauen aus, was das Ergebnis jahrzehntelanger Erfahrung war. Der Mann, der über Muldoons liegender Gestalt stand, schien nach außen hin nicht darauf zu reagieren, doch es gab eine fast unmerkliche Veränderung in seiner Körperhaltung. Selbst er wusste, dass man, wenn der Command Sergeant Major anwesend war, Haltung annahm und aufpasste.

      »Boats!«, schrie Turner erneut, während er, gefolgt von seinem Senior Staff, auf die Lichtung lief. »Was zum Teufel machst du da?«

      »Ich räume auf, Doug«, antwortete der First Sergeant. »Dieser Sack Scheiße hier hat seine grundlegenden Kenntnisse als Soldat vergessen. So wie ich das sehe, kann die Sache nur so ausgehen.«

      »Nimm die Waffe runter oder ich erschieße dich«, sagte Turner. Er hielt sein M4 in den Händen, und während er sprach, brachte er es in Anschlag.

      Boats blickte Turner über die Schulter an und zeigte ihm etwas, was für Rawlings wie ein Nach-mir-die-Sintflut-Lächeln aussah. »Bist du Manns genug dafür, Doug?«

      »Du weißt, dass ich das bin, Boats. Und ob ich das bin.«

      Der First Sergeant blickte eine Weile auf Muldoon herab und hob dann die Schrotflinte. »Du solltest von nun an besser vor dem Sarmajor katzbuckeln, Junge«, sagte er. »Er hat dir gerade deinen erbärmlichen Hinterwäldlerarsch gerettet.«

      »Ich werde mich voller Liebe an dich erinnern, First Sergeant«, antwortete Muldoon. Er versuchte immer noch den harten Typen zu geben, obwohl er gerade an den Nüssen gepackt worden war.

      Boats grinste. »Dann wirst du mir wohl in den Rücken schießen müssen, Muldoon.«

      »Boats, schwirr ab!«, sagte Turner.

      »Bin schon dabei – irgendjemand muss ja für Sicherheit sorgen, nicht wahr?« Damit trat der ältere Mann von Muldoon zurück und begann Patronen in seine Schrotflinte zu laden. Turner machte ein paar Schritte auf Muldoon zu und reichte ihm die Hand, doch der größere Mann sprang gerade von allein wieder auf die Füße.

      »Ich hab nur so getan«, sagte er zum Command Sergeant Major.

      »Ach, wirklich«, antwortete Turner.

      »Es ist wahr, Sarmajor«, warf Nutter ein. »Duke, der hat Eier aus Stahl.«

      »Bei dieser Luftfeuchtigkeit sind sie vielleicht ein wenig eingerostet«, antwortete Turner.

      Muldoon rückte seine Sonnenbrille zurecht und hob eine Augenbraue. »Wollen Sie sie vielleicht mit etwas Öl einreiben, Sarmajor?«

      Turner bedachte Muldoon mit einem Blick, der Godzilla umgebracht hätte. Muldoon sah ihn eine ganze Weile mit einem schiefen Lächeln an, doch das Lächeln wurde immer vager, bis es schließlich ganz aus seinem Gesicht verschwand.

      »Muldoon, du kannst dich auf eine Welt voller verfickter Schmerzen einstellen, wenn du nicht sofort damit anfängst, mit dem Rest von uns in einer Linie anzutreten«, intonierte Turner mit harter, trockener Stimme. »Dieser First Sergeant dort? Er wird dich töten, wenn du uns weiterhin verarschst und nicht in die Gänge kommst.«

      »Vielleicht erwischt es ihn aber auch zuerst, nicht wahr?«

      Turner starrte ihn einen Moment lang an, dann trat er auf ihn zu. »Sohn … Andy, im Moment bist du noch Zeuge meiner enormen Zurückhaltung. Du reißt dich jetzt am Riemen und verhältst dich wie ein Lightfighter, oder ich werde das nächste Mal nicht mehr Boats oder Zhu oder wen auch immer an die Leine nehmen, wenn sie wieder über deine Scheiße stolpern. Du solltest mir zuhören, und zwar sehr gut zuhören, weil du nämlich gar nicht so wichtig bist

      Muldoon hatte darauf keine Antwort und auf Rawlings wirkte das bemerkenswert uncharakteristisch für ihn.

      Turner deutete auf die Bäume, die die Lichtung umgaben. »Sichere das Gebiet. Ich sorge dafür, dass die Ausrüstung aufgeladen wird. Erledige deinen Job, und zwar sofort.«

      »Hoaah«, antwortete Muldoon, allerdings wies der Tonfall seiner Stimme darauf hin, dass er sich lieber den Arsch mit Schleifpapier abwischen würde. Turner brach das Gespräch ab und beendete den Wettstreit. Der Sergeant Major ging First Sergeant Boats hinterher, offensichtlich wollte er einen weiteren Arschtritt verteilen.

      »Hey, Sergeant, soll ich dir einen Tipp geben? Du bist verdammt noch mal zu smart, um dich mit First Shirts und Sarmajors abzugeben.« Campbell lud ruhig ihr M4 nach und blickte dabei mit gerunzelter Stirn zu Muldoon hinüber.

      »Wer zur Hölle hat dich denn gefragt?«, antwortete Muldoon.

      Campbell rammte ein Magazin in ihr Gewehr und entsicherte es. »Niemand. Denn obwohl meine Meinung einen Scheiß wert ist, weiß ich wenigstens, wer mich umbringen wird.«

      Muldoon brach in Gelächter aus. »Du bist bei der verfickten Nationalgarde. Was zur Hölle weißt du schon?«

      »Was ich weiß«, antwortete Campbell sofort, »ist, dass mich die 10th Mountain an meinem Gewehr braucht, weil ihr Lightfighter so was von im Arsch seid.«

      Rawlings gefiel die Antwort, nicht, weil sie Muldoon als ruhmsüchtig hinstellte, sondern, weil sie die gesamte Situation sehr zutreffend beschrieb. Denn es stimmte tatsächlich, die Überreste des 1. Bataillons brauchten jeden Schützen, den sie kriegen konnten.

      Falls Muldoon darüber nachdachte, ob er diese Aussage auch zutreffend fand, so ließ er sich das zumindest nicht anmerken. »Nehmt euch die Bäume vor«, polterte er. »Tötet jeden, den ihr dort findet und der keiner von uns ist.«

      Kapitel 7

      Lee war für das Gefecht an der Abwurfzone zu spät dran, deswegen musste er über den Vorfall informiert werden, während er schnell auf das Tactical Operations Center zulief. Immer noch war in der Nähe Gewehrfeuer zu hören, und er bemerkte, dass sich um ihn herum alle Soldaten auf die Bedrohung konzentrierten. Der Command Sergeant Major hatte bereits ein Spezialkommando losgeschickt, das sich um den Fall kümmern sollte. Tatsächlich gab es für Lee kaum mehr zu tun, als auf die abschließenden Berichte zu warten.

      Das Tactical Operations Center war im Wesentlichen ein mobiler Kommandotrailer, den man auf ein sogenanntes Light Medium Tactical Vehicle montiert hatte – ein Fahrzeug, das umgangssprachlich als Truck bezeichnet wurde. Mit seinen Zusatzmodulen, die innerhalb einer Stunde auf- und wieder abgebaut wurden, konnte das mobile TOC schneller in Einsatz gebracht werden als das traditionelle Vielzweckzelt und es bot besseren ballistischen