Lomellin. Aber Sie werden eine Buhlerin suchen und eine Empfindlerin finden.
Gianettino. Gewalt ist die beste Beredsamkeit. Führe mich alsobald hin; den republikanischen Hund will ich sehen, der am Bären Doria hinaufspringt. (Fiesco Begegnet ihm an der Tür.) Wo ist die Gräfin?
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Sechster Auftritt.
Borige. Fiesco.
Fiesco. Ich habe sie in den Wagen gehoben. (Er fasst Gianettinos Hand und hält sie gegen seine Brust.) Prinz, ich bin jetzt doppelt in Ihren Banden. Gianettino herrscht über meinen Kopf und Genua; über mein Herz Ihre liebenswürdige Schwester.
Lomellin. Fiesco ist ganz Epikureer worden. Die grosse Welt hat viel an Ihnen verloren.
Fiesco. Aber Fiesco nichts an der grossen Welt. Leben heisst träumen; weise sein, Lomellin, heisst angenehm träumen. Kann man das besser unter den Donnern des Throns, wo die Räder der Regierung ewig ins gellende Ohr krachen, als am Busen eines schmachtender Weibes? Gianettino Doria mag über Genua herrschen. Fiesco wird lieben.
Gianettino. Brich auf, Lomellin! Es wird Mitternacht. Die Zeit rückt heran. Lavagna, wir danken für deine Bewirtung. Ich war zufrieden.
Fiesco. Das ist alles, was ich wünschen kann, Prinz.
Gianettino. Also gute Nacht. Morgen ist Spiel bei Doria, und Fiesco ist eingeladen. Komm’, Prokurator.
Fiesco. Musik! Lichter!
Gianettino(trotzig durch die drei Masken). Platz dem Namen des Herzogs.
Eine von den drei Masken(murmelt unwillig). In der Hölle! Niemals in Genua!
Gäste (in Bewegung). Der Prinz bricht auf. Gute Nacht, Lavagna! (Taumeln hinaus.)
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Siebenter Auftritt.
Die drei schwarzen Masken. Fiesco. Pause.
Fiesco. Ich werde hier Gäste gewahr, die die Freuden meines Festes nicht teilen.
Masken (murmeln verdriesslich untereinander) . Nicht einer.
Fiesco (verbindlich). Sollte mein guter Wille einen Genueser missvergnügt weglassen? Hurtig, Lakaien! man soll den Ball erneuern und die grossen Pokale füllen. Ich wollte nicht, dass jemand hier Langeweile hätte. Darf ich Ihre Augen mit Feuerwert ergötzen? Wollen Sie die Künste meines Harlekins hören? Vielleicht finden Sie bei meinem Frauenzimmer Zerstreuung? Oder wollen wir uns zum Pharao setzen und die Zeit mit Spielen betrügen?
Eine Maske. Wir sind gewohnt, sie mit Taten zu bezahlen!
Fiesco. Eine männliche Antwort, und — das ist Verrina!
Verrina (nimmt die Maske ab). Fiesco findet seine Freunde geschwinder in ihren Masken als sie ihn in der seinigen.
Fiesco. Ich verstehe das nicht. Aber was soll der Trauerflor an deinem Arm? Sollte Verrina jemand begraben haben und Fiesco nichts darum wissen?
Verrina. Trauerpost taugt nicht für Fiescos lustige Feste.
Fiesco. Doch, wenn ein Freund ihn auffordert. (Drückt seine Hand mit Wärme.) Freund meiner Seele! Wer ist ims neodem gestorben?
Verrina. Beiden! Beiden! O allzuwahr! — Aber nicht alle Söhne trauern um ihre Mutter.
Fiesco. Deine Mutter ist lange vermodert.
Verrina (bedeutend). Ich besinne mich, dass Fiesco mich Bruder nannte, weil ich der Sohn seines Vaterlands war.
Fiesco (scherzhaft). Ah! ist es das? Also auf einen Spass war es abgezielt? Trauerkleider um Genua! und es ist wahr, Genua liegt wirklich in letzten Zügen. Der Gedanke ist einzig und neu. Unser Vetter fängt an, ein witziger Kopf zu werden.
Calcagno. Er hat es ernsthaft gesagt, Fiesco!
Fiesco. Freilich! Freilich! Das war’s eben. So trocken weg und so weinerlich. Der Spass verliert alles, wenn der Spassmacher selber lacht. Mit einer wahren Leichenbittersmiene! Hätt’ ich’s je gedacht, dass der finstere Verrina in seinen alten Tagen noch ein so lustiger Vogel würde!
Sacco. Verrina, komm’! Er ist nimmermehr unser.
Fiesco. Aber lustig weg, Landsmann. Lass uns aussehen wie listige Erben, die heulend hinter der Bahre gehen und desto lauter ins Schnupftuch lachen. Doch dürfen wir dafür eine harte Stiefmutter kriegen. Sei’s drum, wir lassen sie keifen, und schmausen.
Verrina (heftig bewegt). Himmel und Erde! und tun nichts? — Wo bist du hingekommen, Fiesco? Wo soll ich den grossen Tyrannenhasser erfragen? Ich weiss. eine Zeit, wo du beim Anblick einer Krone die Gicht bekommen hättest. — Gesunkener. Sohn der Republik! du wirst’s verantworten, dass ich keinen Heller um meine Unsterblichkeit gebe, wenn die Zeit auch Geister abnützen kann.
Fiesco. Du bist der ewige Grillenfänger. Mag er Genua in die Tasche stecken und einem Kaper von Tunis verschachern, was kümmert’s uns? Wir trinken Cyprier und küssen schöne Mädchen.
Verrina (blickt ihn ernst an). Ist das deine wahre, ernstliche Meinung?
Fiesco. Warum nicht, Freund? Ist es denn eine Vollust, der Fuss des trägen, vielbeinigten Tiers Republik zu sein? Dank’ es dem, der ihm Flügel gibt und die Füsse ihrer Ämter entsetzt. Gianettino Doria wird Herzog. Staatsgeschäfte werden uns keine grauen Haare mehr machen.
Verrina. Fiesco? — Ist das deine wahre, ernstliche Meinung?
Fiesco. Andreas erklärt seinen Neffen zum Sohn und Erben seiner Güter, wer wird der Tor sein, ihm das Erbe seiner Macht abzustreiten?
Verrina (mit äusserstem Unmut). So kommt, Genueser! (Er verlässt den Fiesco schnell, die andern folgen.)
Fiesco. Verrina! — Verrina! — dieser Republikaner ist hart wie Stahl! —
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Achter Auftritt.
Fiesco. Eine unbekannte Maske.
Maske. Haben Sie eine Minute übrig, Lavagna?
Fiesco (zuvorkommend) . Für Sie eine Stunde!
Maske. So haben Sie die Gnade, einen Gang mit mir vor die Stadt zu tun.
Fiesco. Es ist fünfzig Minuten auf Mitternacht.
Maske. Sie haben die Gnade, Graf.
Fiesco. Ich werde anspannen lassen.
Maske. Das ist nicht nötig. Ich schicke ein Pferd voraus. Mehr braucht es nicht, denn ich hoffe, es soll nur einer zurückkommen.
Fiesco (betreten). Und?
Maske. Man wird Ihnen auf eine gewisse Träne eine blutige Antwort abfordern.
Fiesco. Diese Träne?
Maske. Einer gewissen Gräfin von Lavagna. Ich kenne diese Dame sehr gut und will wissen, womit sie verdient hat, das Opfer einer Närrin zu werden?
Fiesco. Jetzt verstehe ich Sie. Darf ich den Namen dieses Feltsamen Ausforderers wissen?
Maske.