Der Club der Unzertrennlichen - Skandinavien-Krimi. Elsebeth Egholm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elsebeth Egholm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711457917
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»Im Moment hab ich das alles ein bisschen satt. Behörden, ich kann dir sagen. Es dauert sieben lange und sieben breite Tage, bis überhaupt etwas passiert. Diese vielen Scheißformulare. Ich dreh demnächst noch durch.«

      Isabel lachte.

      »Das hört sich gar nicht an wie die alte Pernille. Vielleicht solltest du in die Privatwirtschaft überwechseln?«

      »Ich habe wirklich meine politische Überzeugung nicht geändert und ich will auch nicht das dicke Geld scheffeln. Aber alles könnte so viel besser organisiert werden, sogar in einem Sozialamt. So meine ich das.«

      »Natürlich.«

      Isabel drückte ihre Zigarette aus und bekämpfte den Drang nach einer weiteren. Stattdessen trank sie einen Schluck Kaffee und sagte ehrlich:

      »Es tut gut, deine Stimme zu hören, Pernille. Du hast mir gefehlt. Und Mette hat mir auch gefehlt. Und Solveig.«

      »Ebenso«, erwiderte Permlle mit ernster Stimme. »Schön, dass du kommst. Du kannst Thomas’ Zimmer haben.«

      »Ich will ja nicht hoffen, dass du Thomas meinetwegen vor die Tür setzt.«

      Pernille lachte.

      »Absolut nicht. Aber in der Woche fährt er mit seinem Vater nach Paris, und deshalb brauche ich Gesellschaft, damit du’s weißt.«

      »Und du hast noch immer nichts mit Thomas’ Vater am Laufen?«, fragte Isabel, die immer schon gefunden hatte, Pernille und dieser Mann seien füreinander wie geschaffen.

      Pernilles Stimme nahm einen kleinen, fast unhörbaren Beiklang an.

      »Absolut nicht!«

      Isabel lachte.

      »Du weißt genau, was Mette jetzt sagen würde, was? ›The lady doeth protest too much, methinks!«‹

      »Du mich auch«, erwiderte Pernille, und Isabel wusste genau, wie sie jetzt aussah, mit ihrem kleinen unfreiwilligen Lächeln um die Lippen und einer verärgerten Furche in der Stirn.

      APRIL 1981

      PERNILLE

      Er war nicht immer da. Absolut nicht. Andererseits war auch sie nicht immer da. Manchmal mussten sie und Solveig ihr Luxusbad auf einen anderen Wochentag verlegen oder es ganz einfach ausfallen lassen.

      Aber wenn er da war, dann passierte immer etwas mit ihr. Etwas Unerklärliches. Alles schien plötzlich besser auszusehen. Die Welt wurde ganz einfach schöner, und alle ihre dummen Probleme kamen ihr klein und lösbar vor.

      Eigentlich wusste sie nicht viel mehr über ihn als damals, vor einigen Monaten, als er sie unters Wasser gedrückt hatte. Natürlich hatten sie manchmal am Beckenrand miteinander gesprochen, aber zumeist hatte es nur Blickkontakt und Lächeln und Grüße gegeben. Bis vor sechs Wochen, als er dann plötzlich nicht mehr gekommen war. Warum, konnte sie sich einfach nicht vorstellen.

      Pernille ließ ihren Blick suchend durch das Becken wandern, in dem Solveig bereits umherplatschte. Auch an diesem Tag war er nicht gekommen. Vielleicht würde er nie wieder auftauchen, und sie kannte doch nur seinen Vornamen.

      »Komm schon, Niller. Träum hier nicht rum!«, rief Solveig mit Lehrerinnenstimme.

      Aber Pernille hatte noch immer keine richtige Lust, und deshalb setzte sie sich an den Beckenrand, ließ ihre Füße ins Wasser baumeln und ihre Gedanken in alle möglichen Richtungen schweifen.

      Eigentlich war sie vor allem mit der Angst beschäftigt. Sie habe eine Angstneurose, hatte der Psychiater gesagt. Und das werde sich erst ändern, wenn sie selber die Kontrolle übernehme und sich einfach weigere, sich von dieser Angst tyrannisieren zu lassen. Er könne nicht mehr für sie tun und meinte, ihr Zustand sei nicht so schlimm, dass er ihr Medikamente verschreiben müsse. Immerhin ein Segen. Sie hätte sich auch geweigert. Wer wollte schon wie ein Zombie durch die Gegend laufen? Dann lieber ab und zu einen Angstanfall durchstehen.

      »Verzeihung, aber ist der Stuhl neben dir noch frei?«

      Das kam so unerwartet, dass sie zusammenfuhr.

      Sie schaute hoch. Da stand er. Mit einem neckenden Lächeln in seinen Paul-Newman-Augen und nach der Dusche mit nassen Haaren. Er war nicht besonders groß. Aber er hatte etwas an sich, das ihn sehr präsent erscheinen ließ. Sie hatte versucht, sein Alter zu erraten und ihn auf einige Jahre älter als sich selber geschätzt, aber trotzdem nahm er seinen Platz im Raum ein wie ein richtiger Mann.

      Pernille nickte nur.

      »Natürlich.« Und dann platzte es aus ihr heraus:

      »Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?«

      Sofort bereute sie es. Das war zu offensichtlich gewesen. Zu deutlich. Jetzt würde er sicher fragen, ob sie ihn vermisst habe.

      Doch er setzte sich einfach nur und starrte mit ernster Miene das Becken an.

      »Ich hatte persönliche Probleme, um die ich mich kümmern musste«, sagte er.

      Ihr wurde ganz seltsam zu Mute, sie wusste jedoch nicht, warum.

      »Ich hoffe, du hast sie lösen können.«

      Er erwiderte ihren Blick. Sie konnte seine Miene nicht deuten. Er sah aus, als habe sie ihn mit irgendeiner Bemerkung verletzt.

      »Irgendwie schon . . . ich hoffe, es war die richtige Lösung.« Dann saßen sie in unbeholfenem Schweigen da. Sie hatten noch nie ernsthaft miteinander gesprochen. Pernille platschte wieder ein wenig mit den Füßen im Wasser.

      Er räusperte sich.

      »Ich wollte fragen, ob du vielleicht nachher noch Zeit für einen Kaffee hast.«

      In ihrer Überraschung schaute sie ganz schnell auf die Uhr. Wenn sie das Dampfbad sausen ließ, dann hatte sie bis zur Vorlesung Zeit genug. Und an sich konnte sie auch die Uni sausen lassen. Diese Stunde Wissenschaftstheorie konnte ja wohl noch warten. Außerdem war sie fast schon dazu entschlossen, ihr Geschichtsstudium an den Nagel zu hängen, sich einen Job zu suchen und sich in Ruhe zu überlegen, was sie mit ihrem Leben wirklich anfangen wollte.

      »Das lässt sich machen. Wo wollen wir denn hin?«

      In der Nähe gab es eigentlich kein passendes Café.

      »Bist du mit dem Rad hier?«

      Natürlich war sie das.

      »Kennst du das Casablanca?«

      »Diesen eleganten Laden mit den Spiegeln? Doch. Da war ich einmal«, gab sie zu.

      »Dann treffen wir uns dort in einer Dreiviertelstunde. Ich bin mit dem Wagen da.«

      »Er hat einen Wagen«, sagte sie verärgert zu Solveig, als sie danach unter der Dusche standen. Trotzdem konnte sie ihre Spannung nicht verbergen.

      Solveig machte ein entsetztes Gesicht.

      »Soll das heißen, dass er sich nicht überlegt hat, dass der private Automobilverkehr der größte Umweltverbrecher ist? Glaubst du, er engagiert sich kein bisschen für öffentlichen Nahverkehr und Pedalkraft?«

      Pernille warf einen Schwamm, der mit gedämpftem Klatschen auf Solveigs Hinterteil auftraf.

      »Du bist ja bloß neidisch!«

      »Natürlich bin ich neidisch. Wenn du dir einen stinkreichen Heini mit eigener Erbfirma und eigenem Jaguar gekrallt hast, dann sterbe ich hier noch vor Neid. Vor allem, weil du das überhaupt nicht zu würdigen weißt«, sagte Solveig und warf den Schwamm zurück. Pernille fing ihn auf und ließ ihn in den Eimer für die benutzten Schwämme fallen. Sie sagte vage:

      »Ich weiß so viele andere Dinge zu schätzen.«

      »Als da wären? Gemütlichkeit zu Hause, Natur, Spaziergänge und Ehrlichkeit?«, schlug Solveig mit Anspielung auf ihren sonntäglichen Lieblingszeitvertreib vor, da lasen sie in den Zeitungen die Kontaktanzeigen.

      »Was gibt’s