Seine Eltern lebten in dieser Stadt und er war hier aufgewachsen. „Wie viele Jahre war ich schon nicht mehr hier?“, ging es ihm durch den Kopf. Erst hatte das Studium all seine Zeit in Anspruch genommen, danach der Traumjob mit vielen Überstunden. Besuche bei den Eltern waren da nicht drin. Anfänglich hatte er regelmäßig angerufen. Bis der stressige Alltag ihn auch das vergessen ließ. Dann herrschte Funkstille zwischen ihm und „zu Hause“. Bis vor ein paar Tagen. Da klingelte sein Handy. „Unbekannte Nummer“, zeigte das Display an. Gegen seine Gewohnheit nahm er das Gespräch an. Es war sein Vater! Da hatte es ihm, dem redegewandten Manager, fast die Sprache verschlagen. Auf einmal wurde ihm angst und bange, was er jetzt zu hören bekommen würde! Ob seiner Mutter etwas zugestoßen war?
Wie durch Watte hörte er seinen Vater sagen: „Holger, deine Mutter und ich haben gerade die Kerze am Adventskranz angezündet, dabei haben wir an die alten Zeiten gedacht, als du noch zu Hause warst. Wir haben gemerkt, wie sehr wir dich vermissen. Das wollten wir dir lieber sofort sagen, sonst trauen wir uns das nicht mehr!“
Das hatte er nicht erwartet. Keine Vorwürfe, keine Klagen. Einfach Sehnsucht – und Liebe! Das Eis war gebrochen und sie telefonierten fast eine Stunde lang. Dann kam Holger eine Idee: „Was haltet ihr davon, wenn ich euch vor Weihnachten besuche?“ Sein Vater brummte zufrieden, seine Mutter, die die ganze Zeit mitgehört hatte, brach in Jubel aus.
Nun saß er also im Auto auf dem Weg zu den beiden. In der Tasche hatte er ein kleines Geschenk für sie, einen eingerahmten Spruch: „Nach Hause kommen, das ist es, was das Kind von Bethlehem allen schenken will, die weinen, wachen und wandern auf dieser Erde.“
An diesen Satz von Friedrich von Bodelschwingh musste Holger jetzt wieder denken. „Passt!“, brummte er vor sich hin. Da fuhr er auch schon in die Straße, in der seine Eltern wohnten. Seine Bedenken waren verschwunden. Gleich war er – zu Hause!
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