Der Moses schnürte wie ein Fuchs nach links den Hügel abwärts, schlug einen Bogen um die mächtigen Wurzeln und verschwand hinter dem halb mannshohen Gras und den Disteln.
Hasard und Philip sprangen auf, zerrten Aststücke aus dem Gras, warfen sie neben dem Stück einer zerbrochenen Säule in den Sand, rafften trockene Blätter zusammen und schnitten Zweige von den Büschen. Sie mußten ein Dutzend Schritte nach rechts laufen und schichteten, damit nicht die Baumkronen angegriffen wurden, einen ständig wachsenden Stoß aus dürren und feuchtem Holz schräg am Hügelhang auf.
„Also“, sagte Philip junior keuchend, „wenn uns jetzt niemand sieht, dann sind die Mannar-Leute allesamt blind.“
„Jetzt spielt es auch keine große Rolle mehr“, entgegnete der Bruder. „Hoffentlich ist Clint bald wieder hier.“
Sie schnitten mit den Messern trockenes Gras in Büscheln ab und warfen es auf den Haufen. Hasard fand einen schenkeldicken Ast, halb vermodert und knochentrocken. Er zerrte ihn den Hang aufwärts und wuchtete ihn zwischen die anderen Bestandteile des halb mannshohen Haufens.
Hasard unterbrach seine Schufterei kurz und schirmte die Augen mit der flachen Hand ab. Er blickte nach Südosten und glaubte zu erkennen, daß die Galeone hinter der. Landzunge ankerte oder kurz davor stand, den Anker fallen zu lassen.
„Wenn sie uns so deutlich sehen wie wir sie“, sagte er schwitzend, „dann war unser Plan nicht schlecht. Weiter.“
Sie fanden, ehe Clinton wieder heranhastete und keuchend einen dicken, rotglimmenden Knüppel schwang, noch genügend Holz, das schon solange herumgelegen hatte, daß es sie keine Mühe kostete, es in armlange Stücke zu brechen.
„Hast du einen erschlagen müssen wegen der Fackel?“ fragte Philip mit breitem Grinsen.
Der Moses schüttelte lachend den Kopf und brachte stoßweise hervor, zwischen den einzelnen Worten nach Luft schnappend: „Hab gewartet. Bis keiner da war. Vielleicht haben sie mich gesehen. Von achtern.“
Er kniete sich vor den Stapel, blies auf die Glut und schob das Ende zwischen die raschelnden Blätter. Sie begannen zu schwelen, und als Hasard aus vollen Lungen hineinblies, züngelten die ersten winzigen Flammen. Sekunden später ringelten sich Rauchfäden in die Höhe, die Flammen fingen zu prasseln an. Clint sprang zurück, als sich dunkler Qualm entwickelte.
„Brennt!“ sagte er zufrieden.
Sie wichen vor der Hitze und den prasselnden Flammen drei Schritte zurück. Philip und Hasard hatten große Äste voller frischer, saftiger Blätter in den Händen und warteten, bis das Feuer hochloderte und sicher brannte. Als sie fast gleichzeitig die Blätter in die Flammen hielten, änderte sich die Farbe des Rauches.
Aus hellem Grau wurde fettes Schwarz. Eine große, runde Wolke brodelte hoch und stieg vor den Kronen der Bäume schräg nach Osten.
Die Zwillinge zogen ihre knackenden Äste zurück. Die Blätter schmorten. Clint hatte begriffen und hetzte hinüber zu den Büschen. Er kehrte, als Hasard und Philip den zweiten schwarzen Rauchball erzeugten, mit einem Arm voller grüner Zweige zurück.
„Hoffentlich sieht der Holländer unsere Zeichen“, stieß der Moses hervor.
Hasard nickte. Ihm war viel wichtiger, daß der Kapitän der Galeone die Zeichen richtig deutete. Aber durch welches Signal konnte er dem Niederländer mitteilen, daß Gold gestohlen und Spanier wie Portugiesen die Gegner eines Engländers waren, ganz zu schweigen von allen anderen Schwierigkeiten? Der nächste dunkle Rauchball entfaltete sich über den Baumkronen. Die Sonne brannte noch immer grell, und die Flammen waren kaum zu erkennen.
Aber der dunkle Rauch, der nur langsam davontrieb, war überaus deutlich zu sehen.
Die Seeleute auf der Karavelle schienen die Rauchzeichen gesehen und erkannt zu haben, daß die Engländer dahinterstecken mußten.
Während die nächsten frischen Äste verbrannten, begannen die Wachen auf dem Steg zu brüllen. Zwei Musketenträger knieten auf die Planken nieder und zielten.
Auch im Dorf wurden die Ceylonesen aufmerksam. Zwischen den Häuserwänden tauchten die ersten braunen Gestalten auf.
„Weiter! Bis es nicht mehr geht. Wir rennen wieder zum Strand“, entschied Hasard.
Der erste Musketenschuß heulte zirpend durch die Luft. Dann drang schwach der peitschende Krach der Explosion an die Ohren der drei Seewölfe. Wieder flogen einige Arme voll frischer Zweige in die Flammen.
Die Vorderfront des Tempels und die Bäume verschwanden im dicken Rauch. Ein grauer Schleier zog den Hang abwärts und stieß mit lautlosen Zungen in die Richtung auf Mannar vor.
„Die feuern auf uns, die Kerle“, sagte Philip in einem Tonfall, als wäre er darüber verwundert.
„Würde ich nicht anders halten“, murmelte sein Bruder.
Die Inder hasteten heran. Die zweite Kugel fetzte durch die Baumkrone und ließ zerrissene Blätter regnen. Wieder ertönte das scharfe Krachen.
Das Sonnenlicht ließ die dunklen Rauchschwaden deutlich vor dem hellen Himmel hervortreten. Die letzte schwarze Wolke stieg aus den heruntergebrannten Resten des gewaltigen Feuers hoch, als die drei Seewölfe um die Feuerstelle herumliefen und den Hang hinunterstürmten, wieder auf ihren eigenen Spuren.
„Mehr konnten wir nicht zeigen!“ rief Clint. „Verdammt viel Rauch!“
„Gut so“, sagte Hasard und hastete durch die schmale Gasse im Bambus. „Im Palmenwald scharf nach rechts, Leute.“
„Verstanden.“
Sie liefen, duckten sich, sprangen über Gräben und wateten durch einen breiten Streifen Morast. Dann waren sie zwischen den knarrenden Stämmen der Palmen und schlugen einen Haken.
„Warum nicht zum Schiff?“ wollte Clint nach drei Dutzend Schritten wissen.
„Weil dort die Portus mit Musketen stehen und genau auf uns warten. So blöde, daß sie uns für Singhalesen halten, sind die leider nicht.“
„Du hast recht. Wir schwimmen vielleicht nachts zum Schiff zurück“, sagte Philip.
Sie sparten ihre Luft für die Versuche, ungesehen durch den Palmenwald, an dem breiten Streifen Mangroven vorbei und am Rand weiterer Felder vor den Indern zu fliehen. Die Portugiesen rührten sich nicht vom Steg weg, und die drei Seewölfe hatten auch niemanden gesehen, der über die Laufplanke stürmte und sie zu verfolgen begann. Der faulige Geruch eines überfluteten Reisfeldes blieb hinter ihnen zurück, der Rand eines dschungelartigen Waldes rückte näher.
Ihre Schritte wurden langsamer. Jetzt spürten sie Hunger und Durst mehr als in den Stunden zuvor. Um ihre vergrabene Beute sorgten sie sich nicht, noch nicht. Schließlich gingen sie mit stolpernden Schritten weiter und entfernten sich vom anderen Ende des Dorfes.
Die Ceylonesen, die von Mannar zum Tempel gelaufen waren, steckten noch immer im Rauch, der sich in die Senke geschoben und einen nebelartigen Vorhang dicht über dem Boden gebildet hatte. Von hier aus waren nicht mal die Mastspitzen zu sehen.
„So“, sagte Hasard nachdrücklich. „Jetzt sehen wir uns das Dorf mal genauer an.“
„Und wenn uns die Dörfler entdecken und jagen?“ fragte der Moses.
„So schnell erwischen uns die Landratten nicht“, erklärte Philip. „Wir müssen nur vorsichtig sein.“
Sie fanden einen Feldweg, der zwischen den Weiden und Gärten auf das Dorf zuführte. Schlangen raschelten durch das Gras, zwei Schildkröten schoben sich träge quer über den Fußpfad. Fliegenschwärme flogen auf und summten um die Köpfe der drei Seewölfe, die auf das westliche Ende des Dorfes zuhielten. In einem Tümpel standen Wasserbüffel bis zum Bauch im Schlamm und beäugten träge die Fremden.
„Da steht das Abendessen“, murmelte Hasard. „Steaks für die ganze Crew.“
Philip