G.F. Barner Jubiläumsbox 9 – Western. G.F. Barner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: G.F. Barner
Издательство: Bookwire
Серия: G.F. Barner Box
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740934231
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Carpenter war da anders – schlau, wenn nicht sogar gerissen. Sein Vater hatte ihn noch nach Denver auf das Mineninstitut geschickt. Dort hatte Angus genug über alle Gesteinsarten gelernt, nur nicht alles, denn er war im hohen Bogen herausgeflogen, weil er die Finger nicht von den Karten gelassen und seine Mitschüler betrogen hatte. Eine Jugendsünde, weiter nichts. Wer betrog nicht schon mal im Spiel? Er spielte scharf, hockte oft mit Howie McGruder zusammen. Manchmal ritten die beiden Burschen sogar nach Nogales und Agua Prieta, um an der wilden Grenze richtig rauh und wild zu spielen.

      »Setz dich doch, John«, sagte Gregg lachend und schob sich hinter seinen Schreibtisch. »Na, was sollen es denn für Steine sein? Willst du dich nicht setzen?«

      »Mann, ich habe die ganze Zeit im Sattel gesessen und bin froh, wenn ich stehen kann«, erwiderte John grinsend. »Ja, die Steine, Gregg. So viele sind es gar nicht. Einen großen Stein brauche ich und ein paar schmale, kleine.«

      »Nanu, was willst du denn bauen?«

      Big John Warren grinste immer noch.

      »Ein Grab«, sagte er sanft. »Ein Grab für Lacy Campbell. Das stiftet ihr doch wenigstens, oder?«

      Und dann schnellte er urplötzlich vor.

      Die offene Schublade des Schreibtisches hatte er längst gesehen. Sein Grinsen war wie weggeblasen, als er sich gegen den Tisch warf und ihn bis zur Wand zurückschob – mitsamt dem Stuhl, auf dem Gregg Carpenter saß. Dabei knallte die Schublade zu – nicht ganz, denn Gregg Carpenters Hand war darin.

      Der Mann schrie vor Schmerz. Er hatte gewiß kräftige Knochen und ein stabiles Handgelenk. Aber eine Schublade hat eine verdammt scharfe Kante.

      »Nicht doch, mein Freund!« sagte Big John, und seine Stimme klang nun nicht mehr sanft. »Doch nicht mit mir, Gregg! Dazu bist du nicht groß genug. Ich habe Campbell erschossen, aber er konnte vorher noch reden. Und nun will ich ein paar Dinge wissen. Spuck sie aus, mein Freund!«

      Gregg redete nicht, er schrie, als der Druck stärker wurde und sein Handgelenk zu brechen drohte.

      »Meine Hand, meine Hand! Nicht drücken! Du zerbrichst mir ja die Knochen.«

      Big John zog den Colt, drückte die Mündung gegen Carpenters Kinnwinkel und schob ihm den Kopf in den Nacken. Gregg brüllte wie von Sinnen.

      »Zieh die Hand aus der Schublade, aber ohne den Colt!« befahl Warren. »Also? Ich drücke ab, wenn du einen Trick versuchst, Mister! Raus mit der Hand!«

      Der Tisch rutschte etwas vor, die Hand kam blau angelaufen zum Vorschein – ohne Waffe.

      »So, du Strolch. Und nun heraus damit! Warum hat Angus an Campbell geschrieben? Warum wollte er McGruder erledigen? Warum?«

      »Ich wollte es nicht!« beteuerte Gregg Carpenter. »John, zuerst wollte ich gar nichts damit zu tun haben. Dann fand Angus noch mehr von dem Zeug und holte sich Lopez aus Agua Prieta. Aber der erwischte den Alten nicht. Lopez hatte Angst, nachdem Walsh auftauchte und immer mit dem Alten ritt. Einmal war der Alte mit Shivers unterwegs, aber auch da ging es schief, John, ich war gegen Mord, aber Angus sah keine andere Chance, an das Zeug heranzukommen.«

      »Moment, Moment!« knurrte John.

      »Was für Zeug? Ihr habt Lopez – es ist doch Tinio Lopez, der Grenzbandit, was? – an die Herde und die Pferde von Harris und McGruder gehen lassen. Lopez stahl Vieh und zerschnitt die Zäune, schoß also auf McGruder. Der Kerl hat versucht, Harris auf McGruder zu hetzen. Oder umgekehrt? Sie sollten sich in die Haare kriegen. Doch beide taten es nicht, keiner ging blindwütig auf den anderen los. Sie sind schon zu alt, sie bellen nur, aber sie beißen nicht. Und da kam Angus die Idee, Lopez direkt auf McGruder schießen zu lassen. Um welches Zeug geht es? Heraus damit!«

      »Die Berge – die Berge sind doch nutzlos für McGruder«, stammelte Carpenter. »Nur Steine, Felsen, keine Weide für Rinder. Wir brachen Steine auf seinem Land, jahrelang. Dann kam Angus aus Denver zurück. Er hatte alles über Gesteinsarten und Erze gelernt. Eines Tages fand er Blei – zuerst Blei. Danach Kupfererz, schließlich Silber – und zuletzt Gold.«

      »Gold?«

      »Ja«, stöhnte Carpenter, »die Berge – überall Edelmetalle, überall, John!«

      In seinen Augen trat ein verrückter Glanz.

      Das ist es, dachte John verstört, Gold in den Bergen. Darum der Versuch, Harris und Lionel in einen Weidekrieg zu treiben. Darum die Schüsse auf den alten Löwen. Mein Gott, dann hätten sie ja auch Howie…

      »So ist das«, knirschte er. »Der Alte sollte weg, was? Aber dann wäre noch Howie dagewesen.«

      »Der hätte uns ein Stück Bergland verkauft, der sofort«, sagte Gregg Carpenter. »Aber der Alte, der würde nie etwas von seinem Land abgegeben haben. Zweimal hat ihn Angus angesprochen. Zweimal wegen einer halben Wüste gefragt, aber der Alte lachte ihn aus. No, von seinem Land gab er nichts ab. Wir konnten Steine brechen, dagegen hatte er nichts, doch verkaufen – keinen Fußbreit!«

      »Ihr hättet Howie auch abknallen müssen. Irgendwann wäre selbst ihm aufgegangen, daß der Mord an seinem Vater euer Werk war. Sobald ihr das Gold ausgebeutet hättet, wäre er auf den Trichter gekommen, ihr Narren. Und dann hättet ihr etwas erlebt. So blöde der Junge noch ist, aber er hätte euch in die Hölle gejagt. Ganz zu schweigen von Matt. Verdammtes Volk, darum der ganze Ärger. Los, hoch mit dir! Du kommst mit! Und wo ist Angus? Raus mit der Sprache! Wo steckt er?«

      »Hier.«

      Aus, dachte Big John, ich Narr!

      Blitzschnell knickte er ein, warf sich lang über den Schreibtisch, riß Gregg nach vorn und hörte den brüllenden Knall hinter sich. Ein Schlag traf seine rechte Schulter. Gregg schrie gellend auf, während John sich nach links abstieß und den Colt im Fallen herumnahm.

      Rumms – rumms!

      In dem schmalen Raum war der Teufel los. Eine Kugel streifte Johns Jacke, eine andere bohrte sich durch den Stiefel. Er fiel und drehte sich, prallte auf den Rücken, riß den Arm hoch und feuerte auf den Mann neben der Tür. Nie gekannte Angst verspürte er, als der Mann stehenblieb, wieder schoß. Carpenter hatte die Wand im Rücken, er feuerte weiter, obwohl John Warren noch einen Schuß abgab. Dann endlich öffnete sich seine Hand, der Colt fiel auf die Dielen.

      Angus Carpenters etwas aufgedunsenes Gesicht verfiel zusehends, die Augen zuckten hin und her wie bei einer Ratte, die nach einem Ausweg aus einer Falle sucht. Angus stolperte nach rechts, taumelte durch die Tür hinaus und knickte im Flur ein.

      Als er auf die Dielen krachte, lief das Dröhnen durch das ganze Haus. Es verstummte, während John auf die Knie kam und merkte, daß es an seiner rechten Schulter ganz klebrig war.

      »Angus«, lallte Gregg Carpenter, »Angus, warum…«

      Die Stimme ging in ein Gluckern über. John Warren fuhr herum,

      sah Gregg im Stuhl lehnen, das Blut lief ihm über das graue Leinenhemd.

      Nun, dachte John Warren, zu hoch getroffen, daran stirbt er nicht. Er ist ohnmächtig geworden. Mein Gott, ich lebe ja noch, kann sogar den Arm bewegen. Das kann nicht schlimm sein, wahrscheinlich hat mich die Kugel nur an der Schulter gestreift, ehe sie Gregg in die Brust zischte. Diese Schlangenbrut!

      »John – John, wo bist du? John!«

      Ein Pferd kam in den Hof geprescht, ein Mann sprang ab und rannte durch den Flur, schrie nach dem Sheriff.

      »John!«

      »Hier, Archie!«

      »Du großer Manitu!« entfuhr es Archie Slater. Er stieg über den toten Angus hinweg. »John, sie haben mich verrückt gemacht. Zuerst Howie, dann Nora und Judy. Frauen reden einen Mann glatt tot, glaube mir. Judy sagte, es wäre meine verdammte Pflicht, dir nachzureiten. Und Nora jammerte, sie wüßte genau, du würdest es nicht überleben. Sie starb beinahe vor Angst. John, was ist passiert – du blutest?«

      »Sieh nach.«

      Archie