»Fabi bediente mich mit einer nahezu genialen Steilvorlage, und ich erinnerte mich an meine große Fußballerzeit in der F2 beim RSV Achtum, bevor Wein, Weib und Gesang meine Karriere früh zerstörten. Eine Ballbehandlung wie der junge Netzer, technisch perfekt wie Garrincha, zog ich in den Kampf gegen Jeddeloh II, die Ungerechtigkeit des Lebens und mich. Ein Schuss, ein Tor, der Günther! Da ist das Ding, der Rest war Jubel!«
So beschrieb es der Preisträger im »Göttinger Tageblatt«. In der dortigen Lobhudelei auf »Onkel Günther« war übrigens auch zu lesen, dass er sich einst schon einmal als Torschütze versuchteft – und scheiterte. Aber »Lieblingsspieler der Region« wird man nicht, indem man seinen Traum nach einem gescheiterten Versuch zu den Akten legt.
Den Sieg weggespült
Es gibt Dinge, die gehören zum Fußballschauen wie Ernie zu Bert, wie Batman zu Robin oder wie Dick zu Doof. Bratwürste zum Beispiel. Oder Bier. Vor allem Bier. Bier geht immer. Vor dem Spiel, während des Spiels, nach dem Spiel. Denn auch das ist ja das Schöne am Fußball: Es gibt immer einen Grund für Bier, und zumeist dafür, auch mal über den Durst die Luft aus dem Glas zu lassen.
Zumal Bier, machen wir uns nichts vor, nicht nur verdammt lecker, sondern auch ein ganz wunderbarer Schleusenöffner ist. Bier hilft, aus sich herauszugehen. Bier hilft, sich von eben jener Seite zu zeigen, die irgendwie auch zu einem gehört, die nur im Alltag meist still sein muss. Weil man zwar immer alles denken darf, aber nicht immer alles sagen. Für Bedenkenträger mag das primitiv klingen. Dabei ist es nichts weiter als Turbo-Katharsis. Und auch nach den Spielen verfügt Bier über den reinen Geschmackseffekt hinaus eine Funktionszulage.
Verliert die Mannschaft des Herzens, muss der Frust weggespült werden. Gewinnt die Mannschaft des Herzens, muss der Sieg gefeiert werden. Bei Unentschieden gilt es, operativ zu entscheiden. Notfalls ist allein das allerdings Grund genug, sich einen hinter die Binde zu kippen. Wer entscheidet sich schon gern?
Auch bei den Spielern eher unbeliebt: Niederlagen. Die zumeist auch schwer zu akzeptieren sind. Ein bisschen leichter geht’s allerdings, wenn man zumindest weiß, weshalb und woran man gescheitert ist. Insofern darf man sich die Jungs des ASC Schöppingen aus der Kreisliga A, Ahaus, als Optimisten denken. Und als schonungslose Verfechter der Wahrheit. Denn deren 2:4-Niederlage beim ASV Ellewick-Crosewick war schnell erklärt:
»Dieses Spiel haben wir gestern Abend verloren. Gerade in der Schlussphase hat jedes Bier zu viel richtig wehgetan«, sagte Trainer Simon A. und fügte angesichts von vier Gegentoren in den letzten 17 Minuten des Spiels an: »Wir wissen, woran es liegt.«
Immerhin kein Filmriss.
Unfaire Sieger
Fairplay. Klingt gut. Wer will denn nicht als edler Sportsmann gelten? Wer will nicht alles in Grund und Boden dominieren und dabei ganz ohne Regelverstoß auskommen? Denn wer es nicht nötig hat, die Regeln zu brechen, zeigt Stärke. Wer im Gegensatz darauf angewiesen ist, gegen die Regeln zu handeln, hat schlicht und einfach nicht das Rüstzeug, das Spiel im Sinne seiner Erfinder zu betreiben. Oder kurzum: Die Gelbe Karte sieht nur, wer nicht hinterherkommt, niemals der, der den Ball durch sauberes Stellungsspiel und geschicktes Tackling gewonnen hat. Es sei denn, die Verbände dieser Welt beschließen irgendwann einmal die Gelbe Karte wegen geil. Bis dahin bleibt das Foulspiel ein Zeichen von Schwäche.
Und wer beständig in Unterzahl spielt, wird es auf Dauer schwer haben, siegreich zu sein. Will man meinen. Doch die zweite Mannschaft des DJK München Pasing belehrte die Welt und die Kreisklasse 3, München, einst eines Besseren und stand als Aufsteiger und mit elf Punkten nach neun Spieltagen ganz passabel da – dafür, dass man in diesen neun Spielen glatte sieben Platzverweise kassiert hatte. Frei nach der guten, alten Pasinger Weisheit: Zehn Freunde müsst ihr sein.
Und ein Platzverweis.
Ich bin dann mal weg
Es gibt diese Momente, in denen man einfach nur noch weg will. Wenn man beim Kaffekränzchen bei den Schwiegereltern ohne Absicht ins Fettnäpfchen getreten ist, weil man sich über die hässliche Skulptur in Nachbars Garten lustig gemacht hat, natürlich ganz ohne zu ahnen, dass besagtes Kunstwerk aus den motivierten, in ungezählten Volkshochschulkurs-Stunden geschulten Händen der Schwiegermutter in spe stammt und ihren Selbstfindungsprozess als Frau beschreibt.
Wenn man in der Uni und vor dem bis auf den letzten Platz gefüllten Seminar ein Referat hält und stolz dieses eine Fremdwort benutzt, von dem man sich eigentlich immer ganz sicher war, zu wissen, was es bedeutet, nur um jetzt, vor den Freunden und dieser einen, der schönsten Kommilitonin ausgerechnet vom beisitzenden Professor zu erfahren, dass eben jenes Fremdwort leider eine ganz andere Bedeutung habe und eher in der Intimhygiene zu verorten sei und nicht etwa im gesellschaftlichen Kontext königlicher Herrscha shäuser des Mittelalters.
Aber Größe zeigt man ja generell selten, wenn alles in Richtung Jackpot läuft. Größe zeigt man im Angesicht der Niederlage. Wenn einem der Sturm durch den vermeintlich schützenden Schirm Hagelkörner ins Gesicht schleudert. Wenn einem der Kuckuck für die Zwangsräumung schon an der Stirn klebt. Oder wenn man zur Halbzeit mit 1:6 zurückliegt und einfach keinen Bock mehr hat, sich für die »Flaschen leer« vor sich in den Dreck zu werfen. Insofern: Halleluja, Chris D., Torwart und Kapitän des SC Rot-Weiss Singen.
Der hatte im Spiel der Kreisliga B, Bodensee, gegen den FC Öhningen-Gaienhofen bereits nach 45 Minuten genug gesehen, seine Sachen und die Siebenmeilenstiefel gepackt und sich Richtung schützender vier Wände verabschiedet. Blöd für die Mannschaftskameraden, dass die angesichts des spielerischen Offenbarungseides zu dem Zeitpunkt bereits dreimal gewechselt hatten und den Rest der Partie zu zehnt bestreiten mussten. Aber wer Zeichen setzen will, muss Kollateralschäden einfach in Kauf nehmen. Denn Größe zeigt man auch, indem man einfach nur mal eben sagt: Macht euren Scheiß doch alleine! Wenn man einfach nur noch weg will, und dann einfach nur noch weg ist.
Die goldene Klobürste
Floskeln genießen zuweilen einen eher zweifelhaften Ruf. Oftmals zu Unrecht! Denn Floskeln sind am Ende aller Lebenserfahrung doch zumeist nichts anderes als Kurzformeln tradierter und bewährter Muster. So auch im Fußball. Wenn Trainer vor Spielen darauf hinweisen, ihre Mannschaft müsse vor dem Duell gegen den »sehr, sehr starken Gegner« aber wirklich mal »alles raushauen«, dann ist das eine Floskel, aber eben auch: die Wahrheit.
Und so ist es ist eine der größten Binsenweisheiten des Fußballs und doch stets aufs Neue aktuell: Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß. In diesem Sinne geht eine »Goldene Klobürste« zur Karmareinigung an Jonas A., Innenverteidiger des TSV Künzell II aus der Kreisoberliga Fulda Mitte. Dessen Bewerbungsschreiben so knapp wie überzeugend war. Denn im Spiel gegen die SG Steinau 08 gelangen dem Preisträger mal eben saftige drei Eigentore. In einer Halbzeit. Bei einem Endstand von 1:3. Da bleiben keine Wünsche offen.
A. nahm es gelassen und ließ verlauten: »Ich stand dann auf dem Platz und musste selbst erst einmal lachen. Wenn ich da nicht drüber schmunzeln würde, könnte ich mit dem Fußballspielen aufhören.« Ein wenig wurmte ihn das Geschehene dann aber doch. Denn zu diesem Zeitpunkt stand er insgesamt bei vier Eigen- und zwei »regulären« Toren, so dass das Ziel klar und eindeutig umrissen war: »Also auf die Null muss ich noch kommen.« Was man so sagt als Sieger der »Goldenen Klobürste«. Und was ihm dann auch gelungen ist.
Man muss eben nur dran glauben, dann belohnt einen der Fußballgott irgendwann ganz automatisch. Was keine Floskel ist. Sondern ein Naturgesetz.
Dings-Bums
Aus der Reihe »Wahnsinnig primitiv, also sehr, aber irgendwie, kann man sich jetzt auch nicht helfen, manchmal ist es dann eben doch sehr, sehr lustig« hier eine Wortmeldung zu einem Liveticker leider unbekannten Ursprungs:
»76. Minute: Tor durch Bastian K.: Gepusht durch die Anwesenheit seiner Perle bumst er die Kugel in das Loch.«
Oh, du schöner Platzverweis
Ein einziger Tag hätte noch gefehlt, und die Jungs vom SV Komet Pennigbüttel wären exakt ein Jahr lang ungeschlagen