Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von Kleist. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heinrich von Kleist
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027220526
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Sylvester, eine Nachricht hab ich dir

       Zu sagen von Jerome.

      SYLVESTER: Er, er ist

       Hinüber – (Er wendet sich.) ich weiß alles.

      GERTRUDE: Weißt dus? Nun

       Was sagst du?

      SYLVESTER: Wenig will ich sagen. Ist

       Theistin noch nicht zurück?

      GERTRUDE: So willst du nun

       Den Krieg beginnen?

      SYLVESTER: Kenn ich doch den Feind.

      GERTRUDE:

       Nun freilich wie die Sachen stehn, so mußt

       Dus wohl. Hat er den Vetter hingerichtet,

       Der schuldlos war, so wird er dich nicht schonen.

       Die Zweige abzuhaun des ganzen Stammes,

       Das ist sein überlegter Plan, damit

       Das Mark ihm seinen Wipfel höher treibe.

      SYLVESTER:

       Den Edelen, der nicht einmal als Herold

       Gekommen, der als Freund nur das Geschäft

       Betrieb des Friedens, preiszugeben – ihn Um sich an mir zu rächen, preiszugeben Dem Volke. –

      GERTRUDE: Nun doch, endlich wirst du ihn

       Nicht mehr verkennen?

      SYLVESTER: Ihn hab ich verkannt,

       Jeronimus – hab ihn der Mitschuld heute

       Geziehen, der sich heut für mich geopfert.

       Denn wohl geahndet hat es ihm – mich hielt

       Er ab, und ging doch selbst nach Rossitz, der

       Nicht sichrer war, als ich. –

      GERTRUDE: Konnt er denn anders?

       Denn weil du Rupert stets mit blinder Neigung

       Hast freigesprochen, ja sogar gezürnt,

       Wenn man es nur gewagt ihm zu mißtraun,

       So mußt er freilich zu ihm gehen. –

      SYLVESTER: Nun,

       Beruhge dich – fortan kein anderes

       Gefühl als nur der Rache will ich kennen,

       Und wie ich duldend, einer Wolke gleich

       Ihm lange überm Haupt geschwebt, so fahr

       Ich einem Blitze gleich jetzt über ihn.

      THEISTINER (tritt auf):

       Hier bin ich wieder, Herr, von meinem Zuge,

       Und bringe gleich die fünf Vasallen mit.

      SYLVESTER (wendet sich schnell):

       Wo sind sie?

      THEISTINER: Unten in dem Saale. Drei,

       Der Manso, Vitina, Paratzin, haben

       Auf ihren Kopf ein dreißig Männer gleich

       Nach Warwand mitgebracht.

      SYLVESTER: Ein dreißig Männer?

       – Ein ungesprochner Wunsch ist mir erfüllt.

       – Laßt mich allein ihr Weiber.

       (Die Weiber ab.) Wenn sie so

       Ergeben sich erweisen, sind sie wohl

       Gestimmt, daß man sie schleunig brauchen kann?

      THEISTINER:

       Wie den gespannten Bogen, Herr; der Mord

       Jeromes hat ganz wütend sie gemacht.

      SYLVESTER:

       So wollen wir die Witterung benutzen.

       Er will nach meinem Haupte greifen, will

       Es – nun, so greif ich schnell nach seinem. Dreißig

       Sagst du, sind eben eingerückt, ein Zwanzig

       Bring ich zusammen, das ist mit dem Geiste,

       Der mit uns geht, ein Heer – Theistin, was meinst du?

       Noch diese Nacht will ich nach Rossitz.

      THEISTINER: Herr,

       Gib mir ein Funfzehn von dem Trupp, spreng ich

       Die Tore selbst und öffne dir den Weg.

       Ich kenn das Nest als wärs ein Dachsloch – noch

       Erwarten sie von uns nichts Böses, ich

       Beschwörs, die sieben Bürger halten Wache

       Noch, wie in Friedenszeiten.

      SYLVESTER: So bleibts dabei:

       Du nimmst den Vortrab. Wenn es finster, brechen

       Wir auf. Den ersten Zugang überrumpelst

       Du, selber folg ich auf dem Fuße, bei

       Jeromes Leiche sehen wir uns wieder.

       Ich will ihm eine Totenfeier halten,

       Und Rossitz soll wie Fackeln sie beleuchten.

       Nun fort zu den Vasallen.

      (Beide ab.)

      Dritte Szene

       Inhaltsverzeichnis

       Bauernküche. Barnabe am Herd. Sie rührt einen Kessel, der über Feuer steht.

      BARNABE:

       Zuerst dem Vater:

       Ruh in der Gruft: daß ihm ein Frevlerarm nicht

       Über das Feld trage die Knochen umher.

       Leichtes Erstehn: daß er hoch jauchzend das Haupt

       Dränge durchs Grab, wenn die Posaune ihm ruft.

       Ewiges Glück: daß sich die Pforte ihm weit

       Öffne, des Lichts Glanzstrom entgegen ihm wog.

      URSULA (außerhalb der Szene):

       Barnabe! Barnabe!

       Rührst du den Kessel?

      BARNABE: Ja doch, ja, mit beiden Händen;

       Ich wollt ich könnt die Füß auch brauchen.

      URSULA: Aber

       Du sprichst nicht die drei Wünsche. –

      BARNABE: Nun, das gesteh ich!

       Wenn unser Herrgott taub, wie du, so hilft

       Es alles nichts. – Dann der Mutter:

       Alles Gedeihn: daß ihr die Landhexe nicht

       Giftigen Blicks töte das Kalb in der Kuh.

       Heil an dem Leibe: daß ihr der Krebs mit dem Blut-

       Läppchen im Schutt schwinde geschwinde dahin.

       Leben im Tod: daß ihr kein Teufel die Zung

       Strecke heraus, wenn sie an Gott sich empfiehlt.

       Nun für mich:

       Freuden vollauf: daß mich ein stattlicher Mann

       Ziehe mit Kraft kühn ins hochzeitliche Bett.

       Gnädiger Schmerz: daß sich –

      URSULA:

       Barnabe! Böses Mädel! Hast den Blumenstaub

       Vergessen und die Wolfkrautskeime.

      BARNABE: Nein

       Doch, nein, 's ist alles schon hinein. Der Brei

       Ist dick, daß schon die Kelle stehet.

      URSULA: