Obschon nun diese Gerüchte in Umlauf waren und alle Dinge zu oberst und unterst gekehrt waren, so stand ich gleichwohl von meinem Vorhaben nicht ab, sondern setzte meine Reise zu Deiner Gottesfurcht fort. Und ich that Dieß um so lieber, weil ich zuversichtlich glaubte, daß das gegen den Willen Deiner Gottesfurcht geschah und, wenn Deine Menschenfreundlichkeit von dem Vorgefallenen Kenntniß erhielte, sie für die Zukunft dergleichen verhindern würde. Denn es könne ja ein gottesfürchtiger Kaiser nicht wollen, daß Bischöfe verbannt, Jungfrauen entblößt oder überhaupt Kirchen in Verwirrung gesetzt werden. Aber während uns das im Sinne lag und wir die Reise fortsetzten, sieh, da kam uns noch eine dritte Nachricht zu, es sei den Tyrannen in Auxumis der schriftliche Auftrag zugegangen, den Bischof Frumentius von Auxumis von dort abzuführen und nach mir bis ins Land der Barbaren zu forschen und mich zu den sogenannten Commentarien46 der Eparchen zu senden, und es würden alle Laien und Kleriker gezwungen, mit der arianischen Häresie in Gemeinschaft zu treten, und die Widerspenstigen würden getödtet. Daß aber das nicht bloß ein ausgesprengtes Gerücht war, sondern durch die That selbst bestätigt wurde, ersieh, wenn Deiner Menschenfreundlichkeit es genehm ist, auch aus diesem Briefe. Denn diesen haben sie beständig vorgelesen und Jedermann mit dem Tode bedroht.
30.
Abschrift des Briefes:
Der siegreiche Constantius, der größte durchlauchtigste Kaiser, an die Alexandriner.
Die Stadt hat die väterliche Sitte bewahrend und der Tugend ihrer Gründer eingedenk sich ihrer Gewohnheit gemäß auch jetzt willfährig gezeigt. Wir aber würden, wenn wir an Wohlwollen gegen euere Stadt es dem Alexander47 nicht zuvorthäten, uns nicht eine geringe Schuld aufzuladen glauben. Wie es aber der Bescheidenheit eigen ist, sich in Allem anständig zu betragen, so kommt es der kaiserlichen Würde zu, gestattet es, zu sagen, vor Allem euere Tugend hoch zu achten, weil ihr zuerst als Lehrer der Weisheit aufgestanden und den wahren Gott erkannt habt. Auch habt ihr die ausgezeichnetsten Lehrer gewählt und unserm Beschluß gerne euch gefügt, indem ihr jene Betrüger und Lügner von euch wieset und jenen ausserordentlich ehrwürdigen Männern in gebührender Weise euch anschlosset. Denn ist selbst unter denen, die in den entferntesten Gegenden wohnen, Jemand, der nicht wüßte, welche Parteibestrebungen sich geltend machten? Wir wissen nicht, welche Ereignisse man damit vergleichen soll. Die meisten Einwohner der Stadt waren verblendet. Ein Mann hatte Macht, der aus dem tiefsten Abgrunde sich erhob und gleichsam in der Finsterniß die, welche nach der Wahrheit verlangten, in die Lüge verstrickte, der niemals eine fruchtbare Lehre darbot, sondern durch Gaukeleien und auf andere Weise die Seelen verführte. Die Schmeichler schrieen und klatschten und geriethen in Entzücken und murren wohl auch jetzt noch im Stillen. Und die Mehrzahl der Einfältigen ließ sich von ihnen am Gängelbande führen. Man ließ sich fortreissen wie bei einer Überschwemmung und kümmerte sich um ganz und gar Nichts. Es stand an der Spitze des Volkes ein Mann, welcher sich, ich kann es nicht besser ausdrücken, in Nichts von einem gemeinen Handwerker unterschied, und der der Stadt nur soweit zu Hilfe kam, daß er ihre Einwohner nicht in Abgründe stürzte. Aber der edle ausgezeichnete Mann wartete nicht einmal den über ihn zu fällenden Urtheilsspruch ab, indem er sich mit Recht zur Verbannung verurtheilte. Seine Beseitigung ist selbst ein Gewinn für die Barbaren, damit er nicht Einige zur Gottlosigkeit berede, indem er wie ein Schauspieler vor denen, welche ihm gerade zuerst begegnen, seinen Jammerruf erhebt. Ihm nun wollen wir mit aller Entschiedenheit den Rücken kehren. Euch aber kann ich nur mit Wenigen auf eine Stufe setzen oder muß vielmehr euch allein vor den Übrigen hochachten, da ihr so sehr durch Tugend und Verstand euch hervorthut, als euere Thaten es verkünden, die fast auf der ganzen Erde gepriesen werden. Glück auf wegen euerer Besonnenheit! Möchte ich noch einmal so viele Boten vernehmen, die wiederholt euere Thaten erzählen und in den Himmel erheben! Euere Vorfahren überragt ihr an Hochherzigkeit, und den Zeitgenossen und der Nachwelt werdet ihr ein gutes Beispiel geben. Und allein habt ihr zum Führer euerer gewöhnlichen Worte und Thaten den vollkommensten Mann gewählt. Ohne einen Augenblick zu zaudern, habt ihr mit mannhaftem Entschluß die bisherige Richtung verlassen und euch den Übrigen angeschlossen, seid von diesen niedrigen irdischen Dingen zu den himmlischen geeilt, indem der ehrwürdige Georgius euch zu denselben hinleitet, ein Mann, der mehr als irgend Einer hierin gewandt ist, mit dessen Hilfe ihr auch das spätere Leben mit guter Hoffnung zubringen und gegenwärtige ohne Beschwerde führen werdet. Mögen aber alle Einwohner der Stadt mit einander an sein Wort wie an einen heiligen Anker sich anklammern, damit es nicht nöthig werde, zum Schneiden und Brennen bei denen zu greifen, deren Seelen vom Verderben angesteckt sind. Diese ermahnen wir nachdrücklich, ihrer Anhänglichkeit an Athanasius zu entsagen und nicht mehr an jene übermässige Geschwätzigkeit zu denken. Ausserdem werden sie, ohne es zu ahnen, in den größten Gefahren schweben, und wir wissen nicht, ob ein noch so tüchtiger Mann die Aufrührer aus denselben retten wird. Denn es ist widersinnig, daß der verruchte Athanasius von einem Lande zum andern vertrieben werde, da er der größten Schandthaten überführt ist, so daß man ihn nicht, wie er es verdiente, strafen könnte, selbst wenn man ihn zehnmal des Lebens beraubte, daß man aber seinen Schmeichlern und Trabanten, Landstreichern und Leuten, daß es eine Schande ist, sie zu nennen, ihren Übermuth hingehen lasse, deren Hinrichtung man den Richtern längst befohlen hat. Und vielleicht wird ihnen der Tod noch zu Theil werden, wenn sie die früheren Verirrungen nicht aufgeben und sich nicht, wenn auch spät, eines Andern besinnen. Das Haupt dieser Leute war der lasterhafte Athanasius, der sowohl das Gemeinwesen schädigte als auch an die heiligsten Männer seine gottlosen und verruchten Hände legte.
31.
Was aber in Betreff des Frumentius, des Bischofs von Auxumis,48 an die dortigen Tyrannen geschrieben wurde, ist Folgendes.
Der Sieger Constantius, der große Kaiser, an Äzanas und Sazanas. Daß der Höchste erkannt werde, liegt uns sehr am Herzen und macht uns große Sorgen. Denn man muß, glaube ich, dem gemeinsamen Menschengeschlecht in diesen Dingen die gleiche Fürsorge widmen, damit sie ihr Leben in Hoffnung hinbringen, indem sie eine solche Kenntniß von Gott haben und in der Untersuchung der Gerechtigkeit und Wahrheit in Nichts von einander abweichen. Die nämliche Fürsorge widmen wir nun auch euch, theilen euch das Nämliche wie den Römern mit und befehlen, daß in eueren Kirchen eine und dieselbe Lehre wie bei ihnen Geltung habe. Sendet also den Bischof Frumentius schleunigst nach Ägypten zum ehrwürdigen Bischof Georgius und zu den übrigen Bischöfen in Ägypten, die zur Wahl und zum Urtheilsspruch in solchen Dingen vorzugsweise berechtigt sind. Denn ihr wißt ja und erinnert euch, wenn ihr euch nicht etwa gar stellt, als ob ihr allein das nicht wüßtet, was von Allen zugestanden wird, daß dieser Frumentius von Athanasius zu diesem Rang im Leben erhoben worden, der mit unzähligen Lastern behaftet ist, so daß er, da er keine von den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen mit Recht widerlegen konnte, sogleich seinen Bischofssitz verloren hat und aus der ganzen Welt vertrieben herumirrt und von einem Lande zum andern wandert, als ob er so seiner Lasterhaftigkeit entrinnen wollte. Sollte nun Frumentius freiwillig sich fügen und über alle Umstände seiner Erhebung Rechenschaft geben, so wird Allen einleuchten, daß er mit den kirchlichen Gesetzen und dem herrschenden Glauben in keinem Widerspruch steht. Hat er sich aber dem Richterspruch unterworfen, sein ganzes Leben der Untersuchung unterzogen und vor den zuständigen Richtern darüber Rechenschaft gegeben, so wird er von ihnen eingesetzt werden, wenn er für einen wahren rechtmässigen Bischof gehalten werden will. Sollte er aber Anstand nehmen und dem Urtheilsspruch sich zu entziehen suchen, dann ist es wohl klar, daß er durch die Reden des lasterhaften Athanasius verleitet über die Gottheit gottlose Ansichten hat, und in einer solchen Geistesrichtung sich befindet, wie sie jenem Lasterhaften nachgewiesen ist. Und es ist zu fürchten, er möchte nach Auxumis kommen und euere Leute verführen, indem er frevelhafte und gottlose Reden führt und nicht bloß in den Kirchen Verwirrung und Aufruhr stiftet und den Höchsten lästert, sondern auch den ganzen Volksstarnm dadurch in eine vollständige Umwälzung und Auflösung stürzt. Wir sind überzeugt, daß er seine Kenntnisse erweitern und aus dem Umgang mit dem ehrwürdigen Georgius und den Übrigen, die hierin einen gründlichen Unterricht zu ertheilen verstehen, einen großen gemeinsamen Nutzen ziehen, in der Kenntniß aller kirchlichen Dinge den höchsten Gipfel erreichen und so wieder an seinen bisherigen Sitz zurückkehren