Die Leuenhofer. Ida Bindschedler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ida Bindschedler
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788726614886
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–.

      Die Buben und Mädchen langten am Gartentor an, rissen es auf, stürmten über den Kiesplatz zum Seitenweg. Da – auf den Pappdeckeln stand unentwegt noch die ganze epirotische Armee, Pyrrhus auf seinem Schimmel, umgeben vom Generalstab. Aber die Elefanten waren verschwunden. Nur einzelne Trümmer der Kriegstürmchen und ein paar Bogenschützen lagen zwischen den Armeeabteilungen.

      Bestürzt standen die Kinder da.

      „Wir müssen sie suchen!“ sagte Arnold Zwickel. „Wir finden sie schon, Sie laufen nie weit fort.“ Er fuhr mit den Händen in die Buxeinfassung, der den Kiesweg vom Rasen trennte. Imbach und Grossberger, Sara und Marie Hug machten sich daran, den Rasen links und rechts zu durchsuchen.

      „Nun, sucht! Sucht doch auch!“ rief Sara den andern zu, die im Wege stehen geblieben waren.

      „Ja – wir müssen eigentlich heim“, erwiderten die.

      „Heim – jetzt kann niemand heim; jetzt müssen wir die Schildkröten suchen.“

      „Der Imbach und der Grossberger und der Adorf sollen suchen. Sie haben das Spiel ausgedacht.“

      „Aber mitgemacht habt ihr auch!“ rief Paul Grossberger aufgebracht herüber. „Das ist überhaupt fein, das, sich so herauszuziehen, wenn etwas begegnet.“

      Es wäre jetzt der schönste Streit entstanden, wenn nicht der Grossvater Zwickel daher gekommen wäre mit seiner Hacke über der Schulter. Er hatte die ganze Zeit hinten im Gemüsegarten gearbeitet und wollte jetzt Feierabend machen. „Ja, seid ihr noch da!“ sagte er erstaunt. „Jetzt packt aber euer Soldatenzeug zusammen und tut die ,Elefanten‘ in ihren Stall. Und ihr dort, kommt mir aus dem Rasen heraus! Arnold!“

      „Wir – wir suchen die Schildkröten“, stotterte Arnold und stieg langsam aus dem Rasen. „Wir waren – wir waren ein wenig fort, weil“ – er stockte bei jedem Wort und hob abwehrend den Ellbogen; der Grossvater hatte, wenn es darauf ankam, noch eine feste Hand.

      „Ja, weil wir die Soldaten auch sehen wollten“ – nahm jetzt Sara das Wort – „die lebendigen! wissen Sie, Herr Zwickel; es waren gewiss tausend, und ein Hauptmann war dabei auf einem so netten braunen Rösslein; es war hellbraun.“

      Arnold war erleichtert. Bei Sara Wiebold ging das Reden immer wie an einem Rädchen.

      Aber der Grossvater Zwickel unterbrach Sara; es war ihm ganz gleich, ob das Rösslein des Hauptmanns hell oder dunkelbraun gewesen und dass die Blechschüsseln so lustig ausgesehen hätten auf den Tornistern und die Mäntel darüber zu einer Wurst gerollt. –

      Er wollte nur wissen, wo die sieben Schildkröten des Herrn Konzelmann hingekommen seien und zankte die Kinder ganz gehörig wegen ihrer Gedankenlosigkeit. –

      „Hätt ich euch nur nie hereingelassen. Vorwärts! Die Tiere müssen gefunden sein, bevor es dunkelt. Geh um’s Haus herum, Arnold, zu den Portulakbeeten. Oder vielleicht bei der Remise. Vielleicht sind sie gescheiter gewesen als ihr und haben selber ihren Verschlag gesucht?“ –

      Alles suchte; der alte Zwickel am eifrigsten.

      Aber weder im Portulak, noch in den Nelken, weder bei der Remise, noch beim Gartenhäuschen waren die Schildkröten zu finden. Hektor kam auch herzu; er wedelte mit dem Schwanz und sah den alten Zwickel mit seinen klugen Augen an.

      „Die Schildkröten suchen wir“, sagte er zu Hektor. ,,Weisst du vielleicht etwas von den Schildkröten?“

      Hektor sprang an dem alten Zwickel auf; aber reden konnte er halt nicht.

      Man suchte und suchte. Ein über’s andere Mal musste Zwickel die Kinder mahnen, den Rasen nicht so zu zertreten.

      Es fing an zu dämmern. Am Gartentor erschien der Bruder von Gritli Wegmann und die Schwester von Paul Grossberger.

      Heimkommen sollen sie zum Nachtessen. Was sie denn so lang zu tun hätten.

      „Ich muss auch heim, ich auch! Mein Vater wird immer bös, wenn man nicht beim Abendessen ist“, erklärten jetzt die andern Buben und Mädchen.

      „So geht!“ sagte der alte Zwickel. Er war sehr ärgerlich. „Jetzt, wo’s dunkelt, finden wir sie nicht mehr! Ihr habt mir etwas Schönes angestellt. Wenn morgen abend der Herr Konzelmann heimkommt und die Schildkröten sind nicht da. Ich darf gar nicht daran denken; der kommt in einen Zorn! Er ist im stand und kündet mir den Dienst. Wie hat er vor zwei Jahren getan, als der Sturm die Treibhausfenster zerschlug. Geht jetzt! Geht! Ich wollte, ich hätt euch den ganzen Nachmittag nicht gesehn. Ich alter Narr!“

      Die Buben packten verlegen ihre Soldaten zusammen und verliessen Herrn Konzelmanns Garten. Trotz eiligem Gehen wurde doch noch geschwatzt und beraten. Wo die Schildkröten nur hingekommen waren! So langsam wie sie marschierten. Hatte sie am Ende jemand gestohlen?

      „Ja, das könnte wohl sein!“ meinte Sara; dann stand sie einen Augenblick still und klopfte mit der Faust in die Hand; „mir fällt etwas ein. Wie wir die Kriegstürme machten, stand vor dem Garten ein Bub, ein ganz fremder; mit schwarzen Augen. Gewiss hat der die Schildkröten genommen. In einem Buch von meiner Schwester steht, dass solche Buben – man heisst sie Savoyarden – mit Murmeltieren im Land herumziehen und dann gibt man ihnen Geld. Vielleicht wollte der Bub mit den Schildkröten herumreisen. Er hatte so schwarze Augen.“

      Die andern lachten. Was Sara immer alles wusste! Aber gleich wurden sie wieder ernsthaft. Das war doch eine böse Sache. Und der alte Zwickel, der sonst ein so guter Mann war, tat ihnen leid. Sie hätten wirklich nicht weglaufen sollen.

      Am andern Morgen sprangen alle Fünftklässler Arnold entgegen, der spät kam. Hat man sie gefunden? Sag! Sind sie wieder da?“

      Aber Arnold schüttelte betrübt den Kopf. Die ganze Nacht, erzählte er, habe sein Grossvater nicht geschlafen, und vor fünf Uhr schon sei er hinaus in Herrn Konzelmanns Garten und habe gesucht und gesucht. Aber vergebens. Er habe auch in der Nachbarschaft gefragt. Aber niemand habe etwas von den Schildkröten gesehen.

      Herr Schwarzbeck war sehr ungehalten, als er die Geschichte vernahm. Er machte während des ganzen Morgens ein strenges Gesicht.

      Und jetzt waren die Sechstklässler auch böse über die Fünftklässler. Sie hätten noch recht viel von den Soldaten reden wollen und Herrn Schwarzbeck erzählen, und nun dachte alles nur an die dummen Schildkröten.

      In der Pause berieten Martin Imbach, Paul Grossberger und Walter Adorf zusammen. „Es wäre doch schrecklich, wenn der alte Herr Zwickel seine Stelle verlieren würde wegen uns.“

      „Wenn es nur nicht sieben wären“, sagte Walter. „Zwei wüsste ich. Sie gehören meinem Vetter in Amrikon. Wenn er mir sie gäbe gegen eines von meinen Kaninchen. – Am Sonntag könnte ich hingehen.“

      Die drei Buben sahen sich an. Heute war erst Donnerstag. Und bloss zwei, statt sieben.

      „Wenn wir Geld zusammenlegen würden – alle, die mitgemacht haben? – Ich könnte vierzig Rappen bringen. Und du, Imbach? Was kostet wohl eine Schildkröte?“

      „Ja, und wo kann man sie kaufen? Imbach, vielleicht weiss dein Vater es.“

      Eva und Martin Imbachs Vater war Direktor der Baumwollfabrik in Groppen. Er hatte früher grosse Reisen gemacht und wusste viel von fremden Völkern und Tieren. –

      Man teilte Arnold den Plan mit, dass er beim Mittagessen mit seinem Grossvater davon rede. Aber als die Buben ihn vor zwei Uhr wieder beim Wendeltor trafen, erzählte er, der Grossvater habe nichts wissen wollen davon. Es nütze nichts. Der Herr Konzelmann kenne feine Schildkröten genau.

      Er wisse gar nicht, wie er ihm unter die Augen dürfe heut abend. Um sieben Uhr komme er von der Bahn.

      Die Nachmittagsschule verlief ebenso trübselig wie der Vormittag, und auf der Langwiese wollte am Abend unter den Fünftklässlern kein rechtes Spiel entstehen. „In einer Stunde kommt er“, sagte Walter Adorf, als es sechs Uhr schlug. Alle wussten, dass er Herrn Konzelmann meine und stellten sich vor, wie es jetzt dem Grossvater Zwickel immer