„Keine Bange“, sagte Sylvie gleichmütig und biß in ihr Brötchen.
Auch die Mutter setzte sich jetzt an den Frühstückstisch, und während sie aßen, unterhielten sie sich über allerlei.
Aber Frau May war unruhig. „Ob ich nicht doch mal nach Klaudia schauen soll?“ fragte sie endlich.
„Ach, woher denn!“ Sylvie wischte sich den Mund ab und faltete ihre Serviette zusammen. „Klaudia ist doch kein Baby mehr.“
„Das nicht, aber.. “ Frau May unterbrach sich, denn in diesem Augenblick waren Schritte auf der Treppe zu hören. „Klaudia, bist du es? Na endlich! Komm rein, dein Tee wird schon kalt!“
Aber Klaudia erschien nicht auf der Bildfläche. „Tut mir wahnsinnig leid“, rief sie aus der Diele herüber, „ich habe mich ein bißchen verspätet, Mutti! Tschüs, bis später!“
Frau May fuhr hoch. „Du willst ohne Frühstück fort? „Das kommt ja gar nicht in Frage!“
„Ausnahmsweise, Mutti!“
Aber Frau May war nicht bereit, sich Klaudias Ausflüchte anzuhören. Sie sauste in die Diele und erwischte ihre Älteste gerade noch, als sie zur Haustür hinaus wollte. „Hiergeblieben!“ rief sie. „Ohne Frühstück in die Schule! Was sind denn das für neue Sitten?“ Und sie zog Klaudia in die Diele.
Sylvie war aufgestanden und starrte die Schwester mit offenem Mund an.
Klaudia bot tatsächlich einen bemerkenswerten Anblick.
Sie hatte sich die hellen Augenbrauen dunkel nachgestrichen und die Wimpern schwarz getuscht. Damit nicht genug, hatte sie blauen und silbernen Lidschatten aufgelegt und sich die Lippen hellrot angemalt.
„Wie siehst denn du aus?“ rief Frau May entsetzt. „Du bist wohl in den Tuschkasten gefallen?!“
„Nicht die Bohne“, gab Klaudia unerschüttert zurück, „ich habe nichts weiter getan, als meiner natürlichen Schönheit ein bißchen nachzuhelfen!“
Sylvie konnte nicht länger an sich halten, sie platzte laut heraus.
„Du mußt wahnsinnig geworden sein“, sagte die Mutter fassungslos.
„Wieso“, gab Klaudia zurück, „wie kommst du denn darauf? Gefalle ich dir etwa nicht?“
„Ja, weißt du denn nicht, wie du aussiehst?“
„Doch. Ich hab’ ja in den Spiegel geguckt.“ Klaudia packte ihre Schultasche fester und wollte sich möglichst unauffällig zurückziehen.
„Halt, hiergeblieben!“ rief Frau May.
„Aber ich muß doch in die Schule! Es ist höchste Eisenbahn!“
„Stimmt wahrhaftig“, rief Sylvie dazwischen, „also dann … bis heute mittag!“ Und sie wirbelte hinaus.
Klaudia wollte ihr nach.
Frau May hielt sie fest. „Du gehst nicht, ehe du dein Gesicht abgewaschen hast!“
„Aber, Mutti … dann komme ich doch zu spät!“
„Das ist mir in diesem Fall ganz und gar gleichgültig!“
„Und was soll ich sagen?“
„Am besten die Wahrheit! Nein, blieb hier! Da du so uneinsichtig bist, ist es wohl besser, ich bringe dein Gesicht in Ordnung!“
Frau May zerrte Klaudia ins Bad, drehte den Hahn auf und feuchtete den Zipfel eines Handtuches an. Dann machte sie sich daran, die Bemalung abzuwaschen.
Klaudia sträubte sich heftig. „Aua!“ schrie sie. „Wie kannst du nur! Mein Haar wird ganz naß … ich kriege ja Wimperntusche in die Augen … so eine Gemeinheit!“
Aber es nutzte alles nichts, Frau May gab sie nicht eher frei, als bis auch der letzte Rest Farbe verschwunden war.
„Jetzt guck mal in den Spiegel und sag mir, ob du dir nicht selber so besser gefällst!“
„Kann mir schon vorstellen, wie ich aussehe“, schimpfte Klaudia, „wie ein blankgescheuerter Kinderpopo!“
„Klaudia! Was für ein Vergleich!“
„Wenn’s doch wahr ist. Darf ich jetzt endlich gehen?“
„Willst du denn nicht frühstücken?“
„Als wenn dafür noch Zeit wäre!“ brummte Klaudia und ließ sich gerade noch herab, das fertige Pausenbrot in der Schultasche verschwinden zu lassen. „Also dann … bis nachher!“
Die Mutter sah ihr kopfschüttelnd nach.
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