Berliner Polizei von 1945 bis zur Gegenwart. v.-Hinckeldey-Stiftung. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: v.-Hinckeldey-Stiftung
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9788726410495
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über die Waffenausbildung.

      Die Einrichtung einer oder mehrerer Polizeischulen ging auf einen entsprechenden Vorschlag des sowjetischen Kommandanten zurück. Die sowjetische Besatzungsmacht wollte unter allen Umständen für ihren Sektor eine eigene Polizeischule haben, auf die sie unmittelbaren Einfluß nehmen konnte.

      Während die eine Polizeischule in Berlin-Oberschöneweide (Sowjetsektor) in einer ehemaligen Gemeindeschule untergebracht wurde, bezog die zweite die Räume der ehemaligen Polizeisportschule in Berlin-Spandau (britischer Sektor).

      Am 10. November 1945 begann der erste Polizeianwärterlehrgang, der vier Wochen dauerte. Damit war der Grundstein für eine kontinuierliche Aus- und Weiterbildung gelegt.

      Personelle Änderungen an der Polizeispitze

      Die Personalpolitik stand sowohl im Zeichen von politischer Einflußnahme der Besatzungsmächte als auch von Entnazifizierung.

      Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, daß am 11. Januar 1946 Hans Kanig (SPD), der 1933 als Polizeioffizier entlassen worden war, zum kommissarischen Kommandeur der Schutzpolizei ernannt wurde.

      Kommandeur Heinrich hatte Kanig zur Mitarbeit in der Abteilung Erziehung-Unterricht-Sport (EUS) des Kommandos der Schutzpolizei bewegen können. Nun trat er die Nachfolge des ersten Kommandeurs nach dem Zusammenbruch an.

      Nach der 29. Sitzung des Alliierten Kontrollrates am 12. März 1946 bekam der Oberbürgermeister die Anweisung, den Vizepräsidenten der Berliner Polizei, Heinz Kionka, seines Amtes zu entheben, da er von der Direktive 24 des Alliierten Kontrollrates über die Entnazifizierung betroffen war.

      Am 12. Januar 1946 hatte der Alliierte Kontrollrat diese Direktive verabschiedet, die vorsah, eine »Entfernung von Nationalsozialisten und Personen, die den Bestrebungen der Alliierten feindlich gegenüberstehen, aus Ämtern und verantwortlichen Stellungen« durchzusetzen.

      Es war festgestellt worden, daß Kionka während des Krieges in Rumänien für die Gestapo gearbeitet hatte.

      Eine gewaltige Explosion und ihre politischen Folgen

      Am 16. März 1946 ereignete sich auf dem Hof der Polizeikaserne in der Kleinen Alexanderstraße eine gewaltige Explosion, bei der eine Detonation der anderen folgte. Was war geschehen?

      Für zwei Bereitschaften war Dienstsport angesetzt worden. Er fand auf dem Kasernenhof statt, der wüst aussah. Denn dort lagerte viel Munition aller Kaliber, die aus Berlin-Mitte nach Kriegsende zusammengetragen worden war. Ein Teil der eingesetzten Polizeiangehörigen erhielt den Auftrag, den Kasernenhof aufzuräumen.

      Ein Kollege, der durch seine Überheblichkeit auffiel, wollte den herumstehenden Polizeiangehörigen zeigen, wie eine Eierhandgranate funktioniert. Aus Unachtsamkeit entsicherte er die Granate und warf sie dann mitten in die gelagerte Munition. Eine heftige Explosion war die Folge. Den Kollegen flogen die Brocken nur so um die Ohren. Die noch vorhandenen Gebäude stürzten mit großem Getöse ein. Durch die herabfallenden Trümmer wurde unglücklicherweise auch ein unbeteiligter Fußgänger erschlagen.

      Das Kommando der Schutzpolizei mußte in Behelfsräume des ehemaligen Marstalls am Berliner Schloß verlegt werden. Die von sowjetischer Seite eingeleiteten Untersuchungen führten zur vorübergehenden Festnahme des Sportbeauftragten, der die Aufsicht innegehabt hatte, da er der Sabotage verdächtigt wurde.

      Die Explosionskatastrophe war dann Anlaß zu dem Beschluß der Alliierten Kommandantur vom 23. April 1946, die Bereitschaftsinspektion aufzulösen. An ihre Stelle rückten Bezirkswachen, die bei den Polizeiinspektionen Kreuzberg, Steglitz (amerikanischer Sektor), Charlottenburg (britischer Sektor), Wedding, Reinickendorf (französischer Sektor), Lichtenberg, Mitte und Pankow (sowjetischer Sektor) gebildet und denen die Angehörigen der Bereitschaftspolizeiinspektionen zugeteilt wurden.

      Gründung der weiblichen Schutzpolizei

      Auf Verlangen der britischen und sowjetischen sowie mit Billigung der amerikanischen und französischen Besatzungsmächte wurde eine uniformierte weibliche Schutzpolizei (Sollstärke 350) aufgestellt. Da die Schutzpolizei eine bessere Bezahlung und Uniformierung bot sowie die Lebensmittelkarte I gewährte, meldete sich eine Anzahl von Polizeiangestellten zum Übertritt. Sie erhielten zusammen mit den übrigen Bewerberinnen an den beiden Polizeischulen eine sechswöchige Schulung für ihre neue Aufgabe. Die Schutzpolizistinnen wurden während des Tagesdienstes zur Straßenaufsicht herangezogen, vorübergehend erfolgte auch ein Einsatz bei der Verkehrsregelung.

      Frauen arbeiteten zudem bei der Kriminalpolizei, wo sie vor allem bei der Vernehmung von Kindern und weiblichen Jugendlichen eingesetzt wurden.

      Am 1. Dezember 1946 begannen die Verwaltungsdienststellen auf zwanzig Polizeiinspektionen ihre Tätigkeit und führten die Aufgaben der früheren Polizeiämter fort. So konnte am Jahresende 1946 festgestellt werden, daß die Bemühungen um eine Verbesserung der personellen und organisatorischen Situation erfolgreich waren.

      Wiedereinführung von Dienstgraden

      Die Polizisten der Bezirkswachen konnten nur zu besonderen Einsätzen, die über den Rahmen des Reviereinzeldienstes hinausgingen (zum Beispiel bei der Bekämpfung des Schwarzmarktes) herangezogen werden – außerhalb des Inspektionsbereiches auf Anordnung des Kommandos der Schutzpolizei. Beim Einsatz geschlossener Einheiten – Gruppierungen, die rund um die Uhr in Alarmbereitschaft gehalten werden – zeigte es sich, daß die Schutzpolizei auf Dauer ohne ein Dienstgradgefüge nicht auskommen konnte. Das Komitee für öffentliche Sicherheit der Alliierten Kommandantur genehmigte auf entsprechende Vorlagen der Polizeiführung am 16. August 1946 die Wiedereinführung von Dienstgradbezeichnungen bei der Schutzpolizei.

      Mit Wirkung vom 1. September 1946 gab es folgende Dienstgrade: Polizei-Anwärter, Polizei-Wachtmeister, Polizei-Oberwachtmeister, Polizei-Hauptwachtmeister, Unterinspektor der Schutzpolizei ohne Stern, Unterinspektor der Schutzpolizei mit Stern, Inspektor der Schutzpolizei, Oberinspektor der Schutzpolizei, Kommissar der Schutzpolizei, Oberkommissar der Schutzpolizei, Vizekommandeur der Schutzpolizei, Kommandeur der Schutzpolizei.

      Magistrat will politische Verantwortung für die Polizei

      Nicht eindeutig geklärt und damit oftmals auftretender Diskussionsstoff war die Frage, wer für die Polizei verantwortlich war beziehungsweise für welche Bereiche.

      Am 28. Februar 1947 legte die Alliierte Kommandantur fest, daß Ernennungen, Versetzungen oder Entlassungen des Polizeipräsidenten, des Polizeivizepräsidenten, des Kommandeurs der Schutzpolizei, des Leiters der Kriminalpolizei, des Leiters der Präsidialabteilung und der Abteilungsleiter im Polizeipräsidium vorher von den Alliierten Kommandanten bestätigt werden müssen. Außerdem wurden in diesem Befehl Massenentlassungen von Angestellten der Stadt Berlin untersagt, die eine Beeinträchtigung des ordnungsgemäßen Dienstverlaufs zur Folge haben könnten. In einem Gutachten, das die Abteilung für Rechtswesen des Magistrats von Groß-Berlin am 26. März 1947 unter Berufung auf den Befehl der Alliierten über die Neuorganisation der Polizei dem Stadtverordnetenvorsteher zuleitete, wurde die Zuständigkeit des Oberbürgermeisters in Organisationsund Personalfragen der Polizei, insbesondere bei der Ernennung und Entlassung des Polizeipräsidenten, erläutert und abschließend festgestellt, daß die Polizei im Prinzip bereits dem Magistrat unterstellt sei. Diese Feststellung rückte in den nächsten Monaten in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und sollte weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen.

      Polizei unbeliebt

      Die Tätigkeit der Polizei – der Bevölkerung als »Volkspolizei« gepriesen – wurde in der Öffentlichkeit in zunehmendem Maße kritisiert. Sie wurde von der Bevölkerung als »politische« Polizei angesehen, die bespitzelte und politisch Andersdenkende inhaftierte. Polizeipräsident Markgraf sah sich daher am 12. April 1947 veranlaßt, den Gebrauch des Wortes »Volkspolizei« im dienstlichen Verkehr grundsätzlich zu untersagen und zu fordern, statt dessen wieder die amtlichen