werden nur Fischteiche und Vieh) der Bauern von
grundherrlichen Fesseln angesehen werden dürfen, ist recht fraglich. Daß die Gesetzgebung der theokratischen Monarchien als
Ganzes den Effekt der Sicherung des privaten Verkehrs gehabt hat, ist selbstverständlich. Aber wenn Fesseln des
Bodens bestanden, waren sie wohl wesentlich
leiturgisch gewesen. Dagegen schränkten in historischer Zeit – außer für die Amtslehen –
öffentliche Interessen den Bodenverkehr nicht generell ein. Die freie Veräußerlichkeit des
erworbenen Bodenbesitzes setzt der Codex Hammurabi ausdrücklich voraus. Dagegen blieb, wie die Urkunden erkennen lassen, der
ererbte Bodenbesitz zugunsten der Hausgemeinschaft und der Gentilen derart gebunden, daß die (offenbar ursprünglich nicht mögliche) Veräußerung jenen Berechtigten
und dem Veräußerer selbst ein Retraktsrecht gegen Erstattung des von dem Erwerber des Grundstücks geleisteten Preises
nebst Zinsen gab. Dies letztere ist augenscheinlich der gewohnheitsrechtliche Niederschlag einer typischen, auf Beseitigung dieser Retraktsgefahr abzielenden Vertragsabrede, neben welche Verfluchungen des Retrahenten und Konventionalmulten in den Urkunden zu treten pflegen.
Faktisch ist so schließlich aller private Boden frei veräußerlich und frei teilbar geworden. Die Naturalteilung im Erbgang ist – neben zeitweiser Erbengemeinschaft – in den erhaltenen Urkunden die Regel. Flurgemeinschaftserscheinungen sind begreiflicherweise nicht zu konstatieren mit Ausnahme des allgemeinen Stoppel- und Brachweiderechts, über dessen Modalitäten der Codex Hammurabi Bestimmung trifft. Im übrigen sind die Grundstücke individuell abgegrenzt, regelmäßig (offenbar) eingehegt, und die Veräußerung des Landes erfolgt mit genauer Angabe der Grenzen nach Lage, Wegen, Nachbargrundstücken. Die Größe wird dabei teils und regelmäßig nach Flächenmaß, gelegentlich, wie es scheint, nach Aussaat angegeben. (Es kommt auch Kauf nach »modus agri« in dem Sinne vor, daß Abweichungen der wirklichen Größe von dem vorausgesetzten Gehalt nachträglich zu vergüten sind.) Die für Tempelbauzwecke in Assyrien inschriftlich bezeugte Expropriation ist vielleicht (aber nicht notwendig) rechtlicher Ausfluß eines prätendierten königlichen Bodenregals, wenigstens
rühmt sich der König, daß er die aus dem Besitz Gesetzten
entschädigt habe. Daß das durch Kanalanlagen neu gewonnene Land vom König – in Assyrien mit Angabe der Art, wie es zu bebauen ist (z.B. zum Gärtenanpflanzen) – vergeben wurde, legte ja die Annahme eines königlichen Obereigentums an
allem Land an sich nahe (welches vielleicht in Babylon die Form eines göttlichen Bodeneigentums angenommen hatte). Das Land, welches an die von auswärts her verpflanzten Fremdvölker vergeben wurde, war offenbar teils neu zu kanalisierendes Land, teils waren es wohl auch Dienstlehen, deren bisherige Inhaber im Austausch nach auswärts übersiedelt wurden. Verlehnungen von Land und Leibeigenen an verdiente Beamte, königliche Landschenkungen, steuerfreie Wiederverleihung des väterlichen Besitzes an einen Beamten kommen, ebenso wie von jeher in Babylon, auch in Assyrien vor, – regelmäßig aber ist der Beamte des Königs sicher ebenso wie der Tempelbeamte auf Natural
deputate aus den Magazinen und Abgaben angewiesen. Bestanden die Anfänge einer allgemeinen grundherrlich-feudalen Entwicklung des
Staatswesens, so sind sie nicht zur Reife gekommen: der Staat wurde dem Schwerpunkt nach
Beamtenstaat mit, vor allem,
theokratischem Einschlag. Aber es finden sich allerdings die
Elemente grundherrschaftlicher Entwicklung. Freilich: rein
private Grun
dhörigkeit ist
direkt nicht unzweideutig erweislich. Aber in Hammurabis Briefen wird eine Bevölkerungskategorie als militärdienstfrei erwähnt, welche, wohl richtig, als (
königliche) schollenpflichtige Kolonen gedeutet wird. Ob die »Gärtner« oder »Bauern«, welche die Urkunden auf
privaten Gütern sitzend erwähnen, etwas anderes als verehelichte Sklaven sind, ob sie etwa als »rechtlich« schollenfeste, insbesondere auch gegen den Willen ihres Herrn (im Staatsinteresse also) schollenfeste Halbfreie anzusehen sind, ist unsicher. Die
Tempelbauern werden bei Verpachtungen von Tempelland ganz wie die Viehbestände einfach mitverpachtet. Ferner zeigt eine Inschrift aus der Regierung Assarhaddons die königliche Bestätigung einer
privaten Grundherrschaft, welche nach Angabe der Grenzbestimmungen zweifellos ganze Dörfer umfaßt haben muß. Und in den Eroberungsstaaten ist schon in der Zeit des Stadtkönigtums die lehensweise Vergebung von ganzen Städten neben Terrains, später – wie schon erwähnt – Vergebungen von Land und Leuten an verdiente Beamte, und ebenso zweifellos die Konstituierung auch grundherrlicher »
Immunitäten« kraft erblichen, gelegentlich erneuerten Privilegs seitens des Reichskönigs vorgekommen. Der Staat hat sowohl stets einen stark
feudalen Einschlag neben seinem theokratisch-bureaukratischen Grundcharakter behalten, gleichviel ob sich dies bereits in entwickeltem »Kolonat« äußerte. –
Die Grundlagen des Familienlebens sind die der Antike ursprünglich gemeinsamen: die Hausgemeinschaft ist Wirtschaftsgemeinschaft der patriarchalen Familie, und zwar, trotz des naturgemäß häufigen Vorkommens von Erbengemeinschaften, offenbar normalerweise bereits der Kleinfamilie. Die Frau wird von dem Haupt ihrer Familie vergeben, in älterer Zeit einfach verkauft. Ueber die ursprünglich arbiträre Gewalt (Strafgewalt und Verstoßungsrecht) des Mannes treffen die Kontrakte meist Bestimmungen (Reugelder im Fall der Verstoßung usw.); die Nebenfrau, insbesondere das Dazuheiraten der Schwester, findet sich neben der aus dem A.T. bekannten Stellung der »Magd«. Die Herkunft der »legitimen« Ehe aus: kontraktlicher Sicherung der mit einer Ausstattung in die Ehe gegebenen Frau und des Erbrechts ihrer Kinder gegen die ursprünglich schrankenlose Willkür des Mannes, ist auch aus dem Codex Hammurabi noch klar ersichtlich. Die so in den besitzenden Schichten zuerst geschaffene Stellung der »legitimen« Frau generalisierte die Gesetzgebung allmählich als die allein sittliche. Die sumerischen Könige (Gudea) verbieten den gemeinsamen Erwerb einer Frau durch mehrere Männer und verfolgen mit furchtbarer Härte den Ehebruch (scil.: der Frau). Weit entgegenkommender gegen die Frau ist schon Hammurabis Gesetz (Scheidungsrecht der Frau, Bußen bei Verstoßung). Ihre Ausstattung besteht in älterer Zeit regelmäßig in Hausgerät, Schmuck, Kleidern und einigen Sklaven (wie noch der Talmud zeigt, nicht nur zu ihrer persönlichen Bedienung, sondern auch: um ihr die Pflicht zur Bedienung des Mannes abzunehmen), ebenso finden sich später, mit der Abnahme der militärischen Bedeutung des Bodenbesitzes, Grundstücke; und im neubabylonischen Recht ist die Mitgiftehe ohne Kaufpreis, aber mit Witwenversorgung, die Regel. Ob der älteste Sohn, wie es nach einigen Spuren scheint, ursprünglich nach dem Tode des Vaters eine Vorzugsstellung und eine Vorzugsquote bei der Teilung erhielt, muß dahingestellt bleiben. Wie in Italien im Mittelalter beginnt mit Entwicklung der Verkehrswirtschaft und Erweiterung des Spielraums des privaten Gütererwerbs das ursprünglich streng patriarchale Hausvermögen als Assoziationskapital der Familienglieder betrachtet zu werden. Unbeschadet der patria potestas gilt doch auch der filius familias in gewissem Sinne als Anteilshaber. Es wird z.B. bei der Adoption, die ein Kauf des Adoptierten von seinen Eltern ist, das Anrecht desselben an das Adoptivvatervermögen kontraktlich, insbesondere für den Verstoßungsfall, festgestellt. Die Adoption selbst, d.h. der Kauf zu Sohnesrecht im Gegensatz zum Sklavenkauf, funktionierte ursprünglich als die primitive Form, in welcher die Hausgemeinschaft sich durch fremde Arbeitskräfte ergänzte. Adoption von Sklaven, Heirat mit Sklavinnen usw. ergeben eine gewisse Flüssigkeit zwischen Freiheit und Unfreiheit in der Hausgemeinschaft, – womit die Gleichbehandlung der filii familias mit den factores und discipuli in den mittelalterlichen Handlungshäusern zu vergleichen ist. Aus den Altenteilsverträgen – Gutsübergabe retento usufructu – entwickeln sich allmählich testamentarische Dispositionen inter liberos. –
Die Sklaven sind in altbabylonischer Zeit nicht sehr zahlreich: – Mitgiften von 1-3 Sklaven überwiegen. Offenbar aber schwoll mit Zunahme des Verkehrs ihre Zahl stetig bis in die Perserzeit, wo der Sklave vom Herrn sehr regelmäßig in geldwirtschaftlicher Form als Rentenquelle (so wie die Obrok-Leute in Rußland und, in ganz anderer Art, die »Leibeigenen« in West- und Süddeutschland bis ins 18. Jahrhundert) ausgenützt wird, und wo wir demgemäß das Sklavenpekulium und die Teilnahme des Sklaven an allen Geschäften, auch das Sich-Freikaufen desselben, sogar Beweisverträge zwischen Sklaven desselben Herrn finden. Die Haussklaven sind auch später – außer beim König und den Tempeln – nicht zahlreich: 4 Sklaven zur Bedienung geben, scheint es, schon einen anständigen bürgerlichen Haushalt. Aber auch die Feld- und Gewerbesklaven dürfen offenbar nicht als eine Unterschicht von allzu großer Breite angesehen werden.
Die königlichen Domänen, auch die an Beamte verliehenen, ebenso die großen babylonischen Tempelgüter und wohl auch