Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: James Fenimore Cooper
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027209774
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und der edle Bullenbeißer zeigte in allem, seinen Mut ausgenommen, keine Spur mehr von dem, was er vordem gewesen. Ein höherer Sprung als die früheren brachte die gewandte und wütende Bestie weit aus dem Bereich des Hundes, der ihr mit einer verzweifelten, aber vergeblichen Anstrengung nachzusetzen suchte, und nun stürzte sie abermals aus einer günstigeren Lage auf den Rücken ihres Feindes nieder. Sie vermochte sich nur einen einzigen Augenblick zu halten, da der Hund in krampfhaftem Ringen seine äußersten Kräfte aufbot. Aber Elisabeth sah jetzt, als Brave seine Zähne wieder in die Seite der Gegnerin schlug, daß das Messinghalsband, das während des ganzen Ringens blank gewesen, sich mit Blut färbte, und unmittelbar darauf sank sein Körper schwerfällig zur Erde, wo er sich ausreckte und hilflos liegen blieb. Es folgten nun mehrere gewaltsame Anstrengungen von Seiten der wilden Katze, sich dem Gebiß des Hundes zu entwinden, die jedoch fruchtlos blieben, bis sich der Bullenbeißer auf den Rücken legte und seine Zähne losließen, worauf kurze Zuckungen und die darauf folgende Stille den Tod des armen Brave anzeigten.

      Elisabeth war nun ganz der Gewalt der Bestie preisgegeben. Man sagt, es liege etwas in dem Antlitz von Gottes Ebenbild, was den Mut aller untergeordneten Geschöpfe einschüchtere; und es konnte scheinen, daß eine solche Gewalt auch in dem gegenwärtigen Augenblick das drohende Äußerste verzögere. Die Augen des Ungeheuers und des knienden Mädchens begegneten sich für einen Moment, worauf das erstere den Kopf senkte, um den gefallenen Feind zu untersuchen und das Junge zu beriechen. Sobald es jedoch des letzteren ansichtig wurde, schossen seine Augen neue Glutblitze; es peitschte sich die Seiten wütend mit dem Schweif, und seine Krallen traten zollang aus den breiten Tatzen hervor.

      Miss Temple wollte oder konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Ihre Hände waren zum Gebet gefaltet, aber ihre Augen ruhten dabei unablässig auf ihrem schrecklichen Feind; ihre Wangen waren weiß wie Marmor und ihre Lippen vor Entsetzen leicht geöffnet. Der Augenblick eines schrecklichen Endes schien nun gekommen zu sein, und Elisabeths schöne Gestalt beugte sich bereits ergeben dem Todesstreich, als ein Rauschen von Blättern hinter ihrem Rücken eher ihr Ohr zu necken als wirkliche Hoffnung zu erwecken schien.

      »Sst! Sst!« ließ sich eine Stimme vernehmen. »Bücken Sie sich tiefer, Mädchen, Ihr Hut verbirgt mir den Kopf der Bestie.«

      Es war mehr ein Nachgeben gegen die gebieterische Macht der Natur als eine Willfährigkeit gegen diese unerwartete Aufforderung, was unsere Heldin veranlaßte, das Haupt auf ihre Brust sinken zu lassen, als sie auf einmal den Knall einer Büchse, das Pfeifen der Kugel und das wütende Heulen der Bestie vernahm, die sich auf der Erde überkugelte, in ihr eigenes Fleisch die Zähne schlug und, soweit ihre Pfoten reichten, Äste und Zweige zerriß. Im nächsten Augenblick eilte Lederstrumpf auf Elisabeth zu, während er laut seinem Hund zurief:

      »Herein, Hektor! Komm her, alter Narr! Solch ein Tier hat ein zähes Leben und könnte wohl wieder aufspringen.«

      Natty blieb furchtlos vor den Frauenzimmern stehen, ohne sich durch die gewaltigen Sätze und den drohenden Anblick der verwundeten Pantherin einschüchtern zu lassen, an der verschiedene Anzeichen die Rückkehr ihrer Kraft und Wildheit verkündeten. Erst als er seine Büchse wieder geladen hatte, näherte er sich dem wütenden Ungetüm, hielt die Mündung seines Gewehrs dicht vor dessen Kopf, und im Nu war durch den Schuß jede Spur des Lebens aus dem Tiers vertilgt.

      Der Tod ihres schrecklichen Feindes erschien Elisabeth wie eine Auferstehung aus ihrem eigenen Grabe. Es lag eine Schwungkraft in dem Geist unserer Heldin, welche sich unter dem Drang der augenblicklichen Gefahr hob, und je näher diese war, desto mehr hatte ihre Natur gekämpft, um ihr mutig ins Auge zu schauen. Gleichwohl war sie ein Weib. Wäre sie in ihrer äußersten Not sich selbst überlassen gewesen, so hätte sie wahrscheinlich alle ihre Seelenkräfte aufgeboten, um die geeigneten Maßregeln zum Schutz ihrer Person zu treffen; aber mit dem Hemmgewicht einer besinnungslosen Freundin war an eine Flucht nicht zu denken. – Ungeachtet des furchtbaren Anblicks ihrer Feindin hatte Elisabeth doch die Augen nie vor deren wütendem Blick abgewendet, und noch lange nach diesem Ereignis kehrten ihre Gedanken oft zu den Gefühlen jenes Augenblicks zurück oder wurde die sanfte Ruhe ihres nächtlichen Schlummers getrübt, wenn ihre rege Phantasie das Ungetüm heraufbeschwor mit allen Bewegungen, in denen sich seine furchtbare Macht gezeigt hatte.

      Wir überlassen es dem Leser, sich auszumalen, wie Luise wieder zu sich kam und wie die beiden Mädchen sich in glühendem Dank gegen ihren Retter vereinigten. Das erstere wurde durch etwas Wasser bewerkstelligt, das Lederstrumpf aus einer der tausend Bergquellen in seiner Mütze herbeibrachte, und das letztere geschah mit aller Wärme, die sich von Elisabeths Charakter erwarten ließ. Natty nahm die ungestümen Dankesäußerungen voll Gutmütigkeit und Nachsicht mit ihrer gegenwärtigen Aufregung, aber auch mit einer Sorglosigkeit hin, die zeigte, wie wenig er sich auf den geleisteten Dienst zugute tat.

      »Nun, nun«, sagte er, »lassen Sie das gut sein; tun Sie mir den Gefallen und sprechen Sie nicht mehr davon, wir können ein andermal darüber reden. Kommen Sie, wir wollen auf die Straße zurückkehren; denn Sie haben Schrecken genug ausgestanden, um sich nach dem Schutz des väterlichen Hauses zu sehnen.«

      Mit diesen Worten führte er die beiden so schnell wie es Luises Schwäche gestaltete, nach der Straße. Als sie dort anlangten, trennten sich die Damen von ihrem Führer, indem sie erklärten, sie könnten jetzt recht wohl ohne seinen Beistand den Rückweg finden, da sie sich durch den Anblick des Dorfes ermutigt fühlten, das im Hintergrund des klaren Sees und des sich dahinschlängelnden Stromes mit seinen hundert weiß getünchten Ziegelschornsteinen wie ein Gemälde vor ihren Füßen lag.

      Wir brauchen dem Leser nicht die Gefühle auszumalen, die nach der Rettung aus so schrecklicher Todesgefahr in den Gemütern der beiden jungen, edelsinnigen und wohlerzogenen Mädchen lebendig waren, als sie schweigend an der Seite des Gebirges ihres Weges zogen; und ebensowenig wollen wir den demütigen Dank schildern, den sie gegen ihren Schöpfer empfanden, der sie in der äußersten Not nicht verlassen hatte. Auch mag der Leser sich selber ausmalen, wie oft sie sich gegenseitig die Hände drückten, wenn die Gewißheit ihrer nunmehrigen Sicherheit wie heilender Balsam ihre geängstigten Seelen beruhigte, sooft ihre Gedanken zu der eben erlebten entsetzlichen Szene zurückkehrten.

      Lederstrumpf blieb auf dem Berg und sah den sich entfernenden Gestalten nach, bis sie in einer Wendung des Pfades verschwanden worauf er seinen Hunden pfiff, die Büchse über die Schulter warf und in den Wald zurückkehrte.

      »Es war allerdings ein schauerlicher Anblick für die beiden jungen Geschöpfe«, sprach Natty, als er zu dem erlegten Tier zurückkehrte »und es hätte wohl eine ältere Frauensperson mit Entsetzen erfüllen können, wenn sie eine Pantherin mit einem toten Jungen an der Seite so ganz in ihrer Nähe gesehen hätte. Ich möchte übrigens wissen, ob ich dem Gewürm schon mit dem ersten Schuß den Garaus gemacht haben würde, wenn ich statt auf den Schädel, auf das Auge gezielt hätte; aber diese Bestien haben ein zähes Leben, und der Schuß war gut, wenn man bedenkt, daß ich nichts als den Kopf und die Schwanzspitze sehen konnte. Ha! wer kommt dort durch den Wald?«

      »Wie geht’s, Natty?« begann Herr Doolittle, indem er aus den Gebüsch trat, und zwar mit einer Geschwindigkeit, die durch den Anblick der in seiner Richtung gesenkten Büchse sehr beschleunigt wurde. »Was? Ihr pflegt an diesem warmen Tag der Jagd? Seht Euch vor, alter Mann, daß Euch nicht das Gesetz zu fassen kriegt.«

      »Das Gesetz, Squire? Ich bin seit vierzig Jahren in gutem Einvernehmen mit dem Gesetz gewesen«, entgegnete Natty, »denn was hat ein Mann, der in der Wildnis lebt, mit den Wegen des Gesetzes zu schaffen?«

      »Vielleicht nicht viel«, erwiderte Hiram, »aber Ihr handelt bis weilen mit Wildbret. Es ist Euch hoffentlich nicht unbekannt, Lederstrumpf, daß ein Antrag durchgegangen ist, laut welchem jedermann der zwischen Januar und August einen Hirsch schießt, fünf Pfund alten Fußes oder zwölf Dollar und fünfzig Cent nach dem Dezimalsystem Strafe zahlen muß. Der Richter sieht darauf, daß dem Gesetz Achtung verschafft werde.«

      »Ich will’s glauben«, versetzte der alte Jäger. »Von einem Mann der so im Lande haushält, läßt sich nicht nur dies, sondern alles andere erwarten.«

      »Das Gesetz gilt ohne Ausnahme, und der Richter ist willens, es durchzuführen