Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: James Fenimore Cooper
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027209774
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nur noch ein Geschäft für einige Müßiggänger. Richard rühmte sich jedoch noch manches Jahr nachher seiner mit der Feldschlange geübten Heldentat, und Benjamin versicherte dabei mit vieler Würde, er glaube, sie hätten an jenem Tage beinahe so viele Tauben getötet wie Rodney bei Gelegenheit seines denkwürdigen Sieges Franzosen.

       Inhaltsverzeichnis

      Helft, Leute helft; hier hängt ein Fisch im Netze,

       wie eines armen Mannes Recht vor dem Gericht.

      Perikles von Tyrus

      Es ging nun mit dem Vorrücken der Jahreszeit ebenso schnell, wie ihr Beginn zögernd und langwierig gewesen war. Eine gleichförmige Milde bezeichnete die Tage, während die allerdings noch kühlen Nächte wenigstens keinen Reif mehr brachten. Der Windfänger ließ seine melancholischen Töne am Ufer des Sees vernehmen, und Sümpfe und Wiesen entsandten die Musik ihrer tausend Bewohner. Das Laub der einheimischen Pappel zitterte in den Wäldern; die Flanken der Berge begannen ihre braune Farbe zu verlieren und vertauschten sie mit dem lieblichen Grün der Laubhölzer, in das sich das dunkle Immergrün der Fichte und Tanne mischte; selbst die Knospen der trägeren Eiche schwollen und verkündeten die Ankunft des Sommers. Die lustige Bachstelze, das gesellige Rotkehlchen, der emsige kleine Zaunkönig belebten die Felder mit ihrer Gegenwart und ihren Gesängen, während der hochfliegende Fischadler bereits über den Wassern des Otsego schwebte und mit angeborener Gefräßigkeit auf das Auftauchen seiner Beute lauerte.

      Die Insassen des Sees waren weit und breit, sowohl um ihrer Menge als um ihrer Qualität willen berühmt, und das Eis war kaum verschwunden, als von den Ufern zahllose kleine Boote abstießen, aus denen der Fischer seine Angelschnur in die innersten Winkel der tiefsten Höhlen warf, um die unvorsichtigen Tiere mit jeder Art Köder, welche menschlicher Scharfsinn erfunden, zu berücken. Aber der langsame, obgleich sichere Versuch mit Schnur und Angel sagte der Ungeduld der verschwenderischen Ansiedler nur wenig zu. Man nahm seine Zuflucht zu verheerenderen Hilfsmitteln, und als die Jahreszeit eintrat, zu welcher das Fischen mit Netzen nach dem von Richter Temple erwirkten Gesetz erlaubt war, erklärte der Sheriff seine Absicht, in der nächsten dunklen Nacht eine solche Belustigung in Person zu leiten.

      »Du sollst auch dabei sein, Bäschen Elisabeth«, fügte er bei, als er sein Vorhaben kundtat, »und auch Miss Grant nebst Herrn Edwards. Da will ich euch zeigen, was fischen heißt; denn das Zupfen, Zupfen und Zupfen, wie es Duke beim Forellenfang tut, kann ich nicht Fischfang nennen. Was will das heißen, wenn man stundenlang in der glühenden Sonne oder vielleicht an den kältesten Wintertagen unter etlichen Büschen vor einem Loch im Eise sitzt, wobei einem noch obendrein all diese Selbstkasteiung nicht einen einzigen Fisch einträgt. Nein, nein, – gebt mir ein gutes, fünfzig oder sechzig Klafter langes Netz mit etlichen lustigen Burschen zu Gehilfen und Benjamin ans Steuer; und ihr werdet sehen, daß wir sie zu Tausenden herausholen. Das nenne ich fischen.«

      »Ach, Dick«, rief Marmaduke, »du weißt nicht, welche ein Vergnügen es ist, die Angelschnur spielen zu lassen, sonst gingest du sparsamer mit diesen Tieren um. Wie oft mußte ich nicht mitansehen, daß du, wenn du eine Nachtpartie auf dem See leitetest, Überreste genug zurückließest, um ein Dutzend ausgehungerter Familien damit sättigen zu können.«

      »Ich will darüber nicht mit dir streiten, Richter Temple. Ich lade die Gesellschaft ein, mich diese Nacht zu begleiten, und dann soll sie zwischen uns beiden entscheiden.«

      Richard war während des ganzen Nachmittags beschäftigt, für sein Vorhaben die geeigneten Vorkehrungen zu treffen. Sobald das Licht der untergehenden Sonne verschwunden war und die Schatten des aufgehenden Mondes über die Erde fielen, setzten sich die Fischer in ein Boot, um nach einer Stelle am westlichen Ufer des Sees zu fahren, die etwas mehr als eine halbe Meile vom Dorf entfernt war. Da das Gestade auf dieser Seite gelichtet und der Boden gut und trocken war, zog Marmaduke – mit seiner Tochter, ihrer Freundin und dem jungen Edwards – einen Spaziergang durch das hohe Gras vor, und so begaben sie sich denn nach dem Abfluß der schönen Wasserfläche, wobei sie das dunkle, über den See hinfahrende Boot im Auge behielten, bis es sich beim Eintritt in die westlichen Berge ihren Blicken entzog. Die Entfernung zu Lande bis zum verabredeten Treffplatz betrug eine Meile.

      »Es ist Zeit, daß wir uns beeilen«, bemerkte Marmaduke. »Der Mond wird hinunter sein, bis wir an Ort und Stelle anlangen, und Dick hat dann vielleicht seine bewundernswürdigen Fischzüge schon begonnen.«

      Der Abend war warm, und nach dem langen und trübseligen Winter, der kaum erst Abschied genommen hatte, wahrhaft entzückend. Die jüngeren Glieder der Gesellschaft folgten, begeistert von der schönen Naturszene und dem erhofften Vergnügen, dem Richter auf dem Fuße, als er sie die Ufer des Otsego entlang durch die Güter der Dörfler führte.

      »Seht!« rief der junge Edwards, »sie zünden bereits ihr Feuer an; es glimmt für einen Augenblick auf und stirbt wieder hin, wie das Licht eines Leuchtkäfers.«

      »Jetzt lodert es auf«, rief Elisabeth. »Man kann die Gestalten sich um das Licht bewegen sehen Oh, ich wollte meine Juwelen gegen Remarkables goldene Halsschnur wetten, daß mein ungeduldiger Vetter Dick beim Anzünden dieser hellen Flamme tätig gewesen ist, – und seht! es sinkt schon wieder zusammen, wie die meisten seiner glänzenden Entwürfe!«

      »Du hasts getroffen, Beß«, versetzte der Vater, »er hat einen Armvoll dürres Reisig zugelegt, das zwar schnell aufbrennt, aber ebenso schnell wieder erlischt. Doch hatte es wenigstens das Gute, daß sie besseren Brennstoff finden konnten; denn ihr Feuer beginnt mit einer stetigen Flamme zu lodern, es gleicht jetzt einer Feuerwarte für Fischerboote; sieh nur, in welchen schönen Lichtkreisen es sich im Wasser spiegelt.«

      Der Anblick des Feuers veranlaßte die Fußgänger zu größerer Eile; denn selbst die Damen brannten vor Begierde, Zeugen des wunderbaren Fischzugs zu sein. Endlich langten sie an dem Rand des Ufers an, der gegen den Punkt, wo die Fischer gelandet waren, abfiel. Die Mondsichel war hinter die Spitzen der westlichen Fichten hinabgesunken, die Mehrzahl der Sterne durch Wolken verdüstert, und so war nirgends ein anderes Licht sichtbar als dasjenige, welches von dem Feuer ausging. Marmadukes Wunsch gemäß machten sie jetzt ein wenig halt, um die unten Befindlichen zu mustern und auf ihre Unterhaltung zu horchen, ehe sie selbst hinabstiegen.

      Die ganze Gruppe war – mit Ausnahme Richards und Benjamins – um das Feuer versammelt. Der erstere saß auf der Wurzel eines morschen Baumstumpfes, den man als Brennmaterial herbeigeschafft hatte, und der letztere stand mit in die Seite gestemmten Armen so nahe an der Flamme, daß der Rauch hin und wieder seine gravitätischen Züge verdunkelte, wenn er, dem Nachtwind, der sanft über das Wasser her wehte, gehorsam, den Holzstoß umwirbelte.

      »Nun ja, sehen Sie, Squire«, sagte der Majordomo, »Sie mögen einen Seefisch, der zwanzig oder dreißig Pfund wiegt, einen gewichtigen Fang nennen; wer aber schon einen schaufelnasigen Haifisch herausgeholt hat, dem muß er im Grunde doch nur als eine Armseligkeit vorkommen.«

      »Ich weiß nicht, Benjamin«, entgegnete der Sheriff, »aber das Heraufziehen von tausend Otsegobarschen, die Hechte, Karpfen, Plattköpfe, Lachsforellen und Saugfische gar nicht mitgezählt, – laßt Euch sagen, so etwas ist gar keine üble Fischerei. Es mag allerdings eine Lust sein, einen Hai zu spießen; aber für was ist er gut, wenn man ihn hat? Dagegen sind die von mir genannten Fische lauter Arten, die man auf eine königliche Tafel bringen könnte.«

      »Nun, Squire«, versetzte Benjamin, »man muß vor allen Dingen die Philosophie einer Sache loshaben. Wäre es vernünftigerweise nur denkbar, daß ein solcher Fisch in diesem Weiher da leben und gefangen werden könnte, wo es kaum tief genug ist, um darin zu ersaufen? Betrachten sie dagegen den weiten Ozean; da weiß doch jedermann – das heißt jedermann, der zur See gewesen ist –, daß er Walfische und Meerschweine enthält, welche so lang sind wie eine der Fichten auf dem Berg.«

      »Gemach, gemach, Benjamin«, sagte der Sheriff, der die Ehre und Glaubwürdigkeit seines Günstlings retten zu wollen schien. »Bedenkt, daß einige der Fichten