Der hinkende Veteran nebst seiner Ehegenossin war an jenem Christabende kaum von der Akademie zurück nach Hause gekommen, als das Stampfen an der Türschwelle bereits die Annäherung von Gästen verkündigte, welche wahrscheinlich diesen Sammelplatz aufsuchten, um ihre Bemerkungen über die Feierlichkeiten, denen sie soeben beigewohnt, auszutauschen.
Die Gaststube des ›Kühnen Dragoners‹ war ein geräumiges Gemach, das an drei Seiten mit Bänken ausgeschlagen war, während die vierte zwei mächtigen Kaminen vorbehalten blieb, welche fast die ganze Wand einnahmen und kaum noch Raum genug für ein paar Türen und einen kleinen Eckverschlag ließen, der durch ein winziges Palisadenwerk von dem übrigen Gelaß getrennt und reichlich mit Flaschen und Gläsern garniert war. An dem Eingang in dieses Heiligtum saß mit würdevoller Miene Frau Hollister, während ihr Gatte mit einem großen Pfahl, der am einen Ende ganz spitzig zugebrannt war, die Holzpflöcke des Feuers nachschob.
»Nun, lieber Sergeant«, sagte die Wirtin, als sie glaubte, der Veteran habe nunmehr das Holz gehörig zurechtgelegt, »leg deine Schürstange beiseite; denn sie ist nicht mehr nötig, indem es jetzt behaglich genug brennt. Auf dem Tisch dort stehen noch die Gläser und der Krug, aus denen der Doktor seinen Zider und sein Ingwerbier trank – dort, gerade bei dem Feuer. Stelle sie in den Verschlag; denn wir kriegen heute abend Besuch von dem Richter, dem Major und Herrn Jones, Benjamin Pump und die Advokaten nicht mitgerechnet. Du mußt daher das Zimmer zeitig herrichten. Setze die beiden Flipwärmer auf die Kohlen und sage Judith, dem faulen, schwarzen Biest, daß ich sie aus dem Haus jagen will, wenn sie die Küche nicht reinhält. Sie kann dann zu den Herren gehen, die das Kaffeehaus halten; ich wünsche ihnen Glück zu dieser Erwerbung. – Ach, Sergeant, man hat es doch gewiß recht gut, wenn man in ein Bethaus gehen darf, wo man ruhig sitzenbleiben kann und nicht nötig hat, so oft niederzuknien und wieder aufzustehen, wie es heute Herr Grant getan.«
»Ein Bethaus kommt einem allezeit zustatten, Frau, mögen wir nun darin stehen oder sitzen oder, wie der gute Herr Whitefield nach einem beschwerlichen Tagemarsch zu tun pflegte, auf die Knie niederfallen und mit aufgehobenen Händen zum Himmel beten, nach dem Beispiele Moses’, als zur Rechten und zur linken seine Scharen standen«, erwiderte Herr Hollister, der mit aller Ruhe die Befehle seiner Gattin ausführte. »Ach, das war ein schönes Treffen, Betty, das die Israeliten damals mit den Amalekitern schlugen. Es scheint, sie fochten in einer Ebene; denn es steht geschrieben, Moses habe die Höhen bestiegen, um den Kampf mitanzusehen und im Gebet zu ringen. Wenn ich mich recht auf die Sache verstehe, so müssen sich die Israeliten hauptsächlich auf ihre Reiterei verlassen haben; denn wir lesen in der Schrift, daß Josua den Feind hauptsächlich mit der Schärfe des Schwertes schlug, woraus ich entnehme, daß nicht nur von Reiterei, sondern auch von wohldisziplinierten Truppen die Rede ist. Es müssen in der Tat ganz ausgesuchte Streiter gewesen sein – wahrscheinlich Freiwillige; denn unexerzierte Dragoner schlagen selten mit der Schärfe des Schwertes zu, zumal wenn ihre Waffe nach Weise der Säbel gekrümmt ist.«
»Pah, Mann! Was wirfst du da wegen einer solchen Kleinigkeit mit Schriftstellen um dich?« unterbrach ihn die Wirtin. »So viel wenigstens ist gewiß, daß der Herr mit ihnen war; denn er hielt es immer mit den Juden, solange sie nicht von ihm abfielen. Es kommt wenig darauf an, was für Leute Josua kommandierte, wenn er es nur im Namen des rechten Befehlshabers tat. Dieselbe verwünschte Miliz, der Herr verzeih mir den Fluch, die sein Tod war, weil sie davonlief, hätte wohl in den alten Zeiten das Feld behaupten können. Ich sehe gar keinen vernünftigen Grund, anzunehmen, daß die Leute exerziert waren.«
»Ich muß sagen, Frau, daß ich unexerzierte Truppen nicht oft so gut habe fechten sehen, wie es der linke Flügel in der von dir erwähnten Zeit tat. Sie hielten schön zusammen, und zwar ohne Trommelschlag, was im Feuer gewiß keine Kleinigkeit ist; auch wichen sie nicht vom Platz, bis er fiel. – Aber die Schrift enthält keine unnötigen Worte, und ich behaupte daher, daß eine Reiterei, welche mit der Schärfe des Schwertes zu schlagen weiß, eine gut disziplinierte sein muß. Es ist schon manche gute Predigt über weit unwichtigere Dinge als über dieses eine Wort gehalten worden. Wenn nicht etwas Besonderes damit gemeint ist, warum steht dann nicht geschrieben mit dem Schwerte, sondern mit der Schärfe des Schwertes? Nun fordert aber ein Schlag mit der Schärfe eine lange Übung. Ach, welch eine schöne Anwendung wüßte nicht Herr Whitefield ans dem einzigen Worte ›Schärfe‹ zu ziehen! Was den Kapitän anbelangt – wenn er nur, als er das Fußvolk sammelte, die Gardedragoner angerufen hätte, sie würden dem Feind gezeigt haben, was die Schärfe eines Schwertes ist; denn obgleich kein eigentlicher Offizier unter ihnen war, so glaube ich doch, sagen zu dürfen« – der Veteran richtete sich bei diesem Wort hoch auf und zog mit der gravitätischen Miene eines Exerziermeisters seine Halsbinde fester – »so glaube ich doch, sagen zu dürfen, daß sie von einem Manne angeführt wurden, der sie trotz des Hohlwegs vorwärtszubringen gewußt hätte.«
»Was hätte er tun sollen?« rief die Wirtin. »Weißt du nicht selbst, Hollister, daß die Bestie, welche er ritt, nicht sonderlich geeignet war, von einem Felsen zum andern zu springen, obgleich sie so rührig war wie ein Eichhörnchen? Doch was nützt es, davon zu reden, da er schon so lange heimgegangen! Ich wollte nur, daß er es erlebt hätte, das wahre Licht zu sehen; aber eine brave Seele, die im Kampf für die Freiheit im Sattel starb, muß doch auch Gnade finden. Wenn sie ihm und so manchem Tapferen, der wie er starb, nur nicht einen so armseligen Grabstein gesetzt hätten! Aber das Schild ist sehr ähnlich, und ich will es erhalten, solange der Schmied noch einen Haken machen kann, um es zu tragen – allen ›Kaffeehäusern‹ zwischen hier und Albany zum Trotz.«
Wir können nicht sagen, auf welche Abschweifungen diese Unterhaltung das würdige Paar noch geführt haben würde, wenn nicht die Männer vor der Tür dem Abstampfen des Schnees von ihren Füßen plötzlich ein Ende gemacht hätten und in die Wirtsstube getreten wären.
Es vergingen zehn oder fünfzehn Minuten, bis sich die verschiedenen Individuen, welche Erbauung geben oder holen wollten, vor den Feuern des ›Kühnen Dragoners‹ niedergelassen und so ziemlich alle Bänke der Gaststube besetzt hatten. Die behaglichste Ecke des Zimmers sowie ein hochlehniges hölzernes Kanapee hatte Doktor Todd mit einem schmutzig aussehenden, schäbig-eleganten jungen Mann eingenommen, der fleißig Tabak schnupfte, einen Rock von ziemlich modischem Schnitt trug und oft eine große silberne Uhr, die an einer Haarkette hing und mit einem silbernen Schlüssel versehen war, herauszog: er schien so ziemlich zwischen den Handwerkern in seiner Nähe und einem wirklichen Mann von Stand die Mitte zu halten.
Mehrere braune Krüge mit Zider oder Bier wurden zwischen die Feuerböcke gesetzt, und unter den Gästen bildeten sich kleine Gruppen, sobald einer einen Vortrag hielt oder die Flüssigkeit