Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: James Fenimore Cooper
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027209774
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sie ihren Arm seinem Griffe entzog – »Magua ward als Häuptling und Krieger unter den rothen Huronen an den Seen geboren; er sah die Sonnen von zwanzig Sommern den Schnee von zwanzig Wintern in die Ströme treiben, ehe er ein Blaßgesicht erblickte, und er war glücklich! Dann kamen seine canadischen Väter in die Wälder und lehrten ihn das Feuerwasser trinken und er ward ein Bösewicht. Die Huronen trieben ihn von den Gräbern seiner Väter, als ob er ein gejagter Büffel wäre. Er rannte zu den Ufern der Seen hinab und verfolgte ihren Ausfluß bis zur »Kanonen-Stadt«. Hier jagte und fischte er, bis das Volk ihn zurück durch die Wälder wieder in die Arme seiner Feinde trieb. Der Häuptling, welcher ein geborner Hurone war, wurde endlich ein Krieger unter den Mohawks!«

      »Ich habe früher so etwas gehört!« sagte Cora, als sie bemerkte, daß er schwieg, um die Leidenschaft zu unterdrücken, die bei der Erinnerung an das vermeintliche Unrecht, das er erlitten, in helle Flammen aufzulodern begann. »Ist es Le Renard’s Schuld, daß sein Haupt nicht aus einem Felsen geschaffen war? Wer gab ihm das Feuerwasser? Wer machte ihn zu einem Bösewicht? Die Blaßgesichter, das Volk Deiner Farbe, thaten es!«

      »Und bin ich verantwortlich dafür, daß es unbesonnene, schlechte Menschen gibt, deren Gesichtsfarbe der meinigen gleicht?« fragte Cora ruhig den aufgeregten Wilden.

      »Nein, Magua ist ein Mann und kein Thor. Solche, wie Du, öffnen nie ihre Lippen dem Feuerstrome: der große Geist hat Dir Weisheit gegeben!«

      »Was habe ich also bei Deinem Unglücke, ich will nicht sagen, bei Deinen Verirrungen zu thun oder darüber zu sagen?«

      »Höre,« wiederholte der Indianer, indem er seine ernste Stellung wieder annahm, »als seine englischen und französischen Väter das Beil aus der Erde gruben, zog Le Renard auf die Vorposten der Mohawks und focht gegen seine eigene Nation. Die Blaßgesichter haben die Rothhäute aus ihrem Jagdgebiet vertrieben, und jetzt, wenn sie kämpfen, führt ein weißer Mann sie an. Der alte Häuptling am Horican, Dein Vater war der große Anführer unserer Kriegspartei. Er sprach zu den Mohawks: thut Dies und thut Jenes, und fand Gehorsam. Er machte ein Gesetz, daß, wenn ein Indianer Feuerwasser trinke und in die Leinwand-Wigwams seiner Krieger komme, es nicht vergessen werden sollte. Magua öffnete thöricht den Mund und das Feuergetränk führte ihn in Munro’s Hütte. Was that der Graukopf? seine Tochter soll es sagen!«

      »Er vergaß seiner Worte nicht, übte Gerechtigkeit und bestrafte den Schuldigen,« sprach das kühne Mädchen.

      »Gerechtigkeit!« wiederholte der Indianer, indem er den grimmigsten Seitenblick auf ihr unerschrockenes Antlitz warf, »ist das Gerechtigkeit, wenn man das Uebel schafft und dann dafür bestraft? Magua war es nicht selbst: das Feuerwasser sprach und handelte für ihn! Aber Munro glaubte es nicht. Der Huronenhäuptling ward vor allen Kriegern mit dem Blaßgesichte gebunden, und wie ein Hund durchpeitscht.«

      Cora schwieg; denn sie wußte nicht, wie sie diese unkluge Strenge ihres Vaters so rechtfertigen sollte, daß es der Fassungskraft eines Indianers angemessen wäre.

      »Sieh!« fuhr Magua fort, indem er den leichten Calico, der seine bemalte Brust nur unvollkommen bedeckte, bei Seite riß: »hier sind Narben von Messern und Kugeln – dieser mag sich ein Krieger vor seiner Nation rühmen; aber der Graukopf hat Spuren auf dem Rücken des Huronenhäuptlings hinterlassen, die er, wie eine Squaw, unter dieser bemalten Leinwand der Weißen verbergen muß.«

      »Ich glaubte,« begann Cora wieder, »der indianische Krieger sey ausdauernd, fühle, kenne nicht den Schmerz, den sein Körper leide.«

      »Als die Chippewas Magua an den Pfahl banden und ihm diese Wunde schlugen,« sprach der Andere, indem er seinen Finger in eine tiefe Narbe legte, »lachte ihnen der Hurone ins Gesicht und sagte: nur Weiber verwunden so leicht! Da war sein Geist in den Wolken! Aber als er Munro’s Streiche fühlte, lag sein Geist unter der Birkenruthe. Der Geist eines Huronen ist nie berauscht; er vergißt Nichts!«

      »Aber er kann besänftigt werden. Wenn mein Vater dir Unrecht that, so zeig’ ihm, wie ein Indianer vergeben kann und bring’ ihm seine Töchter zurück. Du hast von Major Heyward gehört –«

      Magua schüttelte den Kopf und verbot ihr die Anerbietungen zu wiederholen, die er so sehr verachtete.

      »Was willst du also haben?« fuhr Cora nach einer peinvollen Pause fort, indem sich ihr die Ueberzeugung immer mehr aufdrang, daß der zu sanguinische und edelmüthige Duncan durch die Schlauheit des Wilden grausam getäuscht worden sey. »Was ein Hurone liebt. – Gutes für Gutes, Böses für Böses!«

      »So willst du denn das Unrecht, welches Munro dir zugefügt hat, an seinen hülflosen Töchtern rächen? Wäre es nicht männlicher, du trätest ihm vor’s Angesicht, und verschafftest dir als Krieger Genugthuung?«

      »Die Arme der Blaßgesichter sind lang und ihre Messer scharf!« entgegnete der Wilde mit boshaftem Gelächter; »warum sollte Renard unter die Musketen seiner Krieger gehen, wenn er den Geist des Graukopfs unter seinen Händen hat?«

      »Nenne deine Absicht, Magua,« sprach Cora, alle ihre Kräfte aufbietend, um ruhig und standhaft zu bleiben, »Willst du uns als Gefangene in die Wälder schleppen, oder hast du uns noch größeres Uebel zugedacht? Gibt es keine Belohnung, kein Mittel, das Unrecht zu sühnen, und dein Herz zu erweichen? Wenigstens laß meine zarte Schwester los und schütte alle Bosheit über mich aus. Erkaufe dir Reichthum mit ihrer Rettung und sättige deine Rache an Einem Opfer. Der Verlust beider Töchter würde den alten Mann ins Grab bringen, und welche Genugthuung hätte dann Le Renard?«

      »Höre!« sprach der Indianer wieder, »die lichten Augen können zum Horican zurückkehren und dem alten Manne erzählen, was geschehen ist, wenn das schwarzlockige Mädchen bei dem großen Geist seiner Väter schwören will, nicht zu lügen.«

      »Was muß ich versprechen?« fragte Cora, immer noch durch ihre Fassung und weibliche Würde eine geheime Gewalt über den wilden Eingebornen behauptend.

      »Als Magua sein Volk verließ, wurde sein Weib einem andern Häuptling gegeben; er hat sich jetzt Freunde unter den Huronen gemacht und will zu den Gräbern seiner Väter an die Ufer des großen See’s zurückkehren. Die Tochter des englischen Häuptlings soll mit ihm gehen und für immer in seinem Wigwam leben.«

      So empörend auch ein solcher Vorschlag für Cora seyn mußte, so behielt sie doch, trotz ihres mächtigen Abscheus, Selbstbeherrschung genug, um, ohne eine Schwäche zu verrathen, ihm zu antworten:

      »Und welches Vergnügen würde Magua daran finden, seine Hütte mit einem Weibe zu theilen, das er nicht liebt, das einer Nation und Farbe angehört, die von der seinigen verschieden ist? Es wäre besser, er nähme Munro’s Gold und kaufte mit seinen Gaben das Herz eines Huronenmädchens.«

      Der Indianer gab ihr fast eine Minute lang keine Antwort, heftete aber seine wilden Blicke in einer so seltsamen Weise auf Cora’s Antlitz, daß sie vor Scham ihre Augen sinken ließ, die zum erstenmal einem Ausdrucke begegnet waren, den kein keusches Mädchen ertragen kann. Während sie in sich selbst zusammenschrack, fürchtend, ihre Ohren möchten durch einen noch schlimmern Vorschlag verletzt werden, antwortete Magua im Tone der schwärzesten Bosheit:

      »Als die Hiebe den Rücken des Huronen geißelten, wußte er schon, wo er ein Weib finden müßte, die Schmerzen zu büßen. Die Tochter Munro’s sollte sein Wasser schöpfen, sein Kornfeld hacken und sein Wildpret kochen. Der Leib des Graukopfes sollte unter seinen Kanonen schlafen, sein Herz aber unter Le Subtil’s Messer liegen!«

      »Ungeheuer! wohl verdienst du deinen verrätherischen Namen!« rief Cora, hingerissen von dem Gefühle empörter Kindesliebe, »nur ein Teufel konnte solche Rache ersinnen! Aber du überschätzest deine Gewalt! Du sollst finden, daß du wirklich Munro’s Herz unter deinen Händen hast, und daß es deiner äußersten Bosheit Hohn spricht!«

      Der Indianer antwortete auf diesen kühnen Trotz mit einem schrecklichen Hohnlächeln, das seinen unerschütterlichen Entschluß verrieth, und winkte sie hinweg, als wollte er die Unterredung für immer schließen. Cora, die bereits ihre Uebereilung bereute, mußte gehorchen: denn Magua verließ sie sogleich und trat auf seine gefräßigen Gesellen zu. Heyward eilte dem aufgeregten