Monsieur Violet's Reisen und Abenteuer in Californien, Sonora und dem Westen von Texas. Фредерик Марриет. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Фредерик Марриет
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711447680
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an Zahl, konnten also leicht getrieben werden nach dem Osten und Norden in die Länder der Krähen, der Flachköpfe, der Wallah-Wallahs und der Jal-Alla-Pujees (der Calapusen).“

      Ich habe diese Tradition aus Vielen gewählt, da sie, die bildliche Ausschmückung abgerechnet, einen sehr richtigen Leitfaden für die Geschichte der Shoshonen in früheren Perioden zu geben scheint. Sogar der Umstand des Zugeständnisses, dass sie eine Zeit lang Sklaven jener Volksraçe waren, welche die Städte bauten, deren Trümmer noch jetzt Zeugniss ablegen von ihrer Grösse — bildet einen kräftigen Beweis für die Verlässlichkeit der Angabe im Allgemeinen. Auf die gegenwärtigen Shoshonen und ihre Gebräuche werde ich in einem spätern Theile meiner Erzählung zurückkommen

      Fünftes Kapitel.

      Sobald Alles vorbereitet war, erhielt ich meine schliesslichen Weisungen, nebst Briefen an den Gouverneur von Monterey, denen noch ein schwerer Beutel von Dublonen für meine Ausgaben beigefügt war. Ich verabschiedete mich von dem Fürsten und meinem Vater, schiffte mich mit sechs wohlbewaffneten Indianern und dem Padre Marini in einem langen Kanoe auf der Buona-Ventura ein, wurde von der Strömung fortgetragen und verlor bald unsere einsame Ansiedelung aus dem Gesichte.

      Wir mussten dem Strome folgen bis zu den südlichen Seen der Buona Ventura, wo wir unsere Indianer entliessen und uns einigen Halbzucht-Wachinangoes anschlossen, welche in den Prairieen Mustangs, oder wilde Pferde, gefangen hatten und nun mit denselben nach Monterey zürückkehrten.

      Der Ausflug war wunderschön. Der Frühling hatte eben begonnen und beide Flussufer waren mit Immergrün bekleidet; das Gras wuchs üppig und in allen Richtungen sahen wir ungeheure Heerden von Büffeln und wilden Pferden weiden. Bisweilen galoppirte ein edler Hengst mit fliegender Mähne und wehendem Schweife bis an’s Wasser herunter und sah uns nach, als sey er neugierig, unsere Absichten zu erfahren; hatte er uns dann zur Genüge beaugenscheinigt, so kehrte er langsam wieder zurück, aber dennoch von Zeit zu Zeit nach uns hinsehend, wie wenn er doch noch nicht ganz überzeugt wäre, ob uns zu trauen sey.

      In der dritten Nacht lagerten wir an dem Fusse eines Obelisken in der Mitte einiger edlen Ruinen. Sie waren für die Shoshonen ein geheiligter Ort. Ihre Traditionen erzählten ihnen von einer andern Raçe, welche früher hier gelebt hatte, von ihnen aber nach dem Süden getrieben worden war. Dieses letztere Ereigniss muss schon vor Jahrhunderten stattgefunden haben, denn die Hand der Zeit, so mild in diesem Klima, und die Hand des Menschen, wie wenig sie auch hier nach Beute begierig ist, hatte diese Stadt schwer heimgesucht.

      Wir verweilten noch am folgenden Tage an der Stelle, da Padre Marini nach Schnitzwerk oder Hieroglyphen spähen wollte, aus denen er Folgerungen ziehen könnte; aber unsere Bemühungen waren vergeblich und wir konnten nicht länger zögern, da wir fürchteten, die Pferdejäger würden vor unserer Ankunft ihr Lager aufbrechen. Wir nahmen daher unsere Reise wieder auf, und unterwegs erging ich mich mit dem heiligen Vater in langen Gesprächen über den hohen Grad von Civilisation, der unter der verloren gegangenen Raçe geherrscht haben musste, da sie so schöne Gebäude zu errichten im Stande war.

      In weiteren vier Tagen gelangten wir an das südliche Ufer des St. Jago-Sees. Wir kamen noch in guter Zeit an, entliessen unsere Indianer und setzten, nachdem wir zwei vortreffliche Maulthiere gekauft hatten, unsere Reise in Gesellschaft der Pferdejäger fort, mitten unter Hunderten ihrer Gefangenen, welche laut ihre Bestimmung beklagten und ihre Entrüstung über die Ungerechtigkeit des ganzen gegen sie geübten Verfahrens dadurch ausdrückten, dass sie von hinten und von vorn nach Allem schlugen, was in das Bereich ihrer Hufe kam. Aber trotz diesem sehr unmanierlichen Benehmen unserer Arrestanten langten wir doch am sechsten Abend zu Monterey an.

      Der Leser wird im Verlaufe entdecken, dass meine Abenteuer mit dieser Reise nach Monterey ihren Anfang nahmen; ich will ihn daher nur noch erinnern, dass ich um diese Zeit mein achtzehntes Jahr noch nicht erreicht hatte. Ich konnte mich noch des civilsirten Zustandes erinnern, unter dem ich vor meiner Ankunft unter den Indianern geweilt hatte, und da wir auch in der Ansiedelung keiner Gemächlichkeit und Bequemlichkeit entbehrten, so schwebte mir auch noch dunkel vor, was in Italien und anderswo vorgegangen war. Aber ich war ein Indianer geworden und blickte bis zu der Zeit, in welcher mir diese Reise aufgetragen wurde, auf die Schauplätze meiner Jugend nur mit Verachtung zurück.

      Dass dieses Gefühl durch den Gedanken, ich werde wohl nie wieder zu denselben zurückkehren, bedeutend genährt wurde, ist mehr als wahrscheinlich; denn von dem Augenblick an, als ich gehört hatte, dass ich nach Monterey gehen sollte, klopfte mein Herz ungestüm und mein Puls verdoppelte seine Schläge. Ich weiss kaum, was ich mir eigentlich dabei vorstellte; soviel ist jedoch gewiss, dass ich mir die Idee von einem irdischen Paradies gebildet hatte.

      Nun, wenn auch nicht gerade ein Paradies, so ist Monterey doch gewiss ein sehr angenehmer Ort. Ja sogar jetzt noch gewinnt er in meiner Erinnerung eine Art seltsamen Zaubers, obgleich ich seitdem nüchterner und, wie ich glaube, auch ein wenig weiser geworden bin. Es unterliegt keinem Zweifel, dass ein gewisser Nimbus von Glück sich über diese kleine Stadt verbreitet. Jedermann fühlt sich wohl, Alles singt und lächelt, und jede Stunde ist dem Vergnügen oder der Ruhe geweiht.

      Da sieht man nichts von schmutzigen Strassen und einem holperigten Pflaster — keine Fabriken mit ihrem ewigen Rauch — keine Polizeidiener, die sich wie eben so viele Kreuzbuben ausnehmen — keine Cabs oder Omnibus, welche rechts und links den Koth um sich spritzen — vor Allem aber nichts von jenen pünktlichen Geschäftsmännern, die ihren Bestellungen nacheilen, wie Dampfmaschinen pustend, Jedermann mit ihren Ellenbogen imkommodirend und die Apfelstände umwerfend. Nein, von alle dem trifft man nichts zu Monterey.

      Man hat dort eine endlos tiefe Bay von schönstem Blau, deren Ufer mit hohen, prachtvollen Bäumen bewachsen sind. Ein Prairierasen breitet sich wie ein Teppich aus, dessen Dessin aus allerliebsten wilden Blumen besteht. Darauf befinden sich Hunderte von Hütten, von den Ranken des Weinstocks überwachsen. Im Mittelpunkte steht das Präsidio oder Gouvernementgebäude, auf der einen Seite ein anmuthiger Kirchthurm, auf der andern die starken Mauern eines Klosters. Ueber das Ganze breitet sich ein Himmel vom tiefsten Kobaltblau, einen angenehmen Gegensatz bildend gegen das dunkle Grün der hohen Fichten und die unbestimmten, nicht zu schildernden Tinten an dem Horizont der Prairieen im Westen.

      Selbst die Hunde sind zu Monterey höflich, und die Pferde, welche allenthalben umherweiden, laufen auf den Reisenden zu, als wollten sie seine Ankunft bewillkommnen. Der Grund davon liegt jedoch in dem Umstande, dass man in jener Gegend einen Beutel Salz am Sattelknopf mitzuführen pflegt, an dem die Thiere ihre Nasen reiben, und es ist klar, dass sie kommen, um sich etwas von dem Inhalte des gedachten Beutels zu erbetteln, von dem sie sehr grosse Liebhaber sind. Mit Menschen und Thieren steht man schnell auf einem vertraulichen Fusse; auch die dort wohnenden Engländer sind, was doch gewiss viel heissen will, zufrieden und sogar die Amerikaner — eine noch wunderbarere Erscheinung — beinahe ehrlich. Welch’ eiu herrliches Klima muss nicht dieses Monterey seyn!

      Die dort herrschende Gastfreundschaft ist unbegränzt. „Die heilige Jungfrau segne Dich,“ sagte ein alter Mann zu uns, als wir anlangten; „weile hier und beehre mein Dach.“ Ein Anderer eilte herzu und drückte uns mit vor Wohlwollen funkelnden Augen die Hände. Ein Dritter nahm unsere Maulesel beim Zügel und führte uns nach seiner Thüre, aus der ein halb Dutzend hübscher Mädchen mit blitzenden, dunkeln Augen und langen dünnen Fingern herauskamen, um uns die Sporen und Moccassins abzunehmen.

      Königin der Städte in Californien! Schon in deinem Namen liegt Poesie für mich, und so muss es Allen ergehen, welche Ehrlichkeit, Bonhommie, Einfachheit und das dolce far niente lieben.

      Ungeachtet der vielen dringenden Einladungen, die wir erhielten, begab sich Padre Marini nach dem Kloster, während ich bei dem alten Gouverneur mein Quartier nahm.

      Alles war mir neu und entzückend; denn ich zählte noch nicht achtzehn Jahre, und in diesem Lebensalter hat man seltsame Träume und Vorstellungen von schlanken Taillen und hübschen, schalkhaft lächelnden Gesichtern. Mein Geist war hin und wieder zurückgekehrt zu den Auftritten der Vergangenheit, als ich noch eine Mutter und eine Schwester hatte. Dann seufzte ich nach einer Gespielin, mit der ich tanzen und walzen konnte auf dem Rasen, während unser grauhaariger Diener auf seiner Violine einige veraltete