Während wir so sprachen, bemerkte ich, dass wir nicht die gewöhnliche Straße nach Windsor, sondern über Englefield Green in Richtung Bishopsgate Heath fuhren. Mir begann zu dämmern, dass nicht Idris das Ziel unserer Reise war, sondern dass ich Zeuge der Szene sein sollte, die das Schicksal Raymonds – und Perditas entscheiden sollte. Raymond war offensichtlich während seiner Reise schwankend gewesen, und Unentschlossenheit zeigte sich in jeder Geste, als wir Perditas Hütte betraten. Ich beobachtete ihn aufmerksam und war entschlossen, dass ich, sollte dieses Zögern anhalten, Perdita helfen würde, sich zu fassen, und sie lehren würde, seine wankelmütige Liebe zu verachten, die zwischen dem Besitz einer Krone und ihr schwankte, deren Vortrefflichkeit und Gefühl den Wert eines Königreiches um ein Vielfaches übertraf.
Wir fanden sie in ihrer blumengeschmückten Laube; sie las den Zeitungsbericht über die Debatte im Parlament, der sie offenbar bis zur Hoffnungslosigkeit bedrückte. Dieses niedergeschlagene Gefühl spiegelte sich in ihren matten Augen und ihrer kraftlosen Haltung; eine Wolke überschattete ihre Schönheit, und häufige Seufzer waren Zeichen ihrer Bedrängnis. Dieser Anblick übte eine unmittelbare Wirkung auf Raymond aus; seine Augen strahlten voll Zärtlichkeit, und Reue machte sein Betragen zu einem ernsten und aufrichtigen. Er setzte sich neben sie und sagte, indem er das Papier von ihrer Hand nahm: »Kein Wort mehr soll meine süße Perdita von dieser Auseinandersetzung zwischen Wahnsinnigen und Dummköpfen lesen. Ich darf Ihnen nicht gestatten, das Ausmaß meiner Verblendung zu erfahren, damit Sie mich nicht verachten; obgleich, glauben Sie mir, der Wunsch, nicht besiegt, sondern als Eroberer vor Ihnen zu erscheinen, mich während meines Wortgefechts inspirierte.«
Perdita sah ihn erstaunt an; ihr ausdrucksvolles Antlitz leuchtete für einen Augenblick voller Zärtlichkeit; ihn nur zu sehen war Glück. Aber ein bitterer Gedanke überschattete bald ihre Freude; sie wandte ihre Augen zu Boden und bemühte sich, die Tränen zurückzudrängen, die sie zu überwältigen drohten. Raymond fuhr fort: »Ich will nicht mit Ihnen spielen, liebes Mädchen, oder als etwas anderes erscheinen als ich bin, schwach und unwürdig, und eher dazu tauglich, Ihre Verachtung zu erregen als Ihre Liebe. Und doch lieben Sie mich, ich fühle und weiß, dass Sie es tun, und daraus ziehe ich meine teuersten Hoffnungen. Wenn Stolz Sie leiten würde oder auch Vernunft, könnten Sie mich wohl zurückweisen. Tun Sie es, wenn Ihr hohes Herz sich meiner Niedrigkeit nicht beugen will. Wenden Sie sich von mir ab, wenn Sie möchten – wenn Sie es können. Wenn nicht Ihre ganze Seele Sie dazu auffordert, mir zu vergeben – wenn nicht Ihr ganzes Herz seine Tür weit öffnet, um mich in sein Innerstes einzulassen, so vergessen Sie mich, sprechen Sie nie wieder mit mir. Ich bin, obschon ich gegen Sie sündigte, fast über die Vergebung hinaus sündigte, dennoch stolz, denn es darf keine Zurückhaltung in ihrer Vergebung geben – keinen Hinderungsgrund für das Geschenk Ihrer Zuneigung.«
Perdita blickte verwirrt und doch erfreut zu Boden. Meine Anwesenheit hatte sie in Verlegenheit gebracht; so dass sie nicht wagte, sich umzuwenden, um dem Auge ihres Geliebten zu begegnen, oder ihrer Stimme zu vertrauen, um ihn ihrer Zuneigung zu versichern; während Röte ihre Wange überzog und ihre traurige Miene einer anderen wich, die von tief empfundener Freude zeugte. Raymond legte einen Arm um ihre Taille und fuhr fort: »Ich leugne nicht, dass ich zwischen Ihnen und der höchsten Hoffnung, die sterbliche Männer haben können, schwankte, aber dies tue ich nicht mehr. Nehmen Sie mich an – formen Sie mich nach Ihrem Willen, besitzen Sie mein Herz und meine Seele für alle Ewigkeit. Wenn Sie sich weigern, zu meinem Glück beizutragen, werde ich heute Abend England verlassen und es nie wieder betreten.«
»Lionel, Sie hören zu. Seien Sie mein Zeuge: Überreden Sie Ihre Schwester, die Verletzung zu vergeben, die ich ihr angetan habe; überreden Sie sie, die Meine zu sein.«
»Es bedarf keiner Überredung«, sagte die errötende Perdita, »außer Ihren eigenen lieben Versprechen und meinem bereitwilligen Herzen, das mir zuflüstert, dass sie wahr sind.«
An jenem Abend gingen wir alle drei zusammen im Walde spazieren, und mit der von der Glückseligkeit inspirierten Schwatzhaftigkeit schilderten sie mir die Geschichte ihrer Liebe. Es war angenehm zu sehen, wie sich der hochmütige Raymond und die zurückhaltende Perdita durch glückliche Liebe in plappernde, verspielte Kinder verwandelten, die ihre sie auszeichnende Beherrschtheit in der Fülle der gegenseitigen Zufriedenheit ablegten. Vor ein, zwei Nächten hatte Lord Raymond, mit besorgter Stirn und einem von Gedanken bedrängten Herzen, alle seine Kräfte aufgewandt, um die Gesetzgeber Englands zum Schweigen zu bringen oder davon zu überzeugen, dass ein Zepter für seine Hand nicht zu schwer sei, während Visionen von Herrschaft, Krieg und Triumph vor ihm schwebten. Jetzt, ausgelassen wie ein lebhafter Knabe, der unter dem beifälligen Auge seiner Mutter herumtobte, waren die Hoffnungen seines Ehrgeizes zu einem Ende gekommen, als er die kleine zarte Hand Perditas an seine Lippen drückte; während sie strahlend vor Entzücken auf den stillen Teich blickte, sich nicht selbst bewundernd, sondern entzückt das Spiegelbild der Gestalten von sich und ihrem Geliebten betrachtend, das sie zum ersten Mal in liebevoller Verbindung zeigte.
Ich entfernte mich ein wenig von ihnen. Wo die Verzückung gegenseitiger Zuneigung ihnen gehörte, genoss ich die der wiederhergestellten Hoffnung. Ich blickte auf die königlichen Türme von Windsor. Hoch ist die Mauer und stark die Barriere, die mich von meinem Stern der Schönheit trennt. Aber nicht unüberwindlich. Sie wird nicht die Seine sein. Verweile noch ein paar Jahre in deinem heimatlichen Garten, süße Blume, bis ich durch Mühsal und Zeit das Recht erwerbe, dich zu pflücken. Verzweifle nicht, noch lass mich verzweifeln! Was ist nun zu tun? Zuerst muss ich Adrian suchen und ihn ihr wiederherstellen. Geduld, Sanftmut und unermüdliche Zuneigung sollen ihn wieder zu sich bringen, wenn es wahr ist, wie Raymond sagt, dass er von Sinnen ist. Kraft und Mut werden ihn retten, wenn er zu Unrecht festgehalten wird.
Nachdem die Liebenden sich mir wieder angeschlossen hatten, aßen wir zusammen in der Laube. Wahrlich, es war ein märchenhaftes Mahl, denn obwohl die Luft den Wohlgeruch von Früchten und Wein atmete, aß oder trank keiner von uns – selbst die Schönheit der Nacht blieb unbemerkt; ihr Glück konnte nicht durch äußere Gegenstände erhöht werden, und ich war in Träumerei versunken. Gegen Mitternacht verabschiedeten sich Raymond und ich von meiner Schwester, um in die Stadt zurückzukehren. Er war ganz Heiterkeit. Liedverse perlten von seinen Lippen, jeder Gedanke seines Geistes, jeder Gegenstand um uns her leuchtete unter dem Sonnenschein seiner Fröhlichkeit. Er beschuldigte mich der Melancholie, der Missgunst und des Neides.
»Ganz und gar nicht«, sagte ich, »wenngleich ich gestehe, dass meine Gedanken nicht so angenehm beschäftigt sind wie die Ihren. Sie haben versprochen, meinen Besuch bei Adrian zu erleichtern; ich bitte Sie nun, Ihr Versprechen einzulösen. Ich kann hier nicht verweilen; ich sehne mich danach, die Krankheit meines ersten und besten Freundes zu lindern – vielleicht zu heilen. Ich will sofort nach Dunkeld aufbrechen.«
»Sie Nachtvogel«, antwortete Raymond, »was für einen Schatten werfen Sie nur über meine strahlend hellen Gedanken, indem Sie mich zwingen, dieser trübsinnigen Ruine zu gedenken, die in geistiger Zerrüttung steht, irreparabler als ein Fragment einer behauenen Säule in einem von Unkraut überwucherten Feld. Sie träumen davon, dass Sie ihn wiederherstellen können? Daedalus hat niemals ein so unentwirrbares Labyrinth um Minotaurus erbaut wie der Wahnsinn um Adrians gefangenen Verstand. Weder Sie noch irgendein anderer Theseus kann das Labyrinth entwirren, zu dem vielleicht eine lieblose Ariadne den Schlüssel hat.«
»Sie beziehen sich auf Evadne Zaimi; doch sie weilt nicht in England.«
»Und würde sie es«, sagte Raymond, »so würde ich nicht empfehlen, dass sie ihn besucht. Es ist besser, im völligen Delirium zu verfallen, als ein bewusstes Opfer unerwiderter Liebe zu sein. Die lange Dauer seiner Krankheit hat wahrscheinlich alle Erinnerungen an sie aus seinem Gedächtnis getilgt, und es wäre besser, wenn sie nicht wieder erneuert würden. Sie werden ihn bei Dunkeld finden; sanft und fügsam wandert er die Hügel hinauf und durch den Wald oder sitzt lauschend neben dem Wasserfall. Sie mögen ihn sehen – mit Wildblumen in seinem Haar – seine Augen gänzlich bedeutungsleer