Ewige Jugend. Nataly von Eschstruth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nataly von Eschstruth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788711472927
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mit einem undefinierbaren und doch sehr ausdrucksvollen Lächeln die Achseln und schwieg.

      „Dann will ich’s Ihnen sagen, Baron, was dem Herrn gemangelt hat, — der Schneid’, die flotte Courag’, die Energie, dös er sei Sach’ net durchgesetzt hat bei den Weibern.“

      Der Kroate sass vergnügt und preisherrlich in die Lederpolster zurückgelehnt. Nur durch seine Hände ging unmerklich ein Zucken und Krampfen.

      „Man muss halt an schwereres Geschütz anfahren, um so a jungfräuliche Festung zu erobern! — Ma mirkt’s do glei, ob so ein Madel gefügig is ober nöt, — na, un wann sich’s sperrt, so weiss man“ — er verfiel wieder in Hochdeutsch — „doch sogleich, dass man sein Sach’ falsch angefangen hat.“

      „Und?“

      „Versucht’s noch dringlicher mit seiner Werbung, aber auf eine andere Art.“

      „Und wenn diese ‚andere‘ keine bessere ist und ebensowenig Erfolg hat?“

      Die wulstigen Lippen des Bärenjägers zitterten, ein Aufblitzen ging durch die dunklen Augen.

      Er riss sie weit auf, dass das Weisse des Augapfels sichtbar wurde.

      „So eine Möglichkeit gibt’s nöt zum Ausdenken für mich. Dös wär’ zum erstenmal, dös der Gaj seinen Willen nöt durchgesetzt hätt’.“

      Er knäulte die Zigarette zwischen den Fingern und warf sie auf den Teppich. Man sah es ihm an, wie er sich gewaltsam beherrschte.

      „Der is ka rechter Liebhaber, der ka Beständigkeit kennt! Nöt wanken und nöt weichen, — Manns genug sein, alle Hindernisse aus dem Weg z’ schaffen! Eitel sind’s allzumal die Weiber, und wann sie so a wortgetreue Lieb’ schauen, nachen sans doch gerührt!“

      „Ich bin gespannt, ob Sie einen Erfolg dieser Theorien zu verzeichnen haben!“ Der Oberst erhob sich, der Kroate tat desgleichen. Die Erregung schien plötzlich wie weggewischt von seinem fleischigen Gesicht. Er lachte so harmlos jovial wie zuvor.

      „Da verrennt ma sich in allerhand Faxen und vergisst auf das Nötigste! I komm’ daher um zu fragen, ob i nöt bald der gnädigen Frau Gemahlin und dem Fräulein von Welten meine Referenz machen dörf —“

      „Leider noch gar keine Möglichkeit, Herr von Gyurkovics, — die Ärzte haben ihr noch vollste Zurückgezogenheit verordnet.“

      „I wort! Die paar Blumen, die i mir derlaubt hab’ zu senden, bitt’ i huldvoll anzunehmen.“

      Eine stumme kurze Verneigung des Obersten.

      „Meine Nichte wird die weissen Haare leider zeitlebens behalten. Sie werden erschrecken, wenn Sie das arme Mädchen wiedersehn! Wie ihre eigne Grossmutter sieht sie aus.“

      „Ja, schauens, — dös is halt G’schmackssache. Da bin i noch a Schlaeckerl gewest von kaum vierzehn Jahr, da hab’ i im Theater die ‚Herzogin von Gerolstein‘ g’sehn. Ja du mei! Wie a Verruckter bin i in die weisse Perücken gewest, und hob denkt: Wanns die Frauenzimmer a Geschmack hätten und bei den Mannern was ausrichten möchten, so sollten sie so a bildsaubere Moden wieder einführen! Un nu sagens, Baron, dös Ihr Nichten solch an Rokokopupperl geworden is!“

      „Eine Perücke ist immer noch etwas andres als das eigene Haar.“ Der alte Offizier machte eine ungeduldig nervöse Bewegung. „Gerade, weil man jetzt gebleichtes Haar nur bei alten Leuten kennt, entstellt es die Jugend. Je nun, Lobelia denkt sehr gleichgültig darüber, — sie lebt ja einzig nur für ihre Kunst und beabsichtigt, sich von der Welt vollkommen zurückzuziehen.“

      Der Kroate stiess einen leisen, freudigen Pfiff durch die Zähne aus und trat noch einen Schritt näher an den Sprecher heran.

      „Du heiliger Laurenzius! Dös find’ ma selten heutzutag! Da strebens allweil in das vollste, bunteste Leben hinein, die jungen Damen, und langweilen sich auf so am einsamen Bergschloss halb z’ Tode! — Wann i so was hör’, dös die Gnädige nöx mehr nach der grossen Welt fraget, da jauchzet einem ja grad’ das Herz im Leibe! Wanns nur einmal schauen möchte, wie schön die Ivantschitzka in all ihrer unverderbten Wildheit is! Grad a Maleraug staunet unentwegt! — Die Trachten alloan, so bunt und phantastisch, wie geschaffen zum Konterfeien!“

      „Soso —“

      Herrn von Welten war’s, als glühe der Boden unter seinen Füssen. Er wollte unterbrechen und sich verabschieden, aber der „König der Berge“ stand ihm so geschickt im Wege, dass er ihn hätte beiseiteschieben müssen, um an ihm vorüberzuschreiten.

      Herr Aloys Sturmlechner hatte ihm gestern erst gesagt: „Seien Sie vorsichtig mit dem Menschen, — wenn so ein Kerl verliebt ist, gleicht er einem wilden Tier, und Fräulein Lobelia kann noch nicht reisen!“

      Er hatte gelacht und den Kopf zurückgehoben. „Das wäre ja noch besser, solch einem Herrn das Feld zu räumen! Wir haben doch keine Angst, dass wir ihm aus dem Wege gehn!“

      Jetzt dachte er schon anders.

      Solchen Fanatismus noch zu provozieren, wäre Wahnsinn und ein Verbrechen gegen seine Nichte, die er nicht schützen, sondern lediglich dadurch gefährden würde. Also die gute, alte strategische Weisheit: den Feind ermüden!

      Er verneigte sich und lächelte höflich.

      „Ich bezweifle nicht, dass das Leben in so ungewohnten Verhältnissen eines gewissen Reizes nicht entbehrt!“

      „Wissens, Baron, — wann’s gnädige Fräulein wieder reisen darf, dann stillens ihr die Sehnsucht nach Einsamkeit und kommens all miteinand’ zu mir nach Uskodovni!“

      „Sehr liebenswürdig, Verehrtester!“

      „Photographien führ’ i bei mir —“

      „Sehr interessant —“

      Gajs Augen glühten vor Leidenschaft.

      „An Schloss, dös am jeden gefallt! Früher is’ a Befestigung gegen die Türken gewest, und mei Vater selig hat’s ausgebaut! So recht a trutzige Zwingburg schaut’s von seinem Bergzinken in die Schluchten ’nab!“

      „Entzückend! Recht einladend!“ dachte Herr von Welten, aber er nickte nur schweigend mit höflichem Lächeln.

      „Ganz ungeheuer interessante Räume! A Kapellen mit unterirdischem Gang, dass man jedes Augenblicks davon kann, wenn mal a Gefahr drohen sollte. —“

      „Gewiss so kleine Kerker und Verliese, in denen Unliebsames verschwindet!“ dachte der Oberst.

      „Sinds a Reiter, Herr Oberst?“

      „Ich war Kavallerist!“

      „Haha!“ Der Kroate lachte triumphierend, „dann sinds schnell in Banden von meiner Fatima! Sag’ Ihnen, Baron — Pferde hab’ i im Stall — Pferde — Türken — Araber — so was von edlem Blut schauts ja gar keiner nöt dahier in Österreich, nöt in Deutschland! Um hunderttausend Kronen sinds nöt z’ haben.“

      „Sicher der Dank der türkischen Schmuggler“, ging es durch Weltens Sinn.

      „Da könnens reiten!“

      „Ich werde den Kuckuck tun!“ dachte der Oberst abermals.

      „Und malen! Malen kann die Gnädige jede Stund’ a neue Schönheit! Ihr eignes Spiegelbild, wie die Vilma Lwoff! — Aber schauens — für a Fürstin war mir die Dam’ nöt standesgemäss genug gekleidet. A weisses Atlaskleid, aber an Schmuck? — dös Gott erbarm’. Na, da sollens die Damen erst den Nachlass von meiner Mutter selig schauen! Wühlen könnens in Perlen und Edelsteinen, wann’s sich kostümieren wollen, — i frag’ nöx nach so G’flitter!“

      „Sicher das Schweigegeld fürs Paschen!“ lautete noch einmal das Selbstgespräch des Obersten, dann zog er jäh die Uhr.

      „Das ist sehr verlockend zu hören, bester Herr!“ sagte er so freundlich, dass Gaj Gyurkovics am liebsten auf die Tasche geschlagen