„Jott, is det allet eene Umständlijkeet“, sagte Onkel Karl ein bißchen verdrießlich, „ick meene natierlich, wenn die Sie von den Er Junge kriejt!“
„Ach so, nu ha’ ick Ihn’n schonst vastanden“, sagte Herr Lemke, befriedigt mit dem Kopf nickend, „vasteh’ schonst, ja ja – Sie haben noch ’ne Sie zu Hause!“
„Nee, leida eben nich“, sagte Onkel Karl.
„Denn kann ick mir nich helfen, denn bleibt mir die Jeschichte schleiahaft“, sagte Herr Lemke, „Mutta – vastehst du denn det?“
„Ihr habt eich jejenseitij ’n bißken vaheddert“, sagte Frau Lemke, „seh’ ma, Vata, er meent ...“
„Nee, nee, aklär’s mir lieba nich“, wehrte der Alte ab, „mir platzt sonst wat in’n Kopp. Ick will ja jakeen so’n Biest, keen junges und keen altes nich!“
„Denn nich“, sagte Onkel Karl gekränkt, „denn behalte ick se, bis ick ’n wirklichen Liebhaba for finde!“
„Det wird woll ooch det beste sind, prost“, sagte Herr Lemke, nach dem Glase fassend.
„Prost – na, und wie is nu mit det Jeld jejen jute Sichaheet?“
Herr Lemke schüttelte ruhig und gelassen den Kopf: „Nee, meen Lieba, wenn Se desterwejen herjekommen sind, tut mir’s um Ihre Stiebeln leid. Ick will Ihn’n nämlich sajen, det ick den Rummel janz jenau kenne. Ick seh’t ja hier vorne uff die Schöneberjer Wiesen, wo se wie varrickt zu bauen anjefangen haben, lauta vakrachte Häusa, keene Lieferanten und keene Handwerka sind bezahlt worden, Vorteel davon haben nur die Kerls, die die mittellosen Leite zu’t Bauen vaanlaßt haben. Wenn ick Ihn’n heite fimfhundert Tala jebe – morjen sind se alle, da haben Se een Loch zujestoppt und ’n anneres is offen!“
„Also fimfhundert –“, sagte Onkel Karl, eine große, lederne Brieftasche vornehmend, „jejen Wechsel oda wat wollen Se for ’ne Sichaheet?“
„Nich ’n Dreier“, sagte Herr Lemke grob. „Mann, lassen Se die Finga von die janze Bauerei, lejen Se sich lieba ’ne Piereselhecke an, det is jescheita, da riskieren Se nischt!“
„Aba, wennste ihn helfen könn’st?“ sagte Frau Lemke leise, als sie sah, wie Onkel Karl, noch immer zögernd, die lederne Brieftasche in die Nankingjacke steckte.
„Nee, den is nich zu helfen“, sagte der Alte, „haste die dicke Brieftasche jesehen, det sind allet unbezahlte Rechnungen!“
„Se hätten mir ja später det Haus abkoofen können“, sagte Onkel Karl.
„Wat’n für’n Haus, det jehört Se doch janich!“
„Aba det Jrundstück!“
„So?“ sagte Herr Lemke gedehnt, „ick weeß et zufällij aba bessa, Sie jehört nischt weita als die Schulden uff det Jrundstück und uff den Bau – dafor werden Se vaantwortlij jemacht werden!“
„Et soll mir mal eener wat tun wollen“, sagte Onkel Karl drohend, „komm, Nulpe, wir jehen los!“
„Geld her oder ich fall’ um“
Tag für Tag war dann Onkel Karl, dem allmählich etwas bänglich zumute wurde, umhergelaufen, um das Geld, das er den Bauhandwerkern schuldete, aufzutreiben. Eine Ahnung stieg in ihm auf, daß ihn dieser Herr Hahn, den er eigentlich bisher für einen großen „Schafskopp“ gehalten, in eine „vaflixte Patsche“ gebracht hatte. Wie schön hatte das damals geklungen: „Wollen Sie ein reicher Mann werden? Jetzt haben Sie Gelegenheit dazu – mit Nichts können Sie anfangen – und wenn Sie in zwei, drei Jahren das Haus gut verkauft, haben Sie so viel, daß Sie bis an Ihr Lebensende in einer Gummiequipage fahren können.“
Ja – und dann hatte Onkel Karl einen Kontrakt unterschrieben, und „alles andere“ hatte Herr Hahn besorgt: die Verträge mit den Lieferanten abgeschlossen, die Maurer und einen Polier engagiert, und dann war „die Sache in Gang gekommen“. Die Ausschachtungen hatten begonnen, das Fundament war gelegt worden, das Kellergeschoß entstanden. In Begleitung des Herrn Hahn war er – einige Wochen später – auf die Bank gegangen, um die erste Baugeldrate abzuheben. Dort hatte es ein großes Hin und Her gegeben, er wurde ganz konfuse von dem, was ihm die Herren vorrechneten und erzählten, und war schließlich sehr verblüfft gewesen, als man ihm zu guter Letzt doch noch eine größere Summe auszahlte. Nur eins begriff er bei der ganzen Geschichte: Kein Mensch würde jemals imstande sein, ihm klarzumachen, wie das alles zusammenhing. Für dumm sollte ihn aber auch niemand halten, und darum hatte er nichts gesagt, auch als ihm Herr Hahn die Summe wieder abgenommen und ihn in das Kontor der Baugesellschaft geführt hatte, wo ihn die Herren sehr freundlich empfingen und ihm, nachdem sie wieder angestrengt gerechnet, glatte hundert Taler als „ersten Verdienst“ auszahlten.
Erst ein paar Tage später kam Onkel Karl der Gedanke, daß das von der Bank erhobene Geld doch wohl dazu hätte dienen müssen, die Handwerker und Lieferanten zu bezahlen. Aber als er das Herrn Hahn gesagt, hatte der laut aufgelacht: „Die kommen doch ganz zuletzt, das ist doch alles kontraktlich ausgemacht.“ Und da sich Herr Hahn keine Sorgen machte, der doch die Sache gründlich verstand, machte sich Onkel Karl nun auch keine mehr, sondern ging seinen Liebhabereien nach und hatte sich Nulpe angeschafft. Zu seinem Schutze – denn es ergab sich, daß sich in seiner Wohnung allerlei erregte Leute einfanden, die von ihm, als Bauherrn, in nicht mißzuverstehender Weise Geld forderten. Schließlich hielt er es für das beste, gar nicht mehr aus dem Hause zu gehen, sondern in seinem Blockhaus zu kampieren. Hier in diesem Versteck hielt er sich für sicher, dressierte Nulpe und gab sich, während er seine kurze Pfeife rauchte, allerlei Vermutungen hin, was denn nun aus der ganzen Geschichte eigentlich werden sollte. Es war ein so eigentümlicher Gedanke, zu wissen, daß da ein Haus gebaut wurde, das ihm gehörte oder wohl auch nicht gehörte, daß Leute, die er gar nicht kannte, Geld von ihm haben wollten, während er doch keins hatte, und das Resultat dieses Nachdenkens war: „Ick kimm’re mir um die janze vaflixte Kiste nich mehr.“
Aber andere kümmerten sich um ihn. Am letzten Sonnabend sah Onkel Karl zu seinem Erstaunen plötzlich eine Gruppe sehr erregter und energischer Männer vor dem Rasenhause auftauchen, die ihm die Fäuste unter die Nase hielten und ihm erklärten, daß sie ihn „kurz und kleen hauen“ würden, wenn er sie nicht augenblicklich bezahlte.
Onkel Karl hatte ihnen klarzumachen versucht, daß ihn der Bau gar nichts mehr anginge, und daß er die hundert Taler, die ihm die „eejentlichen Bauherren“ gegeben, sehr gern wieder zurückzahlen wolle, aber dazu müsse man ihm Zeit lassen, bis er sich die Summe beschafft habe. So war es ihm geglückt, die erregten Männer zu beschwichtigen, aber er wußte, daß sie wiederkommen und ihn aufs neue bedrohen würden, und deshalb hatte er den alten, reichen Lemke in Schöneberg am nächsten Sonntag aufgesucht. Der Versuch war aber mißglückt, und nun befand sich Onkel Karl mit Nulpe auf dem Wege zu Tante Liese und Onkel August, von denen er ganz genau wußte, daß sie etwas „auf der hohen Kante“ liegen hatten.
„Nanu – wo kommst du denn her?“ hatte Onkel August mißtrauisch gefragt, und Tante Liese hatte entsetzt aufgeschrien: „Wat is denn det for’n Hund, so’n hab’ ick ja noch nie jesehen, nimm bloß den Köta wej, der springt eenen ja immafort an!“
„Der freit sich“, sagte Onkel Karl. „Wo ick herkomme? – Nu, ick wollt’ eich mal wieder besuchen – ihr wart ja ooch bei mir draußen!“
„Na, setz’ dir man“, sagte Onkel August mit einem etwas ängstlichen Blick auf seine Frau. „Wenn ick dir recht vastehe, wiste dir den Karpen holen kommen, denn ick dir vasprochen hab’.“
„Ja, den kann ick ja ooch mitnehmen, obwohl ick die Fischzucht wohl uffjeben werde. Ick hab’ so ville annere Untanehmungen vor. Den Bau zun Beispiel, der nimmt mir ’n bißken sehre in Anspruch. Ick will eich desterwejen ooch janich lange uffhalten. Wie wär’t denn, wollt ihr eich nu nich ’n bißken dran beteiljen?“
„Nee“, sagte Onkel August, und Tante Liese schüttelte den Kopf.
„Bloß