„Wer sagen Sie? Der Hausmeister?“ Er lauschte eine Weile und nickte dann. „Gut, wir kümmern uns darum!“
Er sah Jo an.
„Der echte Fahrstuhlführer lag gefesselt und ohne Uniform im Keller.“
„Um darauf zu kommen mußte man kein Hellseher sein.“
Tom sah Jo erwartungsvoll an.
„Bist du sicher, daß es sich bei dem falschen Liftboy um unseren Freund Rocco handelte?“
Jo nickte. „Völlig sicher.“
Rowland pfiff durch die Zähne und bediente den Schalter seines Sprechgerätes.
„Die Akte Lou Pietrangelo“. sagte er. „Aber schnell!“
„Der gute alte Lou“, murmelte er. „Wenn dein Rocco derselbe ist, den ich meine, steckt Lou dahinter. Vielleicht ist das endlich eine Möglichkeit, ihm das Genick zu brechen.“
Rowlands Assistent brachte ein umfangreiches Aktenbündel angeschleppt.
Tom nahm das Paket grinsend in Empfang.
„Alles Straftaten, die Pietrangelo zugeschrieben werden. Nichts davon konnte bewiesen werden. Ein gerissener Bursche dieser Lou.“
Er blätterte die Akte durch und zog ein Foto heraus.
„Ist das dein Mann?“
„Genau.“
Rowland drehte das Foto um.
„Roberto Candini, geboren 1920 in Neapel, bekannt unter dem Spitznamen Rocco, insgesamt dreizehnmal vorbestraft, zuletzt 1959 aus Fort Leavenworth entlassen und seitdem in Lou Pietrangelos Diensten. Im Herbst 1960 wegen Mordverdacht unter Anklage gestellt, aber freigesprochen. — Davon, daß er Fahrstuhlführer geworden ist, steht hier nichts.“
„Damit wissen wir so ziemlich alles!“
„Es wird eine Kleinigkeit sein, einen Haftbefiehl für ihn zu bekommen. Aber das nützt wieder nichts, denn Rocco handelt nur im Auftrag von Pietrangelo, und dem können wir wieder nichts beweisen.“
„Das wird eine verdammt harte Nuß werden.“
„Allerdings. Pietrangelo ist einer der gerissensten Gangster in New York. Dazu kommt noch, daß er in den Unterweltskreisen respektiert wird. Er gilt als einer der letzten ,Großen‘ aus den dreißiger Jahren, hat massig Geld und wahrscheinlich mehr Einfluß, als wir beide für möglich halten. Ich habe schon mindestens fünfmal versucht, ihn zu fassen. aber nie Erfolg gehabt. Er hat einen ausgezeichneten Anwalt, John Brabam. Schon mal davon gehört?“
„Natürlich. Wer kennt denn nicht die Schlagzeilen: ,Sensationeller Freispruch. Brabam zieht die Geschworenen auf seine Seite‘.“
„Na also. Dann weißt du, wo wir stehen. Wir haben es mit den mächtigsten Leuten der Unterwelt zu tun,“
Jo stellte fest, daß er in bezug auf Lou Pietrangelo nicht auf dem laufenden war. Natürlich wußte er über den Burschen Bescheid, aber es fehlten ihm Details. So beschloß er, sich umzuhören. Der geeignete Mann für Informationen aus der Unterwelt war Roul Parker.
Es war nicht leicht, den weisen Mann von Manhattan am hellichten Tag aufzutreiben. Jo verschwendete 5 Dollar Trinkgelder, bis er Parker endlich in einer Spielhalle in der 58. Straße fand.
„Hallo, Roul!“ sagte Jo. „Bist du neuerdings unter die Automatenmarder gegangen?“
„Hab’ ich nicht nötig“, sagte er und verzog sein Schimpansengesicht. „Ich komme auf ganz legale Weise an den Zaster heran.“
Das war für Jo das Stichwort.
„Okay, kommen wir zum Geschäft. Ich bin bereit, dem Mann fünfzig Dollar zu zahlen, der mir alles über Lou Pietrangelo erzählt.“
Roul wiegte bedächtig den Kopf.
„Ich habe dich schon oft im Kampf mit schweren Brocken gesehen, Jo, und kenne deine Methoden. Sie sind erstklassig. Die von Lou sind es auch. Und er hat eine Menge Vorteile auf seiner Seite. Mit anderen Worten, wenn es in diesem Fall Wetten gäbe, würde ich zwei zu eins gegen dich setzen.“
„Eine Chance die fünfzig Dollar zu verdoppeln.“
„Okay“. meinte Roul seufzend. „Dann sage ich dir, daß Lou seit einer Woche in irgendeiner Angelegenheit schwer aktiv ist. Was es genau ist, weiß ich nicht.“ Das stimmte natürlich nicht, aber dieser Punkt wurde nicht weiter berührt. „Lou scheint mit seinen eigenen Leuten in Schwierigkeiten gekommen zu sein. Man spricht davon, daß demnächst einiges geschehen wird.“
„Und?“
„Morgen abend gibt Lou in seinem Lokal in der 44. Straße eine große Party.“
„Im Starlet-Club?“
„Genau. Eine Menge Freunde vom lieben alten Lou werden dort aufkreuzen.“
„Party“ knurrte Jo. „Was hilft mir das?“
Roul sah ihn nachdenklich an.
„Willst du einen Rat von mir annehmen? Dann geh auf die Party. Lou ist ein impulsiver Mensch, und wenn du ihn überrumpelst, wird er bestimmt nichts gegen dich unternehmen. Rausschmeißen werden sie dich wahrscheinlich auch nicht. Vielleicht erfährst du dabei etwas.“
„Okay.“ Jo schob einen Fünfzigdollarschein über die Theke. „Ich will mir’s überlegen.“
„Vergiß deine Kanone nicht“, ermahnte ihn Parker.
„Natürlich, Papa. Du bist heute wieder rührend besorgt um mich.“ Jo schlenderte hinaus auf die Straße und überlegte.
Er beschloß, dem Rat des ,weisen Mannes’ zu folgen.
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