Bundeshauptstadt Berlin
Wolfgang Schinz
1. Juli 1990 bis 31. Oktober 1992
Dieter Schenk
1.Juni 1992 bis 1998
1994 mit Gründung des LKA in
Personalunion Polizeivizepräsident und Leiter des LKA
Ulrich Voß
1. August 1998 bis 30. September 2001
Peter-Michael Haeberer
ab 1. Oktober 2001
Gegenwart und Zukunft der Berliner Kriminalpolizei
von Dieter Glietsch Polizeipräsident in Berlin
Die Geschichte der Berliner Kriminalpolizei seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist – wie die keiner anderen Polizeiorganisation in Deutschland – von den historischen Rahmenbedingungen dieser Zeit geprägt.
Hier in Berlin untersteht die Polizei bis zur Wiedervereinigung faktisch alliierter Oberhoheit, wenn diese auch in den beiden Teilen der Stadt unterschiedlich ausgestaltet war, hier gilt bis zur Herstellung der staatlichen Einheit teilweise eine andere Rechtslage als in der übrigen Bundesrepublik Deutschland, und hier findet im Oktober 1990 eine besondere Art von Vereinigung statt, weil die beiden Hälften einer Stadt wieder zusammengeführt werden.
Während sich die Polizei in den neuen Bundesländern im Wesentlichen aus altem Personal organisiert und die Polizei in den bisherigen Bundesländern dadurch allenfalls „neue Nachbarn“ bekommt, müssen in der deutschen Hauptstadt die Personalkörper zweier ganz gegensätzlicher Polizeisysteme zusammengeführt werden.
Die Berliner Polizei (und in ihr die Kriminalpolizei) hat diese einzigartigen Aufgaben bravourös gelöst. Berlin wurde und ist – allen Unkenrufen zum Trotz – auch nach der Wiedervereinigung nicht „die deutsche Hauptstadt des Verbrechens“; die Geschichte der Berliner Kriminalpolizei nach 1945 bleibt trotz aller Schwierigkeiten und Probleme eine Erfolgsgeschichte. Dabei knüpft die Berliner Kriminalpolizei durchaus an ihr Ansehen aus der Zeit vor dem Dritten Reich an, wobei sich Erfolge der Nachkriegszeit allerdings kaum noch an der Leistung Einzelner festmachen lassen. So populäre und charismatische Kriminalisten wie den legendären Chef der Mordkommissionen der zwanziger und frühen dreißiger Jahre, Ernst Gennat, der damals eine Institution und jedem Berliner bekannt war, findet man hier nach dem Krieg kaum noch.
Natürlich gibt es auch in der Nachkriegsgeschichte der Berliner Kriminalpolizei Namen, die bis zum heutigen Tag hervorragenden Klang haben. Aber einerseits sind Kriminalisten wie Sangmeister, „der dicke“ Deter, Schmadlowski („Schmadde“) oder Schwichtenberg („Schwichte“) eben nur altgedienten oder schon pensionierten Kriminalbeamten, nicht jedoch der breiten Bevölkerung ein Begriff. Andererseits erfordern die komplexen Aufgaben der Kriminalitätsbekämpfung heute auch in weitaus stärkerem Maße das zielgerichtete und gekonnte Zusammenwirken vieler in einer leistungsfähigen Organisation.
Der Blick zurück in die Geschichte, die dieses Buch schlaglichtartig beleuchtet, muss aber auch den Blick nach vorn öffnen: Die Ereignisse des 11. September 2001 haben im ersten Jahr des 21. Jahrhunderts die weltweite Sicherheitslage neu definiert. Der weltweite islamistische Terrorismus stellt spätestens seit diesem Tag keine bloß abstrakte Gefahr, sondern eine ernsthafte Bedrohung und eine enorme Herausforderung für alle Sicherheitskräfte dar – auch und gerade für die Kriminalpolizei der deutschen Hauptstadt als Sitz von Bundesregierung und Parlament, Standort aller bedeutenden diplomatischen Vertretungen sowie nicht zuletzt Ort der größten islamischen und der größten jüdischen Gemeinde in Deutschland.
Es wird in den kommenden Jahren eine zentrale Aufgabe auch der kriminalpolizeilichen Arbeit sein, die Sicherheit dieser Stadt vor terroristischen Anschlägen in Zusammenarbeit mit nationalen und ausländischen Sicherheitsbehörden zu gewährleisten. Die bisherigen Erfolge der LKA-Abteilung Polizeilicher Staatsschutz (LKA 5), ihre zukunftsorientierte neue Organisation und die effizienten Strukturen des Zentralen Objektschutzes lassen mich trotz der schwierigen Lage mit Vertrauen und Zuversicht in die Zukunft blicken.
Daneben bildet die internationale Organisierte Kriminalität für die Kriminalpolizeien aller westlichen Industrienationen und insbesondere für die Kriminalpolizei in Berlin eine weitere große Herausforderung. Nach dem Fall des Eisernen Vorhanges konnten international agierende Straftäter aus den Ländern Osteuropas ihre Aktivitäten nach Westen ausdehnen. Davon war und ist die grenznahe Metropole Berlins stärker betroffen als andere Regionen.
Im Gefolge der Osterweiterung der Europäischen Union wird Berlin als Drehscheibe des Ost-West-Verkehrs noch stärker Durchgangs- und Zielgebiet der internationalen Kriminalität werden. Rauschgiftund Menschenhandel, Kraftfahrzeugverschiebung und der Absatz von Falschgeld – um nur einige Felder des internationalen Verbrechens zu nennen – sind Delikte, die in einer grenznahen Millionenstadt Schwerpunktsetzungen in der kriminalpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung erfordern. Das Landeskriminalamt wird in seinen neuen Strukturen mit den Abteilungen für grenzüberschreitende Kriminalität (LKA 2), für organisierte Wirtschafts- (LKA 3) und für organisierte Bandenkriminalität (LKA 4) auch diese Herausforderungen meistern.
Als weiteres, zunehmend bedeutsames Aufgabengebiet zeichnen sich Straftaten im Zusammenhang mit dem Internet ab, dessen scheinbare Anonymität immer neue Formen der Kriminalität entstehen lässt. In der Anfangszeit wurde es hauptsächlich zur Verbreitung illegaler Pornographie missbraucht; die ersten, noch vergleichsweise harmlosen wirtschaftskriminellen Formen des Missbrauchs folgten mit den 0190-Dialern, die sich heimlich selbst installierten. Inzwischen ist das Internet auch Tatmittel bei der Verbreitung von extremistischem und terroristischem Gedankengut bis hin zu Bastelanleitungen für Bomben, bei der Wirtschaftskriminalität mit Millionenschäden durch Betrug im elektronischen Handel oder bei Versteigerungen und schließlich auch bei Angriffen mit Computerviren oder „denialof-service“-Attacken auf das weltweite Netz, bei denen binnen Stunden Milliardenschäden drohen. Die Berliner Kriminalpolizei muss sich auch auf diese neuen, in ihren Dimensionen zum Teil schwer vorstellbaren Formen der Kriminalität vorbereiten. Das erfordert viel spezialisiertes, entsprechend aus- und fortgebildetes Personal sowie erhebliche Investitionen in Sachmittel.
Während sich einerseits in den letzten Jahren die organisierte Kriminalität und die Internetkriminalität rasant entwickelten, so gab es andererseits aber auch bei der forensischen Technik der Kriminalitätsbekämpfung gewaltige Fortschritte. Von Verfahren wie der elektronischen Mikroskopie, der automatischen Erkennung von Fingerabdrücken und der Täteridentifizierung anhand genetischer Informationen aus winzigsten Täterspuren, die heute zum kriminalistischen Alltag gehören, wagten Kriminalisten früherer Generationen allenfalls zu träumen – und ein Ende dieser Entwicklung ist noch lange nicht absehbar:
Während der Mulitifunktionelle Arbeitsplatz (MAP), das „Netzwerk Intelligence“ oder das polizeiliche Extranet in vielen Bereichen der Berliner Kriminalpolizei schon realisiert sind, steht der nächste große Schritt in die Zukunft einer modernen, ITgestützten Kriminalitätsbekämpfung unmittelbar bevor – die Einführung von „POLIKS“ (Polizeiliches Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung), das unser an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit angekommenes altehrwürdiges „ISVB“ (Vorgangsverwaltungs- und Informationssystem) ablöst. Der Vorbereitungs- und Einführungsaufwand, der mit einer so grundlegenden Systemumstellung verbunden ist, stellt kurzfristig an die Berliner Polizei sehr hohe Anforderungen, denen sie sich aber dank engagierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Zweifel gewachsen zeigen wird.
Nun besteht