Ein Fall von Kindesmisshandlung geschah im Juli 1962. In einem „Kindernest“, betrieben von einem 30-jährigen Mann, war zunächst ein eineinhalbjähriges Kind an Gehirnblutungen (Venenabriss) verstorben. Dem Mann und seiner 29-jährigen Ehefrau war ein schuldhaftes Verhalten nicht nachzuweisen. Als am 14. November 1962 aus diesem „Kindernest“ ein zweites Kind verstarb und die Todesursache als ungeklärt bezeichnet worden war, wurde eine Obduktion angeordnet und die Ermittlung eingeleitet. Ergebnis der Obduktion: Milzriss. In der Vernehmung erklärte das Ehepaar, die Kinder seien aus dem Bett gefallen. Seit März 1962 hatte das Ehepaar in Tiergarten ein Pflegehaus für Kinder im Alter von einem bis sieben Jahren unterhalten. Die Jugendbehörde zahlte monatlich 250 DM Pflegegeld je Kind. Die Ermittlungen ergaben, dass alle Kinder dieses Pflegehauses mit Wissen der Pflegemutter vom Pflegevater teils auf das Schwerste misshandelt wurden. Das „Kindernest“ wurde geschlossen, die Betreiber inhaftiert.
Die letzte Inspektionsleiterin der Kriminalinspektion MIII – WKP –, Marianne Menzel, erinnerte in einem Vortrag an einen Fall von Kindesmisshandlung im Jahre 1967, bei dem das dreijährige Kind aufgrund seiner Verletzungen fünf Monate klinisch versorgt werden musste. Neben zahlreichen Blutergüssen und offenen Wunden am Körper hatte das Kind eine deformierte Nase, zwei Lendenwirbelbrüche und einen Rippenbruch. Grund der Misshandlungen: die Eltern hatten den Knaben abgelehnt, weil sie sich ein Mädchen gewünscht hatten.
Die Polizeireform von 1974 brachte tiefgreifende Veränderungen mit sich. Die Weibliche Kriminalpolizei wurde nach stolzen 47 Jahren aufgelöst. Diese anfangs mit 20 Kriminalsekretärinnen ausgestattete Dienststelle wurde weiter unter der Bezeichnung Kriminalinspektion KI M III geführt.
Unmittelbar vor dem Beginn der Reform versahen 68 Kriminalbeamtinnen ihren Dienst bei der Kriminalpolizei, wovon aber nur (oder schon) elf Kolleginnen außerhalb der KI MIII, also der WKP, beschäftigt waren. Sie waren beispielsweise bei Observationen und in den örtlichen Direktionen tätig. Die Integration der Frauen in alle Arbeitsfelder der Kriminalpolizei hatte somit bereits begonnen.
Der damalige Polizeipräsident Klaus Hübner vertrat die (aus heutiger Sicht wohl weniger revolutionäre) Auffassung, dass die Kriminalbeamtinnen grundsätzlich in allen Bereichen einsetzbar seien. Dass das von den männlichen Kollegen anfänglich so nicht uneingeschränkt mitgetragen wurde, lässt sich denken.
Die Tatsache, dass seinerzeit aber sogar einige betroffene Frauen ernsthafte Vorbehalte hatten, erstaunt da schon eher.
Konsequenterweise wurde ab sofort die Ausbildung auf universelle Verwendung abgestellt. Die Beamtinnen durchliefen nunmehr die gleichen Ausbildungswege wie ihre männlichen Kollegen, einschließlich des Schießtrainings und der Unterweisung in Selbstverteidigungstechniken. Im Mai – ist die Ausrüstung aller WKP-Beamtinnen, die nun der Direktion Spezialaufgaben der Verbrechensbekämpfung – Unterabteilung Deliktübergreifende Verbrechensbekämpfung – angegliedert waren, mit Dienstwaffen angeordnet worden. Gegen diese Verfügung des Polizeipräsidenten legten sieben Beamtinnen aus Gewissensgründen Widerspruch ein. In dem daraus erwachsenen Verwaltungsstreit blieben die Klägerinnen vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin erfolglos.
Faktisch hatte die WKP in der völlig umstrukturierten Inspektion M III aufgehört zu existieren, es gab also keine „reine Frauendienststelle“ mehr. Tatsächlich aber überlebte die Frauendienststelle bis heute.
Aus der ehemaligen „Inspektion WKP“ ist die „Inspektion für Sexual- und Kinderschutzdelikte“ geworden. Ein Kommissariat aber, nämlich Dir VB M III 3, heute LKA 125, blieb immer fest in weiblicher Hand. Die Sachzuständigkeit des Kommissariates LKA 125 umfasst aktuell in erster Linie den sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen innerhalb der Familie, aber auch im Rahmen anderer struktureller Gewaltverhältnisse, zum Beispiel durch Ausnutzen einer Amtsstellung oder eines Behandlungsverhältnisses. Männliche Fachkräfte wurden und werden hier nur „besuchsweise“ geduldet.
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