Obwohl der Polizeipräsident eine Wiederverwendung von belasteten Kripo-Beamten ausgeschlossen hatte, wurden aus Mangel an geschultem Personal auch Beamte bei der Kripo eingestellt, die in der NSZeit aktiv gewesen waren, insgesamt waren das im April 1946 zwölf Prozent. 51
Im Tauziehen um die Vorherrschaft in Berlin verhängte die sowjetische Besatzungsmacht ab 24. Juni 1948 eine totale Blockade aller Verkehrswege von und nach Westberlin. Die auf verschiedenen Ebenen geführten Auseinandersetzungen betrafen auch die Polizei. Wegen Missachtung von Weisungen des Magistrats und eigenmächtig ausgesprochenen Entlassungen enthob Bürgermeister Ferdinand Friedensburg den Polizeipräsidenten Paul Markgraf am 26. Juli 1948 seines Amtes und setzte als kommissarischen Vertreter Dr. Johannes Stumm ein. Stumm war 1920 in die Kripo eingetreten und später zuständig für die Bekämpfung des Rechtsradikalismus bei der Abteilung I (heute dem Staatsschutz vergleichbar) des Polizeipräsidiums. 52 Da ihm der Zutritt zum Präsidium in der Elsässer Straße verwehrt wurde, verlegte er seinen Amtssitz in die Friesenstraße 16 im Bezirk Kreuzberg. Seiner Aufforderung an die Angehörigen der zentralen Polizeidienststellen, ihren Dienst am neuen Amtssitz aufzunehmen, andernfalls drohe Kündigung, folgten 70 Prozent der Mitarbeiter. Durch die BK/O (49)23 stimmte die Alliierte Kommandantur der Ernennung Stumms am 12. Februar 1949 rückwirkend zu. 53
Während die traditionelle Einteilung der Kripo in zentrale Inspektionen (B, E I-II, ED, F, M I-II, WKP, KTU) sowie zwölf örtliche Kriminalinspektionen in den Westbezirken mit Revierkriminalbüros von der Polizeiführung in der Friesenstraße beibehalten wurde, stand im Ostteil Berlins die Angleichung der Kripostrukturen an die Verhältnisse in der neu gegründeten DDR ab Ende 1950 auf der Tagesordnung. Bereits im Oktober 1948 verlegte der Präsident der Volkspolizei seinen Sitz von der Elsässer Straße in die Neue Königstraße 27-37. Zum 1. April 1949 wurde die Kriminalinspektion Weibliche Kriminalpolizei aufgelöst und in die Dienststelle KD 5 (Jugendkriminalität) eingegliedert. 54
Die neue Struktur sah unter dem Präsidium der Volkspolizei (PdVP) den Aufbau der Abteilung K mit den Dezernaten A1-4 (Statistik, Berichtswesen, Schulung, Organisation), B 1-3 (Schutz und Sicherung der Wirtschaft und des Volkseigentums, Falschgeld), C 1-4, 6, 10 (Bekämpfung sonstiger Straftaten), E 1-8 (Erkennungsdienst, Technische Ausrüstung), F 1-4 (Fahndungswesen), und G 1-2 (Bekämpfung von Bränden und Explosionen) vor. Die bisherigen VP-Inspektionen erhielten die Bezeichnung VP-Ämter. Zu ihnen gehörten die Kommissariate B-F. 55
Seit 1952 übernahm die DDR das sowjetische System der Abschnittsbevollmächtigten (ABV), die in ihrem Abschnitt politische Überwachungen durchführten. Sie konnten VP-Helfer als Hilfspolizisten zur Unterstützung heranziehen. 56 Angaben von politisch Verdächtigen wurden an die Hauptabteilung IX des Ministeriums für Staatssicherheit weitergeleitet. Auf dem Reichsbahngelände im Westteil Berlins trat die Bahnpolizei als Ableger der Transportpolizei (Trapo) auf.
Die Ausbildung der Offiziere der mittleren Laufbahn (heute: gehobener Dienst) erfolgte für die DDR und Ostberlin zentral an der Fach- beziehungsweise Offiziersschule des MdI in Aschersleben. Die Ausbildung der Offiziere in der höheren Laufbahn (heute höherer Dienst) erfolgte an der Hochschule der DVP in Biesdorf. An der Humboldt-Universität zu Berlin konnte das Fach Kriminalistik als Vollstudium absolviert werden.
Die Anwärter der Kriminalpolizei für die Laufbahn des leitenden Dienstes im Westteil der Stadt nahmen ab 1953 an Kursen an der Polizeischule in Hiltrup teil. Nachdem seit Anfang 1966 die Kommissars-Lehrgänge an der Polizeischule Joachim Lipschitz abgehalten worden waren, verlagerte man im Rahmen der großen Polizeireform ab 1974 die theoretische Ausbildung an die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege außerhalb der Polizeibehörde. 57
Im Jahre 1956 zogen die zentralen Kriminaldienststellen in das Gebäude des ehemaligen Schöneberger Polizeipräsidiums in der Gothaer Straße 19. Dort begann man auch mit dem Wiederaufbau einer Lehrmittelsammlung. 58 Zur Erfassung und Analyse der Delinquenz von Jugendlichen diente die neu eingerichtete Jugendkartei. 59
Seit 1958 unterstellten die Alliierten durch die BK/O (58) 3 die Polizei wieder der Aufsicht durch den Senat. Sie ressortierte zwischen 1958 und 1962 vom Senator für Inneres, zwischen 1963 und 1967 vom Senator für Sicherheit und Ordnung. Die Alliierten behielten sich aber weiterhin die Ernennung und Suspendierung des Polizeipräsidenten sowie die Ernennung von höheren Beamten ab Oberkommissar vor.
Am 31. März 1962 trat Polizeipräsident Johannes Stumm in den Ruhestand. Zu seinem Nachfolger wählte das Abgeordnetenhaus Erich Duensing. Er führte die Geschäfte bis 1967. Von 1969 bis 1987 hatte Klaus Hübner das Amt des Polizeipräsidenten inne.
Überlegungen zur Neugliederung der Kripo ab Juli 1960 führten zur Bildung der zentralen Kriminaldirektion in der Abteilung K, dem K-Referat A mit den Inspektionen F und ED, Referat B mit den Inspektionen BI und BII, Referat E mit den Inspektionen E I und E II, dem Referat M mit den Inspektionen M I, M II, M III (Weibliche Kriminalpolizei) mit neuem Sitz in der Keithstraße 28-32 seit 1966 und dem K-Referat Ö mit zwölf bezirklichen Kriminalinspektionen, aufgeteilt in die Referate Nord/West (Bezirke Charlottenburg, Reinickendorf, Spandau, Tiergarten, Wedding und Wilmersdorf) und Referat Süd (Kreuzberg, Neukölln, Schöneberg, Steglitz, Tempelhof und Zehlendorf).
Mit der Polizeireform vom 1. Oktober 1974 gab die Polizei die Identität der Grenzen der Polizeibezirke mit denen der Verwaltungsbezirke auf. Die 112 Polizeireviere wurden aufgelöst. Stattdessen entstanden fünf Polizeidirektionen mit 31 Polizeiabschnitten. Den fünf örtlichen Polizeidirektionen wurden jeweils Kriminalreferate mit je zwei Inspektionen (Sofortdienst und Sachbearbeitung) angegliedert.
In zwei weiteren Direktionen innerhalb der Landespolizeidirektion wurden kriminalpolizeiliche Aufgaben konzentriert: Direktion Zentrale Verbrechensbekämpfung (deliktbezogene Kriminalitätsbekämpfung, unter anderem auch Staatsschutz, Zentralstelle für Fahndung und Erkennungsdienst und Gewerbeaußendienst) sowie die frühere kriminaltechnische Untersuchungsstelle als Direktion Polizeitechnische Untersuchungen. 60
Kernstück der Reform war die Einführung der Kontaktbereichsbeamten (KoBB) in 756 Bereichen. 61 Zum Zuständigkeitsbereich der Landespolizeidirektion als erste Säule des Polizeiaufbaus gehörten neben dem Dezernat Verbrechensbekämpfung (Grundsatzdienststelle der Kriminalpolizei) das Dezernat öffentliche Sicherheit, das Dezernat Dienstleistung, das Dezernat Straßenverkehr sowie ein Lagedienst. In der Säule 2 waren die Zentralen Dienste zusammengefasst (Organisation, Bauwesen, Fernmeldewesen, Datenverarbeitung, Polizeiklinik, Ausund Fortbildung). Säule 3 betreute die Ordnungsaufgaben (Einwohnermeldewesen, Passwesen, Asylund Ausländerfragen, Fahrerlaubnisse).
Die Kritik an diesem Modell der Zusammenfassung von Schupo und Kripo unter einheitlicher Führung, bei der wirkliche Kriminaldienststellen erst auf unterer Ebene erkennbar wurden, führte 1994 zur Wiedererrichtung eines Landeskriminalamtes. 62
Dem Nachfolger Hübners im Amt des Polizeipräsidenten, Georg Schertz, fiel die schwere Aufgabe zu, die Polizeiorganisationen beider Stadtteile nach der Wiedervereinigung zusammenzuführen. 63
Die Organisationsstrukturen des Westteils der Stadt wurden auf Senatsbeschluss vom 16. Juli 1991 auf den Ostteil übertragen, im Wesentlichen durch die Bildung zweier neuer örtlicher Polizei-Direktionen. Die örtlichen Volkspolizeiämter (VP-Inspektionen) wurden zu Abschnitten im Aufbau umbenannt. Insgesamt gliederte man das Gebiet Ostberlins in 18 Abschnitte. Am 1. Oktober 1990 übergab der Volkspolizeipräsident