Sophienlust Staffel 15 – Familienroman. Elisabeth Swoboda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elisabeth Swoboda
Издательство: Bookwire
Серия: Sophienlust Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740975692
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es doch«, höhnte sie. »Siehst du, das kannst du nicht.«

      »Ich will es auch gar nicht. Es stimmt. Ich war in Davos. Aber woher weißt du das?«

      Sie zog einen Briefumschlag aus der Tasche ihres Kleides.

      »Anjutas Brief.«

      »Anjutas Brief«, äffte sie ihn nach. »Du gibst es auch noch zu.«

      Plötzlich war ihre Stimme schrill.

      »Ich habe nichts getan, was ich verheimlichen müsste.«

      »Ach?« Sie ging langsam auf ihn zu.

      Unwillkürlich wich er einen Schritt zurück. Sie sah so gefährlich aus wie eine Raubkatze.

      »Du verheimlichst mir, dass du ein uneheliches Kind hast. Du besuchst hinter meinem Rücken die Mutter dieses Kindes und betrügst mich mit ihr.«

      »Carsta, ich bitte dich!« Er schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. »Ich habe dich nicht betrogen. Und dass ich ein uneheliches Kind habe, wusste ich bis vor Kurzem selbst noch nicht.«

      »Mir kannst du nichts vormachen«, schnaubte Carsta entrüstet. Ihren Pariser Flirt mit John hatte sie in diesem Moment völlig vergessen. Sie fühlte sich als die Betrogene und machte Daniel eine Szene, die filmreif war. Obwohl er immer wieder beteuerte, sie nicht betrogen zu haben, glaubte sie ihm nicht.

      Schließlich ließ Daniel sie einfach stehen. Er ging in sein Schlafzimmer und schlug die Tür hinter sich zu.

      Bebend vor Zorn betrat Carsta ihren eigenen Schlafraum. Dabei fasste sie einen Entschluss. Ich werde mich selbst von der Wahrheit überzeugen, beschloss sie. Ich fahre morgen nach Davos und schaue mir dieses Früchtchen einmal an.

      *

      Carsta erreichte Davos am Sonntagnachmittag. Sie gehörte zu jener Sorte von Frauen, die für sich selbst alle Freiheit beanspruchen, die aber bitterböse werden, wenn sich der Partner nur einen Bruchteil dessen erlaubt, was sie sich selbst zugestehen.

      Eine Schwester führte sie in Anjutas Zimmer. »Besuch für Sie, Frau Fabricius.«

      Carsta trat ein.

      Fragend blieb Anjutas Blick an dem schönen Gesicht der fremden Frau hängen. Dieses Gesicht kam ihr bekannt vor.

      »Ich bin Carsta Fernau.«

      Anjuta erschrak. »Daniels Frau?«

      »Stimmt. Die Frau, der Sie den Mann wegnehmen wollen.«

      »Ich will Ihnen Daniel nicht wegnehmen«, widersprach Anjuta ihr mit schwacher Stimme.

      »Hören Sie auf, mir Märchen zu erzählen«, explodierte Carsta. »Ihren Typ kenne ich. Wenn Sie auf normale Art nichts erreichen, dann versuchen Sie es mit Mitleid. Krank und so. Schwerkrank sogar.« Eine abfällige Geste unterstrich die gemeinen Worte.

      Anjutas Atem flog. Sie bekam kaum noch Luft. Aufhören, flehte ihr Blick. »Bitte, hören Sie auf.«

      Doch Carsta tobte weiter. »Nachdem Sie mit Mitleid nicht ans Ziel kamen, erfanden Sie das Märchen von dem unehelichen Kind.«

      Anjuta erstarrte. »Sie wagen es …« Die Stimme versagte ihr.

      »Hören Sie auf mit dem Theater. Das zieht bei mir nicht.«

      Anjuta rang keuchend nach Luft. »Ich habe ein Kind von Daniel auf die Welt gebracht.«

      Die Kranke begann zu husten, doch Carsta achtete nicht darauf. »Und wo ist es?«

      »Das weiß ich nicht«, sagte Anjuta leise. Sie war den Tränen nahe. Zu allem Schmerz und aller Verzweiflung kam auch noch diese Gemeinheit. Das war zu viel für sie.

      »Sie haben ein Kind geboren und wissen nicht, wo es ist? Für wie dumm halten Sie Ihre Mitmenschen eigentlich? Diese ganze Geschichte ist doch erstunken und erlogen. Sie haben niemals ein Kind von Daniel auf die Welt gebracht. Mit dieser hinterlistigen Lüge wollen Sie ihn nur an sich ketten.«

      Anjuta begann zu weinen. Gleichzeitig trat eine Schwester ein.

      »Wie können Sie die Kranke so aufregen?«

      Die Schwester trat zu Anjuta, um sie zu trösten. Doch als sie sah, in welchem Zustand sich die Kranke befand, bat sie Carsta, das Zimmer zu verlassen.

      »Ich bleibe hier, bis ich fertig bin«, erwiderte Carsta arrogant.

      »Sie müssen gehen«, verlangte die Schwester energisch. »Die Kranke darf sich nicht aufregen.«

      »Die Kranke wird sich noch viel mehr aufregen, wenn ich mit ihr fertig bin«, schnappte Carsta. »Diese Betrügerin!«, schleuderte sie Anjuta ins Gesicht.

      »Ich hole den Doktor.« Die Schwester eilte aus dem Zimmer.

      Gleich darauf kam sie mit dem diensttuenden Arzt zurück. Als dieser Anjutas Zustand sah, warf er Carsta kurzerhand hinaus.

      »Das lasse ich mir nicht bieten«, zeterte Carsta weiter.

      »Sie werden sich noch viel mehr bieten lassen müssen«, drohte der Arzt ihr, »wenn Sie nicht sofort verschwinden. Sie haben die Kranke in lebensgefährliche Aufregung versetzt. Dafür muss ich Sie zur Verantwortung ziehen.« Er zog rasch eine Spritze für Anjuta auf.

      Als Carsta das sah, hastete sie aus dem Zimmer.

      *

      Daniel hatte den Sonntag in Sophienlust verbracht. Am Montagnachmittag fuhr er nach Gmund am Tegernsee. Dort wollte er ein paar Tage bleiben. Seine Sekretärin wusste, wo sie ihn telefonisch erreichen konnte, falls er im Werk gebraucht werden sollte.

      Daniel hatte irgendwie das Gefühl, dass er den Schlüssel zu dem Geheimnis um seinen Sohn in Gmund finden würde. Aber wie? Die Familie Färber war verzogen. Wohin, das hatte er nicht herausfinden können. Dabei wäre diese Stine Färber der einzige Mensch gewesen, der ihm seine Fragen hätte beantworten können.

      Von dem Besuch seiner Frau in Davos ahnte Daniel nichts. Er wusste nicht, wo Carsta den Sonntag verbracht hatte. Außerdem interessierte ihn das auch nicht.

      Daniel wohnte in einem Hotel, das mitten im Dorf lag. Das hatte den Nachteil, dass es abends ein bisschen laut war.

      Denn zum Hotel gehörten ein Restaurant und ein Tanzlokal. Aber es hatte auch den Vorteil, dass er viele Einheimische kennenlernte, wenn er abends bei einem Bier in der Gaststube saß. Dabei fragte er die Leute unauffällig aus. Sie erzählten ihm, was er wissen wollte. Doch es brachte ihn keinen Schritt weiter.

      Nur Geduld, ermahnte Daniel sich selbst. Irgendwann wirst du auf eine Spur stoßen, die zu dem Jungen führt.

      Doch nach zwei Tagen wusste er noch genauso wenig wie am ersten. Er fuhr für einen halben Tag nach München, um in seiner Fabrik nach dem Rechten zu sehen. Carsta war nach Paris zurückgeflogen. Sie hatte ihm keine Nachricht hinterlassen. Doch nach der Szene, die sie ihm gemacht hatte, legte er auch keinen Wert darauf.

      Am Donnerstagnachmittag traf Daniel wieder in Gmund ein und wurde von dem Wirt schon wie ein alter Bekannter begrüßt.

      Den Abend verbrachte er wieder in der Wirtsstube, in der die Einheimischen ihr Bier tranken. Touristen oder Urlauber kamen selten in diesen Raum. Die besuchten meist das Tanzlokal, um Bekanntschaften zu machen und sich zu amüsieren.

      Mit wachen Augen beobachtete Daniel alles, was um ihn herum vorging. Er lauschte auch den Gesprächen der Einheimischen. Zwischendurch kamen auch Ortsansässige herein, die an der Theke ein Bier holten.

      Ein Junge in zerrissenen Hosen kaufte eine Flasche Korn. Als er wieder hinausging, sah Daniel, dass er barfuß war.

      Kaum hatte der Junge das Lokal verlassen, da hörte man draußen Schreie und Gelächter und das Splittern von Glas.

      Gleich darauf schlich der barfüßige Junge weinend ins Lokal. Er schämte sich ein bisschen und versuchte die Tränen wegzuwischen.

      »Was ist passiert, Jens?«, fragte der Wirt barsch, obwohl er