Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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Ins Ohr geraunt –), daß nichts entschieden ward

       Wider des alten Titus frechen Stamm

       Als nach Gesetz und Recht. Und ob nun auch

       Der Kummer seine Sinne so zerstört,

       Darf seine Rachgier, Fieberhitz und Zorn

       Und seine Bitterkeit uns so bedrohn?

       Nun schreibt er an die Götter um Ersatz;

       Seht, hier an Jupiter, dies dem Merkur,

       Dies an Apollo, dies dem Gott des Kriegs: –

       Recht saubre Zettel für den römschen Markt!

       Heißt das nicht Lästrung wider den Senat?

       Verdammung unsres ungerechten Sinns?

       Ein angenehmer Scherz, nicht wahr, ihr Herrn?

       Als wollt er sagen, Rom kennt kein Gesetz!

       Doch, wenn ich lebe, soll verstellter Wahnsinn

       Ihm keinen Schutz für diesen Hohn verleihn;

       Er soll erfahren, daß Gerechtigkeit

       Noch lebt in Saturnin, die, schläft sie gleich,

       Jetzt so erwachen wird, daß ihre Wut

       Vernichten soll den stolzesten Verschwörer.

      Tamora.

       Mein gnädger Fürst, geliebter Saturnin,

       Herr meines Lebens, Herrscher meines Sinns,

       Sei mild, vergib dem altersschwachen Greis.

       Ihn tört der Gram um seine tapfern Söhne,

       Der ihm ins Mark dringt und die Brust durchbohrt.

       Erleichtre lieber sein unselig Los,

       Als daß du strafst den Niedern oder Höchsten

       Für solche Kränkung. (Beiseite.) Also, schlau gewandt,

       Muß Tamora mit jedem freundlich tun;

       Doch Titus, dir verwundet ich das Herz

       Und traf dein Leben; ist nur Aaron klug,

       Geht alles wohl, im Hafen ankern wir.

      Der Bauer kommt.

      Was gibts, mein Freund, bringst du uns ein Gesuch?

      Bauer. Ja freilich, wenn Euer Wohlgeboren kaiserlich sind.

      Tamora.

       Ich bin die Kaiserin; dort sitzt der Kaiser.

      Bauer. Das ist er? Gott und Sankt Stephan geben Euch einen guten Abend; ich habe Euch einen Brief gebracht und ein paar Tauben.

      (Der Kaiser liest den Brief.)

      Saturninus.

       Führt ihn hinweg und hängt ihn alsogleich.

      Bauer. Wieviel Geld krieg ich?

      Tamora.

       Geh, Freund, du wirst gehängt.

      Bauer. Gehängt! Meiner Seel, so nimmt mein Hals ein saubres Ende! (Ab.)

      Saturninus.

       Schmachvoll und unerträglich! Welcher Hohn!

       Schweig ich zu solchem unerhörten Greuel?

       Ich weiß, von wem der ganze Einfall stammt;

       Ich trag es nicht! Als ob die Frevlerbrut,

       Gefällt nach Recht für unsres Bruders Mord,

       Von mir geschlachtet wäre wider Recht!

       Geht, schleppt den Schurken bei den Haaren her;

       Nicht Alter, Würde sei ein Vorrecht ihm.

       Für diesen Spott will ich sein Schlächter sein;

       Verstellt wahnwitzger Hund! Zur Krone halfst du,

       In Hoffnung, über Rom und mich zu herrschen. –

      Ämilius tritt auf.

      Was gibts, Ämilius?

      Ämilius.

       Zu den Waffen, Herr! Rom hatte nie mehr Grund:

       Die Goten stehen auf; mit einer Macht

       Entschloßner Krieger, die nach Beut entflammt,

       Ziehn sie heran in schnellem Marsch, geführt

       Von Lucius, dem Sohn Andronicus',

       Der droht, in seiner Rache zu erfüllen,

       Soviel als jemals Coriolan vollbracht.

      Saturninus.

       Der tapfre Lucius führt das Gotenheer?

       Die Nachricht tötet; wie die Blum im Frost,

       Wie Gras gepeitscht vom Sturm, häng ich das Haupt.

       Ja, nun beginnt die Sorge mir zu nahn;

       Er ist es, den der Pöbel stets geliebt;

       Ich selber hörte klagen unterm Volk

       (Wenn ich umherging wie ein Bürgersmann),

       Daß Lucius widerrechtlich sei verbannt,

       Und wie sie Lucius sich zum Kaiser wünschten.

      Tamora.

       Was fürchtet Ihr? Ist unsre Stadt nicht fest?

      Saturninus.

       Ja, doch die Bürger sind dem Lucius hold

       Und fallen ab von uns, ihm beizustehn.

      Tamora.

       Sei wie dein Name kaiserlich gesinnt!

       Verfinstert denn die Sonn ein Mückenschwarm?

       Der Adler duldet kleiner Vögel Sang,

       Ganz unbekümmert, was ihr Zwitschern meint;

       Er weiß, wie mit dem Schatten seiner Flügel

       Er nach Gefallen sie zum Schweigen bringt;

       So kannst auch du die Schwindelköpfe Roms.

       Drum Mut gefaßt! Denn wisse, mein Gemahl,

       Ich will bezaubern den Andronicus

       Mit Worten, süßer und gefährlicher,

       Als Wurm dem Fisch und Honigklee dem Schaf,

       Da jenem mit dem Wurm der Hamen droht

       Und diesem Krankheit bringt die süße Kost.

      Saturninus.

       Doch nimmer bittet er für uns den Sohn!

      Tamora.

       Wenn Tamora ihn bittet, wird ers tun;

       Denn schmeicheln kann ich und sein Ohr erfüllen

       Mit goldner Hoffnung, daß, wär auch sein Herz

       Fast unangreifbar, taub sein altes Ohr,

       Doch meine Zung ihm Herz und Ohr besiegt.

       (Zu Ämilius.) Geh du voran, sei Abgesandter uns,

       Sag, daß der Kaiser ein Gespräch begehrt

       Vom tapfern Lucius, und als Ort bestimme

       Das Haus des Titus, seines alten Vaters.

      Saturninus.

       Ämilius, führ die Botschaft würdig aus,

       Und wünscht er Geiseln ihm zur Sicherheit,

       So nenn er selbst, welch Unterpfand er heischt.

      Ämilius.

       Den Auftrag werd ich alsobald vollziehn. (Ab.)

      Tamora.

       Jetzt eil ich zu dem Greis Andronicus,

       Mit allen meinen Künsten lenk ich ihn,

       Daß er den Lucius abruft von dem Heer.