Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 4. Martina Meier. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Martina Meier
Издательство: Bookwire
Серия: Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783960743224
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war Ruprecht, ein Landstreicher, der im Schatten der Dunkelheit alle Plätzchen, die die Kinder für den Nikolaus auf die Fensterbank gelegt hatten, wegnahm, und sie gierig in den Mund stopfte. Anschließend eilte er mit einem hinterhältigen Grinsen in die nächste Gasse. Heute wollte er sich mal so richtig satt essen und diese Nacht war eine günstige Gelegenheit. Da er wusste, dass der Weihnachtsmann nur Kindern etwas brachte und er nichts bekommen würde, plante er, dem Nikolaus den Sack mit den Geschenken zu stehlen.

      Ruprecht hatte sich den Reiseweg, den der Weihnachtsmann mit den Rentieren im vorigen Jahr genommen hatte, gut gemerkt. Er schaute auf die Turmuhr. Die Uhr sagte ihm, dass er nicht länger warten brauchte, und so machte er sich auf den Weg. Er schlich leise wie eine Katze aus dem Ort und lief durch den verschneiten Wald zu den drei Eichen. Hier wollte er dem Nikolaus mit seinem Gespann auflauern. Bei den drei Eichen spähte er im Schutz der Bäume nach rechts und links, zog einen Draht aus dem Umhang und spannte ihn über den Weg. Danach verwischte er mit etwas Gestrüpp alle Spuren und versteckte sich hinter den Büschen.

      Es dauerte nicht lange, da hörte er herannahendes Glöckchengeläut. Der Nikolaus war ihm Anmarsch! Die Kommandorufe „ho, ho, hoo“ waren weithin zu hören. Ruprecht grinste, sog tief die Luft ein und machte sich startklar. Eine Minute später preschten die Rentiere heran. Ihre Beine verfingen sich im Draht. Sie strauchelten, verloren den Halt unter ihren Füssen und stürzten. Der Schlitten kippte um und schleuderte den Nikolaus aus den Wagen. Der Weihnachtsmann drehte einen Salto, verfehlte knapp die Eiche und landete kopfüber in einer Schneewehe. Sein Körper bohrte sich tief in den Schnee, sodass nur noch seine schwarzen Stiefel zu sehen waren.

      Ruprecht sprang aus der Deckung, zerrte den Sack vom Schlitten, verschwand mit ihm im Schatten der Nacht und eilte zurück ins Dorf.

      Als er an Martins Fenster vorbeikam, legte der Junge gerade neue Plätzchen auf die Fensterbank. Martin wusste nicht, was er denken sollte: Die Plätzchen waren weg und vom Nikolaus war immer noch nichts zu sehen. Alle Straßen waren verlassen und leer; wäre der Nikolaus im Ort, müsste man auf den schneebedeckten Wegen, eine Fuß- oder Schlittenspur sehen. Während Martin noch überlegte, wo der Nikolaus blieb, schlich Ruprecht im Lichtkegel der Laterne mit dem Sack vorbei. Der Junge stutzte. Wer war das? Er kannte jeden, der in diesem Ort wohnte, aber so einen schwarzen Kerl, hatte er hier noch nie gesehen. Eine innere Stimme verriet Martin, dass mit dem Schwarzen etwas nicht in Ordnung war. Ohne zu überlegen, rief er schneidend: „Halt! Stehen bleiben!“

      Ruprecht erschrak. Er duckte sich, drehte um, hastete durch dunkle Seitengassen aus dem Ort und flitzte über eine Wiese davon. In der Eile übersah er den verschneiten Stacheldraht am Wiesenrand und rannte hinein. Die Stacheln bohrten sich sofort in seine Unterarme. Es schmerzte höllisch. Vorsichtig versuchte er, den Draht aus seiner Haut zu ziehen. Ohne Erfolg. Sobald er seine Hände bewegte, bohrten sich die Stacheln tiefer in sein Fleisch. Er wagte sich nicht mehr zu bewegen und rief um Hilfe. Niemand hörte ihn.

      Die Zeit verstrich. Mittlerweile waren seine Arme und Beine steif gefroren. Ihm wurde angst und bange. Wenn ihn niemand befreite, war er seinem Schicksal hilflos ausgeliefert. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass es dem Nikolaus genau so erging und er ebenfalls hilflos im Schnee steckte. Er bekam ein schlechtes Gewissen und Angst, dass dem Weihnachtsmann etwas zustoßen könnte. Was wäre ... wenn er im Schnee ersticken oder erfrieren würde? Dann gab es vielleicht nie mehr Weihnachten, und keiner würde mehr Geschenke bekommen. Das hatte er nicht gewollt. In seiner Not wollte er alles rückgängig machen und gelobte: „Wenn ich gerettet werde, befreie ich den Nikolaus und bitte ihn um Verzeihung.“ Er jammerte und schrie. Seine lauten Schreie schallten durch die stille Nacht.

      Martin, der schon wieder nach dem Nikolaus Ausschau hielt, hörte seine Schreie. Dem Jungen schlotterten die Knie. Die ganze Sache war mehr als verdächtig, und das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte, verstärkte sich mehr und mehr. Martin unterdrückte seine Furcht, zwängte sich in seine hohen Stiefel, folgte den Spuren im Schnee und eilte den Hilferufen entgegen. Als er den schwarzen Mann eingeschnürt im Stacheldraht sah, lief er zu ihm und befreite ihn. Sein Blick fiel auf den Sack und er fragte verwirrt: „Was ist das für ein Sack! Woher hast du den?“

      Der Schwarze druckste herum und gab schließlich kleinlaut zu: „Vom Nikolaus.“

      „Und wo ist der Nikolaus?“, wollte Martin wissen.

      Ruprecht zog verschämt den Kopf ein, schulterte schnell den Sack und brummte: „Ich hol’ ihn.“

      Martin merkte, dass er den Schwarzen bei einer Missetat ertappt hatte und warnte. „Beeil dich! Die Kinder warten schon. Wenn du nicht zurückkommst, hol ich sie. Wir finden dich! Deine Spur im Schnee ist deutlich zu sehen.“

      Ruprecht rannte zu den drei Eichen. Der Weihnachtsmann steckte immer noch im Schnee. Als die Rentiere den schwarzen Mann erblickten, traten sie zornig mit den Hufen, schnaubten und rollten drohend mit den Augen. Ruprecht kraxelte auf die Schneewehe, ergriff die Füße vom Weihnachtsmann und riss ihn mit einem kräftigen Ruck heraus. Reumütig sah er den Nikolaus an und nuschelte: „Verzeih mir, ich habe es nicht so bösʼ gemeint, wie kann ich es wieder gut machen?“

      Der Weihnachtsmann wusste genau, wovon der Gauner sprach und brummte: „Als Strafe nehme ich dich mit. Du bist mein Knecht und wirst ab heute Knecht Ruprecht genannt. Du kümmerst dich um meinen Schlitten und die Tiere, gehst durch die Schornsteine und öffnest mir die Türen. Ist deine Reue ehrlich gemeint, soll dir bald verziehen sein. Beeil dich, mach den Schlitten fahrbereit, damit wir die Kinder beschenken können.“

      Ruprecht befolgte alles stillschweigend, er machte den Schlitten startklar und lenkte ihn ins Dorf. Als das Gespann in den Ort kam, hielten sie zuerst bei Martin an. Der Junge strahlte, als er den Nikolaus sah. Er verteilte an alle seine Plätzchen und der Nikolaus überreichte ihm das schönste Weihnachtsgeschenk, das er im Sack hatte.

      Gisela Luise Till, Jahrgang 1944, wohnhaft in Alsdorf Rheinl., schrieb, inspiriert durch ihre Enkelin, das Fantasiebuch „Die Zauberperle“, das im Papierfresserchen Verlag veröffentlicht wurde. Seitdem hat die Autorin an den ausgeschriebenen Anthologien teilgenommen und ist im dritten Band der Weihnachtsanthologie „Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland“ mit der Geschichte „Der Weihnachtsengel“ vertreten. Frau Till ist eine leidenschaftliche Hobbyautorin und Mitglied im Literaturkreis „Kugel“, für kreatives Schreiben. Sie schreibt Kurzgeschichten und Gedichte, die sie bei Lesungen in ihrer Heimatregion vorträgt.

      *

      Der weihnachtliche Personal-Shopper

      „Verdammt! Jedes Jahr der gleiche Mist!“

      Sarahs Kopf war blutrot, der Schweiß strömte von ihrer Stirn. Sie hatte keinen 100-Meter-Lauf in zehn Sekunden geschafft – es war Angstschweiß! Denn: Es war der Morgen des 24. Dezembers und Sarah stand mitten im örtlichen Kaufhaus, um sie herum etwa weitere acht Millionen Menschen, die Last-Minute-Geschenke brauchten.

      „Also … okay … ich brauche fünf Geschenke. Mama, Papa, Oma, Opa, Bruder. Fangen wir leicht an. Bruder“, versuchte sich Sarah Mut zuzusprechen.

      Aber wie zum Teufel hieß noch mal seine Lieblingsband, von der er die neue CD wollte? The Billers? The Nillers? Keine Ahnung, aber irgendwo würde sie schon was im Elektronikmarkt finden. Einziges Problem: Geschätzte vierhundert weitere Angstschweiß-Menschen tummelten sich vor Flachbildfernsehern, DVDs, CDs und Toastern. Wer schenkte seiner Liebsten zu Weihnachten bitte einen Toaster? Irgendwelche Ideen? Richtig – Männer!

      Die Verkäufer hatten sich anscheinend alle versteckt. Bestimmt gab es hier irgendwo eine geheime Tür, hinter der die Verkäufer gerade Mau-Mau spielten oder mit versteckter Kamera die verwirrten Menschen beobachteten.

      Keine Hilfe von den Verkäufern? Selbst ist die Frau! Ab zum CD-Regal und nach The Zillers suchen. Gut war natürlich, dass Sarah einfach nur bei „The“ schauen musste und siehe da – The Killers. Genau! Die waren es, die ihr Bruder zur Dauerbeschallung der Wohnung nahm. Aber da ergab sich schon das nächste Problem. Welches Album sollte sie kaufen? Sie kannte keinen einzigen Song mit Namen und konnte nicht ableiten, was ihr Bruder schon auf CD hatte