Beispiel: Wenn bei einem kardiologischen Patienten eine Gefäßstütze (Stent) implantiert werden soll, so bestehen aus medizinischer Sicht mehrere Optionen. U. a. kann ein nicht beschichteter, sogenannter »bare metal stent« implantiert werden. Die Kosten für diesen Stent sind in der entsprechenden DRG vom InEK berücksichtigt. Alternativ kann ein medikamentenbeschichteter Stent verwendet werden, für den – eine korrekte Kodierung vorausgesetzt – ein ZE abgerechnet werden kann. Das ZE finanziert nicht die Kosten für den beschichteten Stent, sondern die Differenzkosten zwischen bare metal stent und medikamentenbeschichtetem Stent.
Die Refinanzierungsquote kann also für einzelne Artikel unter 100 % liegen, ohne dass man zwangsläufig von einem unwirtschaftlichen Einsatz ausgehen muss. Die Alarmglocken sollten allerdings läuten, wenn sich die Refinanzierungsquote im Zeitverlauf (plötzlich) reduziert; dies könnte dann z. B. mit schlechteren Einkaufskonditionen, mangelhafter Kodierung oder verändertem Verordnungsverhalten zusammenhängen.
In Kap. 11.6 werden wir an einem praktischen Beispiel die Refinanzierungsquote durch ZE herleiten (
Praxistipp für Ärzte
Zusatzentgeltrelevante Leistungen können nur abgerechnet werden, wenn das Krankenhaus mit den Kostenträgern eine entsprechende Budgetvereinbarung getroffen hat. Dies sollte man bedenken, wenn z. B. Handelsvertreter darauf hinweisen, dass ein neues, im Haus bisher nicht eingesetztes Verfahren, durch Zusatzentgelte »mehr als refinanziert« wird. Kontaktieren Sie in solchen Fällen Ihr Controlling, um die Abrechnungsmöglichkeiten abzustimmen!
3.8 Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB)
Im Sinne eines lernenden Systems werden gemäß § 6 Abs. 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB), die mit den vorhandenen Fallpauschalen und Zusatzentgelten noch nicht sachgerecht vergütet werden können, über zeitlich befristete, fallbezogene Entgelte jenseits der bestehenden Kataloge vergütet. Die Abrechnungsmodalitäten ähneln den im vorigen Abschnitt beschriebenen krankenhausindividuell zu vereinbarenden Zusatzentgelten, allerdings ist für das einzelne Krankenhaus eine Hürde zu nehmen, bevor die Leistung mit den Kostenträgern verhandelt werden kann: bis spätestens 31.10. des Vorjahres muss beim InEK ein Antrag gestellt werden. Nur bei einer entsprechenden positiven Bewertung durch das InEK ist dann überhaupt die Möglichkeit gegeben, die Leistung in die Forderung im Rahmen der jährlichen Budgetverhandlungen aufzunehmen. Da eine bundeseinheitliche Festlegung für den Preis nicht besteht, ist dieser wie bei den nicht bewerteten ZE auf der örtlichen Ebene zu verhandeln.
Details hierzu sind der »NUB-Vereinbarung« gem. § 6 Abs. 2 KHEntgG zu entnehmen.
3.9 Aktuelle Weiterentwicklung des DRG-Systems
Mit der Einführung der G-DRGs wurden die Krankenhäuser gezwungen, die Wirtschaftlichkeit ihrer medizinischen Leistungen zu verbessern und sich einem (Verdrängungs-)Wettbewerb zu stellen. Die normierten Preise für definierte medizinische Leistungen bewirken, dass wirtschaftlicher Erfolg insbesondere durch effiziente Prozesse und durch optimale Auslastung der Ressourcen erreicht wird. In den letzten Jahren wurde zunehmend kritisiert, dass durch diese Effekte Fehlanreize gesetzt werden. Insbesondere wurde den Krankenhäusern immer wieder vorgeworfen, ihre Effizienz und Wirtschaftlichkeit zulasten der Personalausstattung, insbesondere im Pflegedienst, sowie der Behandlungsqualität zu optimieren.
Der Gesetzgeber hat auf diese Kritik reagiert und insbesondere mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG, 2015) und mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG, 2018) Bedingungen geschaffen, die zu durchgreifenden Veränderungen der Finanzierung von Krankenhausleistungen und damit auch der Sachkostenfinanzierung führen. Durch die verschiedenen Maßnahmen sollen vor allem die Qualität der medizinischen Leistungen und die (Pflege-)Personalausstattung nachhaltig gestärkt werden. Weiterhin sollen Fehlanreize reduziert werden, die in der Vergangenheit zu Mengensteigerungen für vermeintlich lukrative Leistungen geführt haben sollen. Die wichtigsten Änderungen werden nachfolgend erläutert.
Maßnahmen zur Erhöhung der Qualität
Die Qualität der stationären Versorgung soll sich zukünftig auf die Krankenhausvergütung auswirken. Für außerordentlich gute Qualität sollen die Krankenhäuser Zuschläge und für Qualitätsmängel Abschläge erhalten.
Zudem werden planungsrelevante Qualitätsindikatoren entwickelt (bisher für die Bereiche Gynäkologie / Geburtshilfe). Die Bundesländer sind aufgefordert, Krankenhäuser, welche die Qualitätsanforderungen nicht nur vorübergehend in einem erheblichen Maße nicht erfüllen, ganz oder teilweise aus dem Krankenhausplan herauszunehmen.
Bereits heute werden für einige hochspezialisierte Leistungen vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) Mindestmengen vorgegeben, u. a. für Transplantationen, komplexe Ösophagus- und Pankreaseingriffe, Frühgeborene und Knie-Endoprothesen. Es wird erwartet, dass der Katalog mindestmengenrelevanter Leistungen zukünftig erweitert und die Mindestmengengrenze jeweils erhöht wird.
Durch Richtlinien des G-BA sowie durch die Definition von Strukturmerkmalen im OPS-Prozedurenkatalog liegen bereits jetzt für zahlreiche spezialisierte Leistungen Mindestmerkmale in Bezug auf die Struktur- und Prozessqualität vor. Beide Instrumente werden weiter ausgebaut. Zudem wird die Einhaltung dieser Qualitätsvorgaben zukünftig stärker überprüft, z. B. durch den Medizinischen Dienst.
Krankenhäuser sollten sich bei der strategischen Leistungsplanung unbedingt an den bereits wirksamen und an den zu erwartenden Rahmenbedingungen zur Qualitätssteuerung orientieren.
Maßnahmen zur Verbesserung der pflegerischen Versorgung
Zur Verbesserung der Pflege müssen Krankenhäuser künftig Pflegepersonaluntergrenzen einhalten. Durch Rechtsverordnung wurden diese Mindestgrenzen zunächst für vier »pflegesensitive Bereiche« festgelegt: Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie und Unfallchirurgie. Ab 2020 werden zusätzlich die Bereiche Neurologie und Kardiochirurgie betroffen sein; zukünftig sollen Untergrenzen für alle Krankenhausbereiche etabliert werden (sog. Ganzhaus-Ansatz).
Jede zusätzliche Stelle in der Krankenhauspflege wird vollständig von den Krankenkassen finanziert. Ebenso werden Vergütungen von Auszubildenden in Krankenpflege im ersten Ausbildungsjahr vollständig von den Krankenkassen übernommen.
Diese Maßnahme aus dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz bedeutet die umfassendste Reformierung des G-DRG-Systems seit dessen Etablierung, da sie eine Abkehr vom oben beschriebenen