Könnte die Entdeckung des Determinismus nicht nur unser eigenes Leben zerstören, sondern auch im nachhinein offenbaren, daß jedes frühere gute Leben nicht das war, was es für die, die es führten, zu sein schien? Manche Bilder in der philosophischen Literatur spielen mit dieser quälenden Vorstellung. Anscombe (1957, S. 6) erzählt uns von einer Vorlesung, in der Wittgenstein seine Zuhörer einlud, herabfallende Herbstblätter zu betrachten, die zu sich selbst sagen: „Nun fliege ich dorthin … nun fliege ich dahin“. Hobbes dachte sich eine ähnliche Phantasiegeschichte aus:
„Ein hölzerner Kreisel, der von den Burschen gepeitscht wird und manchmal an die eine Wand, manchmal an eine andere Wand gerät, sich manchmal dreht, manchmal Leuten gegen das Schienbein stößt, würde, wenn er gegenüber seiner eigenen Bewegung sensibel wäre, denken, er käme aus eigenem Willen voran, außer er fühlte, was ihn peitscht. Und ist ein Mensch irgendwie weiser, wenn er zu der einen Stelle um eine Wohltat, zu einer anderen um eine Abmachung rennt und die Welt damit belästigt, Irrtümer aufzuschreiben und Antworten zu verlangen, weil er glaubt, er täte es ohne einen anderen Grund als aus seinem eigenen Willen, und der nicht sieht, worin die Peitschenhiebe bestehen, die seinen Willen verursachen?“ (Hobbes, Werke, hrsg. von Molesworth, Vol V., S. 55).
Manche Illusionen sind fast unwiderstehlich. Der Golfspieler sieht seinen Ball, wie er langsam auf das Loch zurollt. Er krümmt und verrenkt und bückt sich, als ob er den Ball dazu bringen wollte, seinen Kurs zu ändern, als ob seine Verrenkungen tatsächlich eine Veränderung bewirken könnten. Aber es ist natürlich zu spät. Es gibt einen Ausdruck für solche Possen: „body English“8. „Body English“ ist immer nutzlos, manchmal komisch, manchmal ergreifend und oft unwiderstehlich. Womit die Wissenschaft uns droht, ist zu zeigen, daß all unser Streben letztlich nichts anderes als „body English“ ist. Wäre es nicht furchtbar, wenn unsere ganze mentale Gymnastik, unsere Überlegungen und Bestrebungen und Entscheidungen und Kämpfe letztlich nichts anderes als „body English“ wären? Sie wären es, wenn sie (wie unwiderstehlich auch immer) völlig unfähig wären, irgendeinen wirklichen Unterschied für die Resultate der Ereignisse, auf die es uns ankommt, nach sich zu ziehen. Dieses Schreckgespenst nimmt breiten Raum in den Diskussionen über den Fatalismus ein, aber das ist nicht sein einziger Jagdgrund. Für den Augenblick könnte es nützlich sein, „body English“ etwas ganz Ähnlichem gegenüberzustellen, denn das könnte uns helfen, uns vor einer Angst zu retten.
Betrachten wir das Durchschwingen9. Dem Golfspieler wurde vom Golfprofi gesagt, er solle seinen Kopf gebeugt lassen, bis er seinen Schwung beendet hat. Doch wie kann das ein guter Rat sein? Der Ball verläßt das Ende des Schlagholzes mitten im Schwung, und nachdem er seine Reise begonnen hat, kann nichts mehr, was an der Abschlagstelle geschieht, diese Bahn verändern. Ist nicht die Aufmerksamkeit auf Details des Schwunges, die eintreten, nachdem der Ball das Schlagholz verlassen hat, bloß so etwas wie „body English“? Nicht unbedingt. Denn vielleicht ist dies die einzige Art und Weise, das Richtige bis zum Moment des Abschlages geschehen zu lassen: nach vorne zu schauen und ein entfernteres Ziel ins Auge zu fassen und sich auf seine Anstrengungen verlassen, das Ziel zu erreichen, um dadurch Körperbewegungen hervorzubringen, die genau die richtige Distanz mit genau der richtigen Geschwindigkeit überwinden lassen. Man wäre wirklich dumm, den Rat des Profis nicht zu beachten, bloß aufgrund des Argumentes, das oben gegeben wurde, daß es keinen Unterschied machen könnte. Es könnte den entscheidenden Unterschied machen. Manchmal besteht die einzige Möglichkeit, etwas zu erreichen, was man wirklich will, darin, daß man versucht, etwas anderes zu tun. (Diese Andeutungen werden im fünften und siebten Kapitel ausgebaut.)
Ich werde also Feuer mit Feuer bekämpfen. Der Angstmacher ruft das alltägliche Bild des „body English“ hervor und bringt uns dazu, den Schauder der Verwirrung oder der Angst in die metaphysische Sphäre des freien Willens zu übertragen. Ich entgegne mit dem alltäglichen Bild des Durchschwingens und frage, warum man nicht genausogut seine kongenialere Lehre auf den hohen metaphysischen Standpunkt übertragen kann. Aber es sollte einen besseren Weg geben, den man verfolgen kann, und es gibt einen. Es ist mehr oder weniger traditionelle philosophische Praxis, flott durch die Analogien zu einer Konklusion zu gelangen, die dann zum Ausgangspunkt für außerordentlich sorgfältige Theoriekonstruktion und Argumentation wird. Zum Beispiel wird als „offenkundig“ angenommen, daß die Art von freiem Willen, die wir alle wollen, so ist, daß man nur dann einen freien Willen hat, wenn man „auch anders hätte handeln können“, und dann wird große Sorgfalt und Energie darauf verwandt, die notwendigen und hinreichenden Bedingungen für diese Art von Vermögen oder Gelegenheit auszuformulieren.
Das bringt dann den seltsamen Wunsch in manchen Menschen hervor, es sollte sich als wahr herausstellen, daß aus jeder ihrer Handlungen, wenn genau der gleiche physikalische Zustand wieder eintreten würde, irgendeine andere Handlung resultieren könnte. Viel Scharfsinn wurde auf den Versuch verwendet zu sagen, worauf diese These hinausläuft und wie ihre Chancen stehen, wahr zu sein, aber überraschend wenig Aufmerksamkeit wurde der Frage zuteil, warum sich jemand um dieses metaphysische Kann-Sein kümmern sollte – außer daß man den Leser daran „erinnert“, daß, wenn es nicht wahr wäre, es dann so wäre, wie im Gefängnis, gelähmt, hypnotisiert zu sein, eine Wespe, eine Puppe, ein Spielzeug zu sein. Über die Anspielungen auf die schreckliche Alternative wird manchmal so flüchtig hinweggegangen, daß ganz offensichtliche Inkohärenzen übersehen werden – Inkohärenzen, die niemals die sorgfältige Aufmerksamkeit, die Philosophen ihrem eigentlichen Theoretisieren widmen, überdauern würden.
4. Überblick
Bisher habe ich nicht versucht, irgendetwas über den freien Willen zu beweisen. Stattdessen habe ich das Thema abgesteckt, unser Gespür für die Fragen etwas bearbeitet, die Aufmerksamkeit auf ein paar merkwürdige Merkmale des Rohmaterials gelenkt – eine verführerische Gestalt hier, eine Ader im Marmor dort. Ich war damit beschäftigt, die Aufmerksamkeit auf ein paar Weisen zu lenken, in denen das Problem des freien Willens zum großen Teil ein Kunstprodukt der dafür typischen Methoden sein kann, und dieses vorläufige Schärfen des Bewußtseins wird dabei nützlich sein, uns außerhalb einiger gewohnter Gleise zu halten, wenn wir das traditionelle Terrain durchqueren. Bevor wir das Ende erreicht haben, werden wir im Grunde genommen alle traditionellen Themen und Argumente in der Literatur über die Willensfreiheit abdecken; aber meine Methode wird sein, dort langsam voranzugehen, wo andere schnell sind, und mich beim vertrauten Analogisieren aufzuhalten, anstatt mich Hals über Kopf in Theoriekonstruktion und Widerlegung zu stürzen.
Eine ziemlich mächtige Institution von professioneller Unterdrückung hat die Wichtigkeit und den Einfluß von Intuitionenpumpen in der Entwicklung der Philosophie für uns unsichtbar gemacht. Nicht nur auf dem Gebiet des freien Willens waren Intuitionenpumpen die beherrschende Macht. Ich glaube, daß die Rückbesinnung auf die Geschichte der Philosophie zeigt, daß die großen Intuitionenpumpen überall die großen Bewegungskräfte waren. Denken wir an Platons Höhle, an Menon, der den Sklavenjungen Geometrie lehrt, Descartes’ bösen Dämon und Hobbes’ Naturzustand. Denken wir, in jüngerer Zeit, an Quines (1960) Linguisten, der versucht, „Gavagai“ zu übersetzen, an Goodmans (1965) grot-blün-Rätsel, Rawls’ (1975) „Urzustand“ und Farrells (1950) verlockende Frage darüber, wie es wäre, eine Fledermaus zu sein10, ganz zu schweigen von Putnams (1975) berühmter Zwillings weit und Searles noch berühmterem chinesischen Zimmer.
Man könnte sagen, diese Intuitionenpumpen seien die bleibenden Melodien