... dein Freund und Mörder. Mila Roth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mila Roth
Издательство: Bookwire
Серия: Spionin wider Willen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783967110302
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gedacht, dass du sie finden würdest, bevor ich sie wieder abhole und woanders hinbringe.« Er fuhr sich übers Kinn. »Es war ein Fehler, Janna, ein furchtbar leichtsinniger Fehler. Ich hätte die DVD niemals auch nur in die Nähe deines Hauses bringen dürfen. Aber zu der Zeit, als ich sie hier versteckt habe, hoffte ich, wir … Na ja. Und als du dann Schluss gemacht hast, dachte ich, niemand käme jemals auf die Idee, dass ich ausgerechnet hier Beweismaterial deponiert habe. Aber jetzt hast du sie benutzt und …«

      »Und?« Janna suchte seinen Blick. »Was passiert jetzt? Du sagtest, ich sei in eine Falle getappt?«

      »Ja, eine virtuelle Falle. Ein Alarm, der ausgelöst wird, wenn jemand versucht, die Daten aufzurufen oder sich in das Portal einzuloggen. Vermutlich hat Zhang die Plattform längst eliminiert, damit niemand dort Beweise finden kann. Aber den Alarm ließ er bestehen, denn vermutlich weiß er – oder vermutet zumindest – dass irgendwo noch Beweismaterial gegen ihn existiert. Durch das Aufrufen des Portals hast du ihm das jetzt wohl bestätigt.«

      »Großer Gott. Bedeutet das, ich schwebe jetzt ebenfalls in Gefahr?« Janna spürte eine unangenehme Gänsehaut über ihren Rücken kriechen.

      »Nein!« Sander schüttelte heftig den Kopf. »Niemand kann nachverfolgen, von wo aus mit der DVD auf das Portal zugegriffen wurde. Helge hat mir das in seiner letzten Mail versichert. Er hat die Daten auf der DVD so manipuliert, dass automatisch die IP des benutzten Computers mit einer anderen IP überschrieben und somit anonymisiert wird. Wie das genau funktioniert, darfst du mich nicht fragen. Außerdem hat Helge es auch irgendwie geschafft, die Alarmmeldung, die an Zhang geht, auf eine geheime Mailadresse umzuleiten. Ich bin der Einzige, der Zugang dazu hat. Aber es ist davon auszugehen, dass es noch weitere Fallen gibt, die Helge nicht umgehen konnte. Zhang hat die Mittel dazu. Vermutlich wird es für ihn so aussehen, als habe Helge versucht, auf das Portal zuzugreifen. Da er aber tot ist, wird Zhang eins und eins zusammenzählen und seine Killer jetzt auf mich hetzen. Im Grunde ist die Manipulation, die Helge an den Daten auf der DVD vorgenommen hat, nur ein Mechanismus, der mir etwas Zeit verschafft.« Sander erhob sich und ging erregt in der Küche auf und ab. »Ich hätte dir das alles gar nicht erzählen dürfen, aber ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich bin nur hier, um die DVD abzuholen und dich zu warnen. Tu einfach so, als wäre alles in bester Ordnung. Lenke auf keinen Fall irgendeinen Verdacht auf dich. Wie gesagt, die IP-Adresse deines Computers oder andere Daten wurden nicht an Zhang übermittelt. Du müsstest in Sicherheit sein. Aber ich muss jetzt fliehen.«

      »Du lieber Himmel, wohin denn?« Auch Janna stand auf und fasste Sander am Arm. »Du musst zur Polizei gehen! Wenn du alleine versuchst, dich zu verstecken, werden sie erst recht auf dich aufmerksam. Du hast doch eine Praxis und alles. Wenn du plötzlich verschwindest, wird dieser Zhang wissen, dass du die Beweise besitzt.«

      »Ich muss verschwinden, Janna, versteh doch! Ich will nicht, dass mein Bruder und meine Schwägerin umsonst gestorben sind. Im Grunde war es nur eine Frage der Zeit, bis ich in Zhangs Visier geraten würde. Das war mir immer klar. Oder … Irgendwie habe ich es immer befürchtet, auch wenn ich es mir nicht eingestanden habe. Ich dachte immer, ich warte ein paar Jahre und spiele die Beweise dann irgendwie anonym der Staatsanwaltschaft zu. Aber jetzt …« Er ging zum Fenster und blickte hinaus. Zu dem heftigen Regen hatte sich ein böiger Wind gesellt, der die Regentropfen gegen die Scheiben prasseln ließ.

      Janna stellte sich neben ihn und beobachtete, wie die Bäume jenseits der Hecke, die das Grundstück umgab, vom Wind durchgeschüttelt wurden. »Dein Bruder hätte dir diese Last nicht aufbürden dürfen, Sander. Er muss doch gewusst haben, dass er dich damit unter Umständen in Lebensgefahr bringt.«

      »Er wollte das nicht, aber er hatte keine andere Wahl, Janna. Diese Gangster saßen ihm bereits im Nacken und er hatte zu niemandem mehr Vertrauen.«

      Eine Weile dachte Janna nach, bevor sie sich einen Ruck gab. »Ich kann dir vielleicht helfen.«

      Sander sah sie überrascht von der Seite an. »Du? Janna, ich habe doch gerade gesagt, dass es viel zu gefährlich ist, etwas zu unternehmen. Ich will dich da nicht noch mehr mit hineinziehen. Gib mir einfach die DVD, dann tauche ich unter.«

      »Sander, das ist zu gefährlich! Ohne Hilfe werden sie dich bestimmt schnappen. Und was dann?«

      »Das darf eben nicht passieren.«

      »Aber das wird es. Wenn sie sogar deinen Bruder aufgespürt haben, dürfte es doch ein Leichtes für sie sein, dich zu finden.«

      »Aber wie willst du mir denn helfen, Janna?« Sander drehte sich vom Fenster weg, lehnte sich gegen die Anrichte und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du kannst doch rein gar nichts tun.«

      Janna knabberte an der Unterlippe. »Doch. Oder wenigstens kann ich es versuchen. Ich kenne Leute, die mit solchen Fällen vertraut sind.«

      »Leute?« Skeptisch hob er die Augenbrauen. »Wovon redest du denn da?« Dann schüttelte er den Kopf. »Wenn du Malte Körner meinst, vergiss es. Ich weiß, er ist Polizist, und seine Kinder sind in Tills und Susannas Klasse, aber das geht nicht. Keine Polizei! Ich will ihm nicht unterstellen, dass er etwas mit Zhang zu tun hat, aber wenn ich die Behörden einschalte, bin ich garantiert in Gefahr. Ich sagte doch, dass Zhang überall Spitzel hat.«

      »Ich meine nicht die Polizei.«

      Irritiert runzelte er die Stirn. »Aber wen denn dann?«

      Janna zögerte, unsicher, wie viel sie ihm verraten durfte. Doch so, wie sich die Situation darstellte, blieb ihr wohl keine andere Wahl, als ihn einzuweihen. »Hör zu, was ich dir jetzt erzähle, muss unter uns bleiben. Niemand weiß davon, auch meine Familie nicht. Und so soll es auch bleiben.«

      »Jetzt sprichst aber du in Rätseln, Janna.« Er ließ die Arme sinken und blickte ihr forschend ins Gesicht.

      Wieder knabberte sie an der Unterlippe, dann holte sie tief Luft. »Ich kenne Leute beim Geheimdienst, die dir vielleicht helfen können.«

      »Beim was?« Sanders Augen weiteten sich.

      »Beim Geheimdienst.« Sie suchte nach den rechten Worten. »Das Institut kann dich ganz bestimmt beschützen und dafür sorgen, dass die Beweise nicht in falsche Hände geraten. Sie tun doch tagtäglich nichts anderes und haben Erfahrung mit solchen kriminellen Organisationen. Ich weiß das, weil ich es selbst schon erlebt habe. Wenn du ihnen alles erzählst, können sie Ermittlungen einleiten, und vielleicht reichen deine Beweise ja aus, um diesen Zhang dingfest zu machen. Ich könnte einen der Agenten anrufen und bitten, herzukommen, um …«

      »Janna, ganz ruhig!«, fiel er ihr ins Wort, um ihren aufgeregten Redestrom zu bremsen. »Wovon redest du denn da? Was für ein Institut?«

      Janna atmete tief durch. Wenn sie nervös wurde, redete sie oft ohne Punkt und Komma drauflos. Mühsam sortierte sie ihre Gedanken, bevor sie weitersprach. »Das Institut ist ein europäischer Geheimdienst«, erklärte sie. »Er agiert unter dem Deckmantel eines Meinungsforschungsinstituts in Bonn und kann ganz bestimmt …«

      »Moment mal, Meinungsforschung? Hast du nicht mal für so eine Firma als Aushilfe gearbeitet?«

      Janna senkte kurz den Blick, nickte dann. »Ja, gewissermaßen.«

      »Aber wie bist du denn an solche Leute geraten?«

      »Das ist eine komplizierte Geschichte, dafür haben wir jetzt keine Zeit. Wichtig ist nur, dass ich Markus anrufen könnte, damit er herkommt. Er weiß ganz bestimmt, wie man dir helfen kann.«

      »Markus? Ist das ein Agent dieses Geheimdienstes, von dem du eben gesprochen hast?«

      »Ja, Markus Neumann. Er würde ganz sicher …«

      »Nein, Janna. Das geht nicht. Ich will nichts mit einem Geheimdienst zu tun haben. Das ist mir zu heiß. In dieser Sache kann ich niemandem vertrauen. Ich muss einfach untertauchen und dann …« Verzagt hob er die Schultern. »Keine Ahnung. Mir fällt schon etwas ein.«

      Janna ergriff seine Hände und drückte sie fest. Dann suchte sie seinen Blick. »Bitte, Sander. Du kannst Markus vertrauen. Er wird dir helfen. Du musst mir erlauben, ihn anzurufen. Von Bonn aus könnte er