Plötzlich Prinzgemahl. Regina Mars. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Regina Mars
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783962553883
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keinen.« Nat klatschte in die Hände. »Also wirst du für mich einspringen müssen.«

      »Was?« Sie wich zurück. »Ich? Auf gar keinen Fall. So war das nicht vorgesehen …«

      »Du musst.« Nat legte seine Hände auf ihre knochigen Schultern. »Gwenna kann da nicht ganz alleine rein. Du kennst dich doch mit den guten Manieren und dem Gehabe und so aus. Viel besser als ich!«

      »Nein!«, kreischte sie. Ihre Stimme hallte von den Bäumen wider. »Niemals mach ich das! Das ist viel zu gefährlich!«

      Ihre Augen waren winzige Stecknadelköpfe in ihrem verbitterten Gesicht. Nat spürte ihre Anspannung unter seinen Fingerspitzen.

      »Aber du musst!« Angst krallte sich in sein Herz. »Wir können Gwenna doch nicht einfach alleine lassen!«

      »Also ich kann das.« Sie kniff die Lippen aufeinander.

      »Ist schon gut.« Sanft nahm Gwenna sein Handgelenk und löste seine Hände von den Schultern der Zofe. »Ich pack das. Und sie kann sowieso nicht in den Palast gehen. Sie hat da gearbeitet, irgendwer würde sie bestimmt erkennen.«

      »Genau!«, keifte die Zofe. »Denkst du, ich begebe mich in Lebensgefahr, nur, damit dein Schwesterherz nicht allein sein muss? So blöd bin ich nicht.«

      »Aber ich.« Nat straffte sich. »Gwenni, ich bin bei dir!«

      »Guuut.« Sie sah ihn fragend an. »Und wie?«

      Nat deutete mit dem Schwert auf die größere der beiden Schwestern.

      »Du da! Ausziehen!«

      »Was?« Sie erbleichte.

      Gwennas Augen wurden groß.

      Zehn Minuten später, als sie sich beide in die aufgebauschten Kleider gezwängt hatten, versuchte Gwenna immer noch, ihm die Sache auszureden. Dabei passte Doraliys Kleid Nat ausgezeichnet. Er war durchaus kräftig und männlich, das hatten ihm genug Frauen versichert. Aber ein Riese war er nicht. Vielleicht war diese Doraliy sogar ein klein wenig größer als er …

      Sein Atem wurde plötzlich aus der Brust gepresst, als die Zofe sein Korsett schnürte.

      »Muss das so eng sein?«, motzte er. »Ich krieg keine Luft mehr.«

      »Du bist immer noch zu breit. Na, aber so solltest du als Frau durchgehen.«

      »Tut er nicht!« Gwenna stöckelte auf sie zu. Sie hatte sich komplett verwandelt. Ihre Mähne war unter einer schwarzen Perücke verschwunden und das Kleid verpasste ihrer athletischen Figur eine Wespentaille. Dafür sorgte vor allem das Korsett, wie Nat am eigenen Leib erfuhr. Er hatte das Gefühl, man könnte ihn mit zwei Händen umfassen, so eng war es.

      Sein Kleid war recht hübsch. Moosgrün schimmernd, mit Puffärmeln und einem Stehkragen. Gottseidank war es hochgeschlossen, Nat hatte nämlich kein nennenswertes Dekolleté.

      »Das machst du auf keinen Fall, Nat«, zischte Gwenna. »Auf gar keinen Fall! Du siehst überhaupt nicht aus wie … Du siehst aus wie ein Kerl in einem Kleid! Das erkennt doch jeder!«

      »Sobald ich ihn geschminkt habe, merkt keiner mehr was.« Die Zofe packte Nats Kinn und drehte es hin und her. »Gut, dass er sich rasiert hat. Na, viel Bartwuchs hatte er von vornherein nicht.«

      Frechheit. Immerhin unterstützte sie Nat. Hauptsächlich, um selbst nicht in den Palast gehen zu müssen, aber immerhin.

      »Hörst du, Gwenni?« Er grinste ihr zu. »Vielleicht werd ich ja sogar hübscher als du. Ich wette, der Prinz wird mit mir tanzen.«

      »Wird er nicht!«, brüllte sie.

      »Genau!«, rief Coraliy von Dübelknecht. »Aber mit mir hätte er getanzt!«

      Sie und ihre Schwester trugen inzwischen die sackartigen Klamotten gewöhnlicher Gefangener. Robarth war damit beschäftigt, ihre Hände mit Fesseln zusammenzubinden. Das war der Deal gewesen: Sie bekamen die Kutsche und Robarth die Mädchen. Mit denen würde er sich zu den Schären aufmachen und sie gegen ein fürstliches Lösegeld eintauschen. Viel ungefährlicher, als in den Palast einzudringen.

      Der Kutscher … Nun, der war tot. Robarth hatte keine Verwendung für ihn gehabt, nachdem sie ihn seiner Klamotten entledigt hatten. Und bevor ihn jemand hatte aufhalten können, hatte er dem armen Kerl die Kehle durchgeschnitten und ihn in den Teich geworfen.

      Berh stolperte hinter einem Busch hervor. Die Kleidung des Kutschers war ihm ein wenig zu eng. Aber es war dunkel, ihn würde man auf dem Kutschenhof des Palastes am wenigsten sehen. Ungläubig glotzte er Nat an. Das wallende Kleid, das enge Korsett, seine kurzgeschorenen Haare.

      »Das klappt nie«, murmelte er mit grünlichen Wangen. Mist.

      »Schmink mich. Schnell!«, flüsterte Nat der Zofe zu.

      Weitere zehn Minuten später war seine Gesichtshaut reinweiß, seine Wangen von rosafarbenen Punkten geziert, die Augen schwarz umrandet und ein allerliebster Fleck prangte unter seinem rot glänzenden Mund. Und alle starrten ihn an.

      »Ich weiß immer noch nicht«, murmelte Berh, aber er wirkte schon fast überzeugt.

      Entschlossen stülpte Nat Doraliys Perücke über. Ein Raunen ging durch seine Kumpane und die Gefangenen. Selbst der vorderste Pegasus, der aus seiner Ohnmacht erwacht war, starrte ihn an.

      »Scheiße«, stieß Robarth aus. »Er sieht aus wie ein Mädchen. Echt.«

      »Ein hässliches Mädchen«, maulte Coraliy von Dübelknecht.

      »Aber ein Mädchen.« Gwenna nickte ihm zu. »Gut, du hast mich überzeugt. Zofe, schmink mich und dann geht’s los.«

      Die Zofe nickte stumm.

      Kurz darauf hob die Kutsche ab.

      4. Ein rauschender Ball

      »Majestät, es ist solch eine Ehre, Euch endlich kennenzulernen!« Die bleiche Schönheit lächelte Solan bescheiden zu. Nackter Hunger blitzte unter ihren gesenkten Lidern hervor. Das gleiche kalte Glitzern zierte heute die Gesichter aller Junggesellinnen.

      Solan verdrehte die Augen. Waren die Frauen noch zudringlicher geworden? Ja, das waren sie. Nun, kein Wunder, dass sich alle auf ihn stürzten. Beim letzten Ball war er zwar schon äußerst begehrt, aber nicht im heiratsfähigen Alter gewesen. Sein einziger Makel. Nun scharte sich eine Meute aus Mädchen um ihn. Ein bunter Wirbel aus Perücken, schillernden Kleidern, raschelndem Stoff und Gekicher umgab ihn wie ein wogendes Meer.

      Er seufzte leise.

      »Ich bin ebenso erfreut«, leierte er herunter und verneigte sich knapp vor der bleichen Dame. Sie errötete unter der weißen Schminke.

      »Majestät, wenn ich es wagen darf.« Sie lächelte. »Ihr seht heute äußerst männlich und viril aus.«

      »Danke.« Er nippte an seinem Apfelwein, versuchte, den Mund zu halten und schaffte es nicht. »Aber männlich ist ein Synonym von viril. Ihr habt also zweimal das Gleiche ausgesagt.«

      Mist, Raga hatte ihm hundertmal befohlen, sich dumm zu stellen.

      »Oh, wie klug Ihr seid!« Eine andere drängelte sich an der Bleichen vorbei. Ihre kleine spitze Nase schien die Luft zu durchteilen. »Ich habe gehört, Ihr gebt Euch dem Studium der Planetologie hin. Das ist so faszinierend! Wollt Ihr mich nicht einmal Euer Fernrohr halten lassen?«

      Meinte sie das so zweideutig, wie es klang? Er nickte knapp.

      »Sehr gerne, wenn sich die Zeit findet. Ich bin ein vielbeschäftigter Mann.«

      »Mit was beschäftigt Ihr Euch denn, Majestät?«, kam eine Stimme aus dem Reigen, der sich schon wieder vergrößert hatte.

      »Nun, mit allem Möglichen.« Er sah bedeutungsvoll in die Ferne, weil er wusste, wie sehr das seine Wangenknochen betonte. »Mit der Jagd zum Beispiel. Wie Ihr seht, ist mein Falke ein besonders imposantes Exemplar. Der Schönste seines