Nachdem die liberale Ökonomie ihr Bestes getan hatte, um durch die Auflösung der Nationalitäten die Feindschaft zu verallgemeinern, die Menschheit in eine Horde reißender Tiere – und was sind Konkurrenten anders? – zu verwandeln, die einander eben deshalb auffressen, weil jeder mit allen andern gleiches Interesse hat, nach dieser Vorarbeit blieb ihr nur noch ein Schritt zum Ziele übrig, die Auflösung der Familie. Um diese durchzusetzen, kam ihr ihre eigene schöne Erfindung, das Fabriksystem, zu Hülfe. Die letzte Spur gemeinsamer Interessen, die Gütergemeinschaft der Familie, ist durch das Fabriksystem untergraben und – wenigstens hier in England – bereits in der Auflösung begriffen. Es ist etwas ganz Alltägliches, dass Kinder, sobald sie arbeitsfähig, d. h. neun Jahre alt werden, ihren Lohn für sich verwenden, das elterliche Haus als ein bloßes Kosthaus ansehen und den Eltern ein Gewisses für Kost und Wohnung vergüten. Wie kann es anders sein? Was kann anders aus der Isolierung der Interessen, wie sie dem System der Handelsfreiheit zugrunde liegt, folgen? Ist ein Prinzip einmal in Bewegung gesetzt, so arbeitet es sich von selbst durch alle seine Konsequenzen durch, die Ökonomen mögen Gefallen daran haben oder nicht.
Aber der Ökonom weiß selbst nicht, welcher Sache er dient. Er weiß nicht, dass er mit all seinem egoistischen Räsonnement doch nur ein Glied in der Kette des allgemeinen Fortschritts der Menschheit bildet. Er weiß nicht, dass er mit seiner Auflösung aller Sonderinteressen nur den Weg bahnt für den großen Umschwung, dem das Jahrhundert entgegengeht, der Versöhnung der Menschheit mit der Natur und mit sich selbst. […]
Es war der letzte Schritt zur Selbstverschacherung, die Erde zu verschachern, die unser Eins und Alles, die erste Bedingung unsrer Existenz ist; es war und ist bis auf den heutigen Tag eine Unsittlichkeit, die nur von der Unsittlichkeit der Selbstveräußerung übertroffen wird. Und die ursprüngliche Appropriation, die Monopolisierung der Erde durch eine kleine Anzahl, die Ausschließung der übrigen von der Bedingung des Lebens, gibt der spätern Verschacherung des Bodens an Unsittlichkeit nichts nach. […]
Wir haben gesehen, dass am Ende alles auf die Konkurrenz hinausläuft, solange das Privateigentum besteht. Sie ist die Hauptkategorie des Ökonomen, seine liebste Tochter, die er in einem fort hätschelt und liebkost – und gebt Acht, was für ein Medusengesicht da herauskommen wird. […]
Weil das Privateigentum jeden auf seine eigene rohe Einzelheit isoliert und weil jeder dennoch dasselbe Interesse hat wie sein Nachbar, so steht ein Grundbesitzer dem andern, ein Kapitalist dem andern, ein Arbeiter dem andern feindselig gegenüber. In dieser Verfeindung der gleichen Interessen eben um ihrer Gleichheit willen ist die Unsittlichkeit des bisherigen Zustandes der Menschheit vollendet; und diese Vollendung ist die Konkurrenz. […]
Der Widerspruch der Konkurrenz ist ganz derselbe wie der des Privateigentums selbst. Es liegt im Interesse jedes Einzelnen, alles zu besitzen, aber im Interesse der Gesamtheit, dass jeder gleich viel besitze. So ist also das allgemeine und individuelle Interesse diametral entgegengesetzt. Der Widerspruch der Konkurrenz ist: dass jeder sich das Monopol wünschen muss, während die Gesamtheit als solche durch das Monopol verlieren und es also entfernen muss. Ja, die Konkurrenz setzt das Monopol schon voraus, nämlich das Monopol des Eigentums – und hier tritt wieder die Heuchelei der Liberalen an den Tag –, und solange das Monopol des Eigentums besteht, solange ist das Eigentum des Monopols gleichberechtigt; denn auch das einmal gegebene Monopol ist Eigentum. Welche jämmerliche Halbheit ist es also, die kleinen Monopole anzugreifen und das Grundmonopol bestehen zu lassen. […]
Das Gesetz der Konkurrenz ist, dass Nachfrage und Zufuhr sich stets und ebendeshalb nie ergänzen. Die beiden Seiten sind wieder auseinandergerissen und in den schroffen Gegensatz verwandelt. Die Zufuhr ist immer gleich hinter der Nachfrage, aber kommt nie dazu, sie genau zu decken; sie ist entweder zu groß oder zu klein, nie der Nachfrage entsprechend, weil in diesem bewusstlosen Zustande der Menschheit kein Mensch weiß, wie groß diese oder jene ist. Ist die Nachfrage größer als die Zufuhr, so steigt der Preis, und dadurch wird die Zufuhr gleichsam irritiert; sowie sie sich im Markte zeigt, fallen die Preise so bedeutend, dass die Nachfrage dadurch wieder aufgereizt wird. So geht es in einem fort, nie ein gesunder Zustand, sondern eine stete Abwechslung von Irritation und Erschlaffung, die allen Fortschritt ausschließt, ein ewiges Schwanken, ohne je zum Ziel zu kommen. Dies Gesetz mit seiner steten Ausgleichung, wo, was hier verloren, dort wieder gewonnen wird, findet der Ökonom wunderschön. Es ist sein Hauptruhm, er kann sich nicht satt daran sehen und betrachtet es unter allen möglichen und unmöglichen Verhältnissen. Und doch liegt auf der Hand, dass dies Gesetz ein reines Naturgesetz, kein Gesetz des Geistes ist. Ein Gesetz, das die Revolution erzeugt. Der Ökonom kommt mit seiner schönen Theorie von Nachfrage und Zufuhr heran, beweist euch, dass »nie zu viel produziert werden kann«, und die Praxis antwortet mit den Handelskrisen, die so regelmäßig wiederkehren wie die Kometen und deren wir jetzt durchschnittlich alle fünf bis sieben Jahre eine haben. Diese Handelskrisen sind seit achtzig Jahren ebenso regelmäßig gekommen wie früher die großen Seuchen – und haben mehr Elend, mehr Unsittlichkeit mit sich gebracht als diese. […] Natürlich bestätigen diese Handelsrevolutionen das Gesetz, sie bestätigen es im vollsten Maße, aber in einer anderen Weise, als der Ökonom uns glauben machen möchte. Was soll man von einem Gesetz denken, das sich nur durch periodische Revolutionen durchsetzen kann? Es ist eben ein Naturgesetz, das auf der Bewusstlosigkeit der Beteiligten beruht. Wüssten die Produzenten als solche, wie viel die Konsumenten bedürften, organisierten sie die Produktion, verteilten sie sie unter sich, so wären die Schwankung der Konkurrenz und ihre Neigung zur Krisis unmöglich. Produziert mit Bewusstsein, als Menschen, nicht als zersplitterte Atome ohne Gattungsbewusstsein, und ihr seid über alle diese künstlichen und unhaltbaren Gegensätze hinaus. Solange ihr aber fortfahrt, auf die jetzige unbewusste, gedankenlose, der Herrschaft des Zufalls überlassene Art zu produzieren, solange bleiben die Handelskrisen; und jede folgende muss universeller, also schlimmer werden als die vorhergehende, muss eine größere Menge kleiner Kapitalien verarmen und die Anzahl der bloß von der Arbeit lebenden Klassen in steigendem Verhältnisse vermehren – also die Masse der zu beschäftigenden Arbeit, das Hauptproblem unserer Ökonomen, zusehends vergrößern und endlich eine soziale Revolution herbeiführen, wie sie sich die Schulweisheit der Ökonomen nicht träumen lässt.
Die ewige Schwankung der Preise, wie sie durch das Konkurrenzverhältnis geschaffen wird, entzieht dem Handel vollends die letzte Spur von Sittlichkeit. Von Wert ist keine Rede mehr; dasselbe System, das auf den Wert so viel Gewicht zu legen scheint, das der Abstraktion des Wertes im Gelde die Ehre einer besondern Existenz gibt – diesselbe System zerstört durch die Konkurrenz allen inhärenten Wert und verändert das Wertverhältnis aller Dinge gegeneinander täglich und stündlich. Wo bleibt in diesem Strudel die Möglichkeit eines auf sittlicher Grundlage beruhenden Austausches? In diesem fortwährenden Auf und Ab muss jeder suchen, den günstigsten Augenblick zum Kauf und Verkauf zu treffen, jeder muss Spekulant werden, d. h. ernten, wo er nicht gesäet hat, durch den Verlust anderer sich bereichern, auf das Unglück andrer kalkulieren oder den Zufall für sich gewinnen lassen. Der Spekulant rechnet immer auf Unglücksfälle, besonders auf Missernten, er benutzt alles, wie z. B. seinerzeit den Brand von New York, und der Kulminationspunkt der Unsittlichkeit ist die Börsenspekulation