Zum Glück gibt's Oma und Opa!: Wie Großeltern Familien stärken und fördern können. Brigitte Zwenger-Balink. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Brigitte Zwenger-Balink
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783963840425
Скачать книгу
wenn Sie als Großeltern bereits im Ruhestand sind, können und wollen Sie möglicherweise nicht immer nur die Enkel betreuen. So müssen Sie abwägen und für sich überlegen, wie Sie Ihre Kontakte mit den Enkelkindern mit Ihren eigenen Aufgaben und Interessen vereinbaren können. Sie fragen sich vielleicht: »Bin ich nur ein(e) richtige(r) Oma/Opa, wenn ich die Enkel dauernd fürsorglich, liebevoll und aufopfernd betreue?«, »Soll ich als Großmutter meine klassische Mutterrolle einfach beibehalten?« oder »Kann und darf ich meine eigenen Interessen mit gesellschaftlichem und beruflichem Engagement, meine Wünsche wie Reisen und Hobbys verwirklichen, statt vornehmlich für die Enkel da zu sein?«. Diese zentralen Fragen sind hilfreich, um Ihre eigene Haltung zu finden und diese zu vertreten. Frühzeitig und gemeinsam können Sie mit Ihren erwachsenen Kindern im Gespräch nach passenden Regelungen und Lösungen suchen. Gelingt Ihnen dies, in gegenseitiger Wertschätzung und mit einer guten Portion Respekt, dann sind Sie bereits auf einer sehr positiven Zielgeraden. Sie ersparen sich so manche Vorwürfe, Enttäuschungen oder gar Schuldgefühle.

      Einige Großeltern erzählen, dass die Betreuung der Enkelkinder in der ersten Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben eine Struktur gebende Entlastung für sie war und dass sie diese Aufgabe sehr gern übernommen haben. Es gab ihnen das Gefühl, noch gebraucht zu werden und nicht aufs Abstellgleis geschoben zu sein. Hingegen formulieren andere Großeltern klar, dass sie sich jetzt gern eigene Wünsche erfüllen wollen, die sie in ihrer Eltern- und Familienzeit nicht realisieren konnten. Für viele Großeltern steht ganz oben auf dieser Wunschliste das Reisen. Auch die Erfüllung von langgehegten Wünschen, wie zum Beispiel noch eine Sprache zu erlernen, die Seniorenakademie zu besuchen, zu malen, zu töpfern, Musik zu machen, im Chor zu singen, zu tanzen und etwas für die Fitness zu tun, sind häufig genannte Aktivitäten der heutigen Großelterngeneration.

image

      O-Ton:»Ich genieße es, den Kindern in der Grundschule als Ehrenamtlicher der ›Lesefüchse‹ vorzulesen. Einmal die Woche bin ich dort und lese vor. Es macht mir sehr viel Spaß, und ich möchte es nicht missen. Doch auch meinen Enkeln lese ich natürlich gern vor«, sagt ein Großvater, dem es offenbar gelingt, eigene Interessen und »Großelternpflichten« unter einen Hut zu bringen.

      Es gibt auf der einen Seite die »klassischen« Großeltern, die ganz regelmäßig ihre Enkel betreuen und versorgen, und die, die sich abgrenzen und sagen: »Nur noch Oma oder Opa sein – nein danke!«

image

       O-Ton: Eine Großmutter berichtet: »Ich hatte mich schon so über meine Freiheiten gefreut, als sich überraschenderweise doch noch ein Enkelkind ankündigte. Mir war aber sofort klar, da halte ich mich zurück. Ich konnte noch nie mit den kleinen Babys und Kleinkindern. Da warte ich erst mal und lebe mein schönes unabhängiges Leben!«

      Die Lösungsmöglichkeiten, um sowohl den Bedürfnissen der Elternfamilie als auch jenen von uns Großeltern gerecht zu werden, liegen oft in der goldenen Mitte. Damit die Beziehungen gut gelingen, sind konstruktive Gespräche in gegenseitiger Rücksichtnahme und Respekt sehr hilfreich.

image

       TIPP

       Zeitige und klare Planungen

      •Reisepläne austauschen.

      •Auf die neue Situation einstellen.

      •Kompromisse überlegen.

      •Gemeinsam konstruktive Lösungen finden.

       Wunschgroßeltern und soziale Großelternschaft

      Viele Menschen haben zwar Kinder, doch keine Enkelkinder. Sie hätten Zeit und Lust und würden sehr gerne Großelternaufgaben übernehmen. Dann gibt es die Möglichkeit, sich über die Leih-Oma-Börse oder Wunschgroßeltern vermitteln zu lassen und ein Kind wie ein Enkelkind zu betreuen. Ansprechpartner vor Ort sind die Elternzentren, Mehrgenerationenhäuser oder auch örtliche Beratungsstellen.

      Vielfach entstehen durch die Kontakteinsätze richtige Freundschaften zwischen den Familien und intensive Beziehungen zu den Wunsch-Enkelkindern. Die Vermittlung von Wunschgroßeltern oder Leih-Oma oder -Opa organisieren Träger von sozialen Einrichtungen. So gibt es einführende und begleitende Pädagogik-Kurse an den Familienbildungsstätten, die für die Wunschgroßeltern kostenlos sind. Geregelt ist auch eine Haft- und Unfallversicherung für die zu vermittelnden Großeltern.

image

       O-Ton: Eine Großmutter, die ihr eigenes Enkelkind selten sieht, da es in einem anderen Land wohnt, hat eine besondere Lösung gefunden. In ihrem Haus wohnt eine junge Familie mit zwei kleinen Kindern: »Ich übernehme bei ihr eine mütterliche Freundinnenrolle und bekomme den Kindern gegenüber richtige Großmuttergefühle. Da wir so nah beieinander wohnen, bekommt sie von mir Hilfe und Aufmerksamkeit, die ich sonst meiner Tochter und meiner Enkelin geben würde. Ich freue mich auch sehr, wenn sie mir sagt, wie sehr meine Hilfe sie entlastet und wie sie es schätzt, dass ich da bin. Die beiden kleinen Kinder lieben es sehr, bei mir zu sein; und ich freue mich, dass ich meine Fähigkeiten nutzen kann, die sonst ganz brachliegen würden.«

      Neben dem Konzept der Wunschgroßelternschaft gibt es die soziale Großelternschaft, die etwas ganz anderes meint, nämlich die mittlerweile recht häufige Konstellation in Patchwork-Familien. Bringt eine neue Partnerin oder ein neuer Partner in einer zweiten Beziehung ein Kind aus einer vorangegangenen Partnerschaft mit, wird man für dieses Kind ein sozialer Elternteil (altmodisch hieß es früher Stiefmutter/-vater). Wenn diese angeheirateten Kinder selbst wieder Kinder bekommen, wird man ein sozialer Großelternteil, eben eine soziale Oma oder ein sozialer Opa.

image

      O-Ton:Ein Kollege erzählt mir, dass er Opa wird. Seine Frau hatte eine Tochter mit in die Ehe gebracht, die nun erwachsen ist und ein Kind erwartet. Er bekommt sozusagen ein Enkelkind, auf das er sich sehr freut. Auch für die Tochter ist es klar, dass er der Opa ist, eben ein »sozialer Großvater«.

      Es kann in solchen Fällen zu innigen und engen Beziehungen zu den angeheirateten Kindern und Enkeln kommen, doch mitunter entwickeln sich auch keine oder sehr distanzierte Beziehungen zwischen den Generationen. Meiner Erfahrung nach kommt es hierbei sehr auf das Verhältnis an, das zu den angeheirateten Kindern bestand – ist es sehr distanziert, bleibt es oft auch für die Enkel so.

image

      O-Ton:Eine junge Mutter mit einer einjährigen Tochter erzählt, dass die zweite Frau ihres Vaters keinen Kontakt zum sozialen Enkelkind wünscht. Es sei nicht ihr Enkel und sie will keine Oma sein. Dadurch leidet auch der Kontakt zum Opa, was die junge Frau sehr bedauert.

      1Höffe, Otfried: Die hohe Kunst des Alterns. Kleine Philosophie des Älterwerdens, München 2019

      2Bode, Sabine: Nachkriegskinder. Die 1950er Jahrgänge und ihre Soldatenväter, Stuttgart 2006

      3Höpflinger, François: Enkelkinder und ihre Großeltern, Intergenerationelle Beziehungen im Wandel, Zürich 2006. Höpflinger verfasst auch regelmäßig lesenswerte Kolumnen für das schweizerische Magazin Grosseltern (www.grosseltern-magazin.ch).