Die Lichtstein-Saga 3: Fineas. Nadine Erdmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nadine Erdmann
Издательство: Bookwire
Серия: Die Lichtstein-Saga
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958344037
Скачать книгу
Feldarbeiter und Fischer Burgedal verlassen und damit hoffentlich keine weitere Beachtung finden«, übernahm Ignatius wieder. »Sie begeben sich nach Südosten zu Helfern, auf deren Hof sie Unterschlupf für die Nacht finden werden. Ihr Gepäck sowie Proviant und ihre Schwerter haben wir bereits gestern von Sean und Eddie zur Farm bringen lassen.«

      Liv schaute zu den beiden älteren Männern, die mit am Tisch saßen. Eddie und Sean waren ehemalige Ritter der Garde, die den Posten des abtrünnigen Stallknechts Karl übernommen hatten und gleichzeitig für die innere Verteidigung des Klosters sorgten, falls diese einmal nötig sein sollte. Beide wohnten eigentlich in einem kleinen Haus am westlichen Stadttor Burgedals, waren aber vorübergehend ins Kloster gezogen und Liv hatte sie bereits an ihrem ersten gemeinsamen Abend ins Herz geschlossen. Nicht zuletzt, weil sie jede Menge über Burgedal, Interria und die Garde zu erzählen hatten und sie das Ganze mit vielen witzigen Anekdoten zu würzen wussten.

      »Die drei Tage Vorsprung, die wir den fünf geben«, hörte Liv Quin sagen und wandte sich wieder dem Gespräch zu, »sind nicht viel, da sie sich den Großteil des Wegs zu Fuß durchschlagen müssen und mit Sicherheit einige Zeit brauchen werden, um die Elfen zu überzeugen. Aber mehr Zeit ist leider nicht möglich, dafür schreitet Konstantins Bau an seinem Portal zu schnell voran.«

      Ragnar sah in die Runde der Ritter. »Macht euch also bereit, in drei Tagen aufzubrechen. Wenn wir zügig reiten, erreichen wir die Roten Berge in fünf. Selbst wenn Bartemis und seine Bande uns Schwierigkeiten bereiten wollen, ist das eine gute Schätzung.« Er wandte sich Kaelan, Noah, Liv und Ari zu. »Versucht die Elfen zur Kooperation zu bewegen, aber behaltet die Zeit im Auge. Morgen in acht Tagen greifen wir die Schwarzen Reiter an. Bis dahin solltet ihr einen Weg ins Tal der Drachen gefunden haben. Wenn ihr also merkt, dass ihr die Elfen nicht als Verbündete gewinnen könnt, versucht sie zumindest dazu zu überreden, euch durch die Wildnis zu helfen, damit ihr schnellstmöglich zu den Roten Bergen gelangt. Holt den Stein des Feuers und versucht, die Drachen davon zu überzeugen, uns im Kampf gegen Konstantin beizustehen. Sie an unserer Seite zu haben, wäre von unschätzbarem Wert.«

      »Du denkst tatsächlich, wir können die Drachen als unsere Verbündete gewinnen?«, meinte Gaius zweifelnd. »Versteht mich nicht falsch, ich fände das großartig, aber wir wissen alle, dass ihnen der Pakt, der ihnen in den ersten Tagen Interrias auferlegt wurde, gewalttätige Handlungen strikt verbietet. Ich glaube nicht, dass sie in den Kampf eingreifen und damit ihre Verbannung aus Interria riskieren werden.«

      Ignatius nickte. »Damit hast du vermutlich leider recht. Aber dieser Pakt ist über zweitausend Jahre alt und die Drachen haben sich in all der Zeit längst als vertrauenswürdig erwiesen. Ich merke schon seit Jahren immer wieder an, dass ich ihn längst für überholt halte und neu verhandeln möchte. Mit Blick auf die momentane Situation habe ich deshalb die anderen Völker diesbezüglich noch einmal kontaktiert. Sobald ich ihre Antworten erhalten habe, hoffe ich, dass wir eine Lösung finden werden.«

      Wieder ging Gemurmel durch den Saal.

      Ignatius wandte sich an die Cays. »Versucht einfach, die Drachen zu einem Treffen mit uns zu überreden.«

      Kaelan nickte. »Natürlich.« Dann sah er in die Runde der versammelten Garde. »Wir geben unser Bestes, um euch Unterstützung zu schicken.«

      Gaius nickte ebenfalls. »Das wissen wir. Und nichts anderes als sein Bestes wird auch jeder Einzelne von uns geben. Gemeinsam werden wir Konstantin stoppen und unsere Welt verteidigen.« Er stieß seine Faust in die Luft. »Aye!«

      Alle Ritter der Garde folgten seinem Ruf und stießen ebenfalls ihre Fäuste in die Luft. »Aye!«

       Die Lichtstein-Saga 3: Fineas Kapiteltitelstein

      Sie trafen sich zum Abschiednehmen in der Klosterküche, wo Marta, Helen und Mia mit Sunny bei einem Tee saßen und auf sie gewartet hatten. Vin sprang freudig auf und begrüßte Ari so überschwänglich, als wäre der nicht bloß bei der Versammlung der Garde, sondern tagelang verschollen gewesen.

      Ari kniete sich zu ihm und streichelte seinen Wolf. »Schon gut, Kleiner. Komm wieder runter, du musst gleich ganz brav sein.«

      Auf dem Küchentisch und den Bänken lagen ihre Lederjacken und Zoe wühlte ihre aus dem Stapel.

      »Okay, dann wollen wir mal.« Sie zog ihre Jacke über und hielt ihrem Bruder seine hin, als plötzlich die Küchentür mit Wucht aufgestoßen wurde und Sean im Türrahmen erschien.

      Alle fuhren herum.

      »Was ist passiert?«, fragte Ben alarmiert.

      »Ihr werdet nicht glauben, wen die Stadtwachen gerade am Haupttor aufgegabelt haben!«

      »Wen?«

      »Karl, euren alten Stallburschen. Hat eine weiße Fahne geschwenkt und bittet um ein Gespräch mit Ignatius.«

      Die Wut war so plötzlich da, dass Noah als Erster hinter Ben und Quin her stürmte, als sie die Küchenstufen hochsprangen und in die Eingangshalle des Klosters eilten. Die anderen folgten ihnen. Durch die offen stehende Doppeltür sahen sie Eddie, Armand und Una, die Karl am Klostertor von den Stadtwachen in Empfang genommen hatten und ihn eskortierten.

      »Tut uns leid, dass wir euch mit ihm belästigen müssen«, knurrte Una, als sie Karl unsanft in die Eingangshalle stieß. »Aber der Mistkerl weigert sich, mit uns zu reden.«

      Der ehemalige Stallbursche sah mitgenommen aus. Seine Haare waren verfilzt und der Regen hatte sie ihm wirr in sein hageres Gesicht geklebt. Liv hatte ihn kaum gekannt, doch er war magerer, als sie ihn in Erinnerung hatte, und seine Kleider hingen verdreckt und zerschlissen an ihm herab. In den Händen hielt er einen Stock, an dessen Ende er einen Stofffetzen geknotet hatte, der mit viel gutem Willen als weiß durchging. Offensichtlich hatte er gehofft, mit diesem Friedenssymbol ins Kloster gelassen zu werden, denn nach seiner Verbannung durfte er Burgedal eigentlich nicht mehr betreten.

      Karl blickte in die Runde und Unsicherheit flackerte in seinen Augen, als er Feindseligkeit und kaum verhohlene Wut zu spüren bekam, die ihm von der versammelten Klostergemeinschaft entgegenschlug.

      Noahs Zorn kochte immer heißer in ihm hoch.

      Dieser Dreckskerl hatte sie an Konstantin verraten!

      Seinetwegen war Raik tot und Ari hatte einen der wichtigsten Menschen in seinem Leben verloren!

      Noah presste seine Kiefer so fest aufeinander, dass es wehtat.

      Karl war schuld daran, dass der Schattenmar ihn berührt hatte. Wegen ihm wäre er fast gestorben und hatte keine Ahnung, ob die verdammte Finsternis irgendwas in ihm zurückgelassen hatte. Bebend vor Zorn wollte Noah sich an Ben vorbeidrängen, doch eine Hand fasste seine und hielt ihn zurück.

      Liv.

      Er fühlte, wie sie ihre Gabe wirken ließ und seine Wut beschwichtigte, obwohl er sich nicht sicher war, ob er das gerade wirklich wollte. Dieser Dreckskerl hatte Schläge verdient! Eigentlich sogar noch viel mehr als das! Ignatius und der Rat der Garde hatten ihn in die Verbannung geschickt, aber das war doch eine absolut lächerliche Strafe angesichts der Folgen, die sein Verrat mit sich gebracht hatte. Den Kerker hätte er dafür verdient! Totale Isolierung bei Wasser und Brot und nie wieder Sonnenlicht!

      Wieder merkte er, wie Liv mit ihrer Superkraft gegen seine Wut anging. Sie hatte jetzt beide Hände um seine Engelshand gelegt. Sanft strich sie mit den Daumen über seinen Handrücken und lehnte sich gegen seinen Arm.

      »Er ist es nicht wert«, flüsterte sie leise und drückte seine Hand.

      »Es würde sich aber verdammt gut anfühlen«, knurrte er genauso leise zurück. »Und ich weiß nicht, ob es mir gefällt, dass du meine Wut einfach so mit deiner Superkraft ausschaltest. Darüber sollten wir dringend mal reden.«

      Livs Augenbrauen wanderten nach oben und sie hob ihrer beider Hände. »Ich hab meine Superkraft gar nicht eingesetzt.«