»Die sind aber echt nicht schlecht«, meinte Zoe.
Wieder verzog Liv das Gesicht. »Das mag sein, aber ich denke, ich möchte mein erstes Mal dann doch lieber mit einem Kondom aus der Alten Welt haben. Mia hat versprochen, dass sie uns ein Portal öffnet, wenn die Grenzen zum Schattenreich gesichert sind. Dann können wir uns drüben welche besorgen.«
Zoe lachte. »Na, wenn das keine Motivation ist, die letzten beiden Steine möglichst flott zu holen und Konstantin endgültig das Handwerk zu legen, dann weiß ich es auch nicht.«
Auch Liv musste lachen. »Du bist unmöglich!«
»Yep, und zwar mit Stil. Aber wenn du nicht so lange warten willst, sag Bescheid. Ich hab noch ein paar von diesen komischen Gummidingern.«
Überrumpelt sah Liv sie an. »Du hast Kondome aus der Alten Welt?!«
Zoe zuckte die Schultern. »Klar. Warum überrascht dich das so? Ich war oft bei Kae und Ari, als die beiden noch in Irland gewohnt haben. Und natürlich hab ich mir da auch angeguckt, was die Alte Welt so zu bieten hat. Ich will mir ja schließlich nichts entgehen lassen. Meins sind diese Gummidinger aber nicht. Ich vermache sie dir also sehr gerne.«
»Cool. Danke.«
»Kein Ding. Ich bin immer da. Nicht nur als Lieferantin für Verhütungsmittel. Auch als beste Freundin, wenn du irgendwann ganz dringend über dein erstes Mal reden willst, klar?« Grinsend schob sie sich die dritte Kirschtomate in den Mund. »Mann, die Dinger sind echt lecker! Willst du keine? Kann ich die dann haben?«
»Sicher.« Liv schob ihr die Tomaten hin. »Sieh sie einfach als Bezahlung für die Kondome.«
»Oh lá lá. Food-Orgasmus. Ich mag, wie du denkst!«
Kapitel 9
Die zwei erreichten den Eichenhof am späten Nachmittag. Gemeinsam war der Fußmarsch deutlich lustiger gewesen, trotzdem waren sie froh, als hinter einer Biegung die Maisfelder rechts und links des Weges endeten und sich Weideland vor ihnen ausdehnte, auf dem Kühe und Ziegen in der Sonne vor sich hindösten. Liv hätte einiges dafür gegeben, sich zu ihnen zu legen. Nach der stundenlangen Wanderung durch die heiße Nachmittagssonne war sie ziemlich erledigt. In einiger Entfernung war zwischen einer Gruppe von Eichenbäumen ein Bauernhaus mit mehreren Nebengebäuden zu erkennen und am Horizont konnte man die dunkle Silhouette des Großen Waldes ausmachen. Sie hatten ihr Tagesziel so gut wie erreicht.
Eine knappe Viertelstunde später betraten die beiden durch ein Holzgatter den Hof. Wohnhaus und Nebengebäude, zwei Ställe, eine große Scheune und ein kleiner Werkzeugschuppen waren hufeisenförmig um einen Innenhof angelegt, in dessen Mitte ein Brunnen samt Tiertränke stand. Der Hof lag still in der späten Nachmittagssonne. Die Tiere schienen alle auf den Weiden zu sein und von den menschlichen Bewohnern war nichts zu sehen. Gerade als sie überlegten, sich bemerkbar zu machen, trat eine Frau aus der Tür des Haupthauses. Sie trug ein schlichtes Hemd und eine Arbeitshose und hatte ihr langes dunkles Haar mit einem Tuch zurückgebunden. Mit einem breiten Lächeln winkte sie den beiden zu.
»Hallo! Wenn ihr Kräuter verkauft, ich nehme nur die allerbesten. Habt ihr die zu bieten?«
Liv grinste und trat mit Zoe näher. »Zufällig ja. Feinste Kamille und Kornblumen. Heute frisch gepflückt.«
»Perfekt. Genau das, was wir brauchen. Kommt rein und zeigt mir die Ware.« Die Frau machte eine einladende Handbewegung ins Haus und Liv und Zoe liefen zu ihr herüber. »Ich bin Mona. Willkommen auf dem Eichenhof!«
Liv schätzte sie auf Ende zwanzig. Unzählige Sommersprossen sprenkelten ihr Gesicht und ihre nackten Arme.
»Ich bin Zoe, das ist Liv«, stellte Zoe sie vor und seufzte auf, als sie vom Hof in den Flur traten. »Oh Mann, hier bleibe ich.« Im Haus war es angenehm kühl.
Mona lachte. »Ich hoffe, damit ist nicht der Flur gemeint, denn ich hab in der Küche kaltes Wasser, frische Milch und Apfelkuchen für euch.«
»Du hattest mich schon bei kaltes Wasser. Nichts wie hin.«
Wieder lachte Mona und lief vor ihnen her durch den Gang. »Kommt mit. Eure Freunde sind schon da.«
Die Küche lag hinter einer dicken Eichentür und Liv mochte den Raum sofort. Es gab einen großen Kachelofen, einen Holzherd, einen Spültisch und eine Anrichte, die alle schon etliche Jahre auf dem Buckel hatten, aber wahnsinnig viel Gemütlichkeit ausstrahlten. Vor den Fenstern hingen hübsche, rotweiß karierte Vorhänge und auf den breiten Fensterbänken standen Öllampen, in denen Engelsfeuer brannte. Die Garde hatte Fackeln, die in der Klosterkapelle an Cayas Licht entzündet worden waren, zu allen Siedlungen und Höfen getragen, die außerhalb der schützenden Mauern Burgedals lagen. Da niemand wusste, ob Konstantin weitere Schattenmare auf Interria losgelassen hatte oder ob die Kreaturen es womöglich aufgrund des geschwächten Engelslichts schon allein aus dem Schattenreich hierherschafften, sollte so die Bevölkerung, die treu hinter dem Engel stand, geschützt werden.
Am Esstisch vor dem Fenster saßen Kaelan, Ari und Noah und ließen sich den Apfelkuchen schmecken. Auf einem weiteren Stuhl stand ein Weidenkorb, in dem ein Baby lag, gutgelaunt die Jungs am Tisch beobachtete und fröhlich vor sich hin brabbelte. Vin tauchte unter dem Tisch auf und stürmte zu Liv und Zoe, um sie zu begrüßen.
»Setzt euch«, lud Mona sie ein. »Die kleine Quasselstrippe im Korb ist mein Sohn Moritz. Dominik ist noch unterwegs. Einer unserer Weidezäune muss dringend repariert werden. Das konnte leider nicht warten. Er wird erst zum Abendessen zurück sein.«
»Wow.« Eine von Noahs Augenbrauen wanderte in die Höhe, als er Liv und Zoe musterte. »Ihr seht in Kleidern ganz anders aus.«
»Na ja, das war ja auch irgendwie der Sinn der heutigen Aktion, oder nicht?« Liv ließ sich auf den Stuhl neben ihn fallen und streckte dankbar die Füße aus.
»Und wehe du meinst mit anders nicht genauso spektakulär wie immer«, fügte Zoe warnend hinzu.
Noah grinste. »Natürlich. Genau das.«
Es war schön, wieder mit den anderen vereint zu sein. Noch schöner fand Liv aber das Kribbeln, als Noah ihre Hand nahm.
»Wie ist es bei euch gelaufen?«, fragte Kaelan.
»Gut. Keine besonderen Vorkommnisse. Und bei euch?«
»Dasselbe. Unser Plan läuft gut, würde ich sagen«, meinte Kaelan zufrieden.
Mona hatte Liv und Zoe mit Wasser, Apfelkuchen und Milch versorgt, ermunterte die Jungen, sich einen Nachschlag zu nehmen und setzte sich dann zu ihnen.
Kaelan und Noah schlugen dankbar zu, Ari dagegen nahm sich nur von der Milch.
»Wie geht’s dir?«, fragte Liv. »Was macht die Schulter?«
»Sie zwickt ein bisschen, ist aber nicht dramatisch«, versicherte er, aber sein Lächeln wirkte müde und offensichtlich hatte auch ein Tag Wanderschaft nicht den Appetit zurückgebracht, der ihm seit der Schulterverletzung fehlte.
»Morgen könnt ihr einen Teil der Strecke reiten, das ist weniger anstrengend.« Mona hob ihren kleinen Sohn aus dem Korb und nahm ihn auf den Schoß, was Moritz ihr mit begeistertem Quietschen und gurgelndem Babylachen dankte. »Allerdings nur bis zum Waldsee. Dahinter sind die Wege so schlecht, dass es kaum noch Trampelpfade sind.«
»Weil die Elfen sie so haben zuwuchern lassen?«, fragte