34 Vgl. Nohlen 1978, 2014, Krennerich 1993, 1996a und 2000.
35 Vgl. den Code of Good Practice in Electoral Matters des Europarates (CDL-AD (2002) 023rev2-cor) sowie die Wahlmanuals von OSCE/ODIHR (2012), der Europäischen Union (European Union 2016), der Organisation Amerikanischer Staaten (OEA 2008) und der Afrikanischen Union (African Union 2013) – sowie die Handbücher etlicher nicht staatlicher Organisationen, die Wahlberatung und Wahlbeobachtung durchführen, wie das Electoral Institute for Sustainable Democracy in Africa (EISA), International IDEA (Institute for Democratic and Electoral Assistance), die International Foundation for Electoral Systems (IFES), das Centro de Asesoría y Promoción Electoral (CAPEL) des Interamerikanischen Instituts für Menschenrechte (IIDH) oder auch die International Human Rights Law Group, für die Larry Garber bereits 1984 Richtlinien für Wahlbeobachtung erstellt hat.
36 Norris/Grömping 2019.
37 Zur Diskussion des dem Index zugrunde liegenden Konzepts der Integrität der Wahlen siehe etwa: Garrido/Nohlen 2019.
38 Vgl. Borneo 2000. Siehe auch Harneit-Sievers 1990, Tötemeyer/Wehmhörner/Weiland 1996.
39 Vgl. Krennerich 1993.
40 Datengrundlage: ODIHR Annual Reports.
41 Entsprechende Daten finden sich auf der Website des European External Action Service der EU.
42 Vgl. etwa Mair 1994.
43 Vgl. National Democratic Institute 1996.
44 Vgl. Middlebrook 1998.
45 Vgl. https://www.epde.org.
46 Vgl. https://gndem.org.
47 Das Kopenhagener Dokument (1990) besagt, dass sich alle OSZE-Teilnahmestaaten untereinander eine standing invitation zur Wahlbeobachtung aussprechen. So gesehen bräuchte es gar keine ausdrückliche Einladung mehr. Im politischen Tagesgeschäft hat sich jedoch eingebürgert, dass eine solche Einladung erfolgt.
48 Behnke/Grotz/Hartmann 2017: 40.
49 Das russische Wahlgesetz erlaubt, dass Kandidatinnen und Kandidaten, Parteien, Medien sowie seit 2017 sogenannte Zivilkammern nationale Wahlbeobachterinnen und -beobachter benennen.
50 Siehe Morgenbesser 2019: 168 ff.
51 Vgl. etwa Roussias/Ruiz-Rufino 2018.
3. DER ORGANISATORISCHE UND RECHTLICHE RAHMEN
„Wer auszählt, gewinnt“, heißt ein alter Diktatorenspruch, der getrost auf die gesamte Wahlorganisation ausgeweitet werden kann. Die Freiheit und Fairness der Wahl hängen entscheidend davon ab, wer die Wahlen durchführt und kontrolliert.
Da Wahlen ein ureigener Akt staatlicher Souveränität sind, ist es zunächst wichtig, dass nationale Institutionen die Verantwortung für die Organisation von Wahlen übernehmen. Allenfalls in besonderen Situationen sollten internationale Organisationen in die Wahlorganisation eingebunden sein. Dies war besonders deutlich in Kambodscha der Fall: Nach dem Pariser Friedensabkommen von 1991 organisierte die United Nations Transitional Authority in Cambodia (UNTAC) die dortigen Wahlen von 1993, errichtete gewissermaßen eine Wahlinfrastruktur aus dem Nichts.52 So weit ging die Rolle der internationalen Staatengemeinschaft im Rahmen des Friedensprozesses in Bosnien-Herzegowina zwar nicht, aber immerhin waren dort bei den Wahlen 1997, 1998 und 2002 internationale Mitglieder, darunter der Leiter der OSZE-Mission, in die Provisional Electoral Commission einbezogen. Die nationalen Wahlen des Jahrs 2006 waren die ersten, die dort nach dem Zerfall Jugoslawiens ohne internationale Beteiligung durchgeführt wurden.
Wichtig ist weiterhin, dass die für die Wahlorganisation zuständigen Stellen unabhängig, professionell und transparent arbeiten. In vielen etablierten Demokratien, in denen Wahlen eine lange Tradition aufweisen, werden Wahlen von Behörden organisiert, die der Exekutive auf nationaler, regionaler und/oder lokaler Ebene unterstellt sind. Häufig spielt hier das Innenministerium eine wichtige Rolle. In Deutschland ist beispielsweise das „Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat“ formal die oberste staatliche Wahlbehörde. Mit der Vorbereitung, Durchführung und Überprüfung der Wahl beauftragte Wahlorgane sind allerdings der Bundes-, die Landes- und die Kreiswahlleiter sowie zur Überprüfung von Wahlbeschwerden ein Bundeswahl-, ein Landeswahl- und der Kreiswahlausschuss. Hinzu kommt ein Wahlvorstand für jeden Wahlkreis zur Feststellung der Briefwahlergebnisse. Die Bundeswahlleitung wird vom Innenministerium auf unbestimmte Zeit bestellt, die Landeswahlleitung, die Kreiswahlleitung und der Wahlvorstand von der jeweiligen Landesregierung (oder der von ihnen bestimmten Stelle).53
Im Fall einer professionellen, parteipolitisch unabhängigen Verwaltung ist ein governmental model of electoral management für gewöhnlich kein Problem. Gleichwohl haben einige etablierte Demokratien eigenständige Wahlkommissionen eingeführt, um die Unabhängigkeit vis-à-vis der Regierung zu stärken: so etwa Kanada (1920), Indien (1950) und Australien (1984). Vor allem in Staaten mit einer wenig entwickelten demokratischen Kultur oder autoritären Wahlerfahrungen sind von der Regierung ernannte und der Exekutive unterstellte Wahlbehörden oft nicht angebracht. Hier sind von der Regierung unabhängige Wahlkommissionen (independent model of electoral management) vorzuziehen, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass die Regierung auf die Durchführung der Wahlen Einfluss nimmt, und zwar zu ihren Gunsten. Dementsprechend wurden weltweit im Zuge politischer Öffnungs- und Demokratisierungsprozesse regierungsunabhängige Wahlkommissionen gefordert und (wieder-)eingeführt, auch in Ost(mittel)europa.
Vorreiter ist hier jedoch Lateinamerika, wo die Bemühungen um saubere Wahlen eng mit der Entwicklung der Demokratie im 20. Jahrhundert zusammenhingen. Tatsächlich stellt Lateinamerika geradezu eine „paradigmatische Region“ für unabhängige Wahlkommissionen dar, die im Zuge der (Re-)Demokratisierung ab den 1980er Jahren ausgebaut und professionalisiert wurden.54 So verfügen alle lateinamerikanischen Staaten, die Mehrparteienwahlen durchführen, über eigenständige Wahlkommissionen, deren Unabhängigkeit zumeist verfassungsrechtlich garantiert ist. Mitunter fungieren sie sogar im Sinne eines Poder Electoral als vierte verfassungsmäßige Gewalt neben Exekutive, Legislative und Judikative. Die Wahlkommissionen in Lateinamerika sind dabei oft für die gesamte Wahlorganisation – von der Wählerregistrierung bis zur Anerkennung der Wahlen – zuständig, verfügen über eigene Haushaltsmittel und sind der Exekutive gegenüber nicht rechenschaftspflichtig. Vor allem werden ihre Mitglieder nicht von der Regierung bestellt. Damit unterscheiden sie sich von so manchen Wahlkommissionen in anderen Ländern, die nur über wenige Kompetenzen verfügen. Die „Nationale Autonome Wahlkommission“ im Senegal beispielsweise überwacht lediglich die Wahlen, organisiert sie aber nicht selbst.55
Formal unabhängige Wahlkommissionen gibt es inzwischen auch in vielen anderen Ländern weltweit – von „A“