Auf der Klimaschutzkonferenz von Paris einigten sich 2015 die Vertragsstaaten schließlich auf ein Abkommen, dass sich an das 2020 auslaufende Kyoto-Protokoll anschließt. Im Unterschied zum Kyoto-Protokoll verpflichteten sich in Paris nun aber fast alle Volkswirtschaften, den Ausstoß an Treibhausgasen einzudämmen. Zudem soll versucht werden, die Erderwärmung möglichst auf nur 1,5 Grad zu begrenzen.28 Allerdings zeigt das bislang letzte Treffen der Verhandlungsdelegationen im Dezember 2019 in Madrid, dass auf Fortschritte bei den internationalen Verhandlungen auch immer wieder Rückschritte folgen. Bei dieser Konferenz sollten vor allem Regeln für internationale Emissionsrechte sowie Ausgleichszahlungen bei klimabedingten Schäden für Entwicklungsländer beschlossen werden. Nach fast zweiwöchigen Diskussionen waren lediglich Minimalkompromisse möglich, die sowohl von Klimawissenschaftlern als auch der überwiegenden Zahl der Volkswirte als völlig unzureichend eingeschätzt werden. Als Bremser agierten dabei vor allem die Delegationen aus den USA, Brasilien, Australien und Saudi-Arabien.
Als Reaktion auf das Kyoto-Protokoll und die darin vorgesehenen Reduktionsverpflichtungen hatte die EU bereits 2003 eine Richtlinie zur Zuteilung und zum Handel mit Zertifikaten für Treibhausgase erlassen, die 2005 in Kraft trat.29 Allerdings weist das Emissionshandelssystem – trotz verschiedener Nachbesserungen – vor allem durch wenig ambitionierte Zielvorgaben, die Nichteinbeziehung wichtiger Emissionsquellen sowie diverse Ausnahmeregelungen zahlreiche Schwachstellen auf. Trotzdem ist es ein erster ernsthafter Ansatz zur Verzahnung ökologischer Notwendigkeiten und ökonomischer Instrumente auf multilateraler Ebene, mit dem Ziel eine möglichst kostengünstige Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen zu erreichen.30 Für einen wirksamen Schutz unseres Planeten wäre die weltweite Einführung eines wirksamen CO2-Zertifikatesystem notwendig. Vorschläge hierzu werden in Kapitel 6.2.7 noch ausführlicher behandelt.
Neben dem Handel mit CO2-Zertifikaten gibt es zahlreiche weitere Maßnahmen sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene, den Ausstoß klimaschädlicher Gase zu reduzieren. Man denke hier an das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die CO2-Steuern in Schweden, Großbritannien oder Frankreich sowie regulatorische Vorgaben für den CO2-Ausstoß von Pkw oder das Glühbirnenverbot durch die EU. All diese Maßnahmen sind gut gemeint, aber wenig koordiniert. Sie führen daher zu einem politischen Durcheinander und mangelnder Unterstützung in weiten Teilen der Bevölkerung, die viele Maßnahmen als willkürlich und einseitig ansieht. Gleichzeitig führt die Vielzahl unterschiedlicher Instrumente dazu, dass nicht immer der kostengünstigste Weg zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen gewählt wird.
Für Deutschland hat sich die Bundesregierung mit dem im November 2016 verabschiedeten Klimaschutzplan sowie dem 2019 beschlossenen Klimapaket das Ziel gesetzt, bis zur Mitte des Jahrhunderts weitgehend Treibhausgasneutralität zu erreichen. Mittelfristig strebt sie das Senken der Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 an. Zentrales Instrument ist hierbei die Bepreisung von Treibhausgasen. Für die wichtigsten Sektoren wurden konkrete Minderungsziele und zahlreiche Detailregelungen vereinbart. Zudem wird ein umfassender Dialog auf sämtlichen staatlichen Ebenen sowie mit den Bürgern und Bürgerinnen angestrebt. Die soziale Verträglichkeit der unterschiedlichen Klimaschutzmaßnahmen soll dabei beachtet werden.
Für eine erfolgreiche Bekämpfung des Klimawandels ist ein Zusammenspiel von Wissenschaft, Staaten und den einzelnen Individuen zwingend notwendig.31 Wissenschaftliche Gremien wie der IPCC müssen die Ursachen und Wirkungen des Klimawandels analysieren und in Zusammenarbeit mit den Medien verständlich kommunizieren. Die Aufgabe der Staaten besteht vor allem in der Gestaltung einer konsistenten Rahmenordnung zur raschen Reduktion des Ausstoßes klimaschädlicher Gase. Dabei sind multilaterale Vereinbarungen auf alle Fälle nationalen Alleingängen vorzuziehen. Neben der Reduktion von CO2, Methan und Lachgas sollten aber auch rechtzeitig geeignete Anpassungsmaßnahmen geplant werden, um den bereits jetzt unvermeidlichen Klimawandel abzufedern. Zu guter Letzt ist allerdings auch die Eigeninitiative jedes Unternehmens und jedes Verbrauchers gefordert. Nur wenn weltweit zumindest der deutlich überwiegende Teil der Betriebe und der Haushalte hinter dem Ziel einer Klimawende steht, lässt sich diese umsetzen. Ist dies nicht der Fall, kommt es nicht nur zu zahlreichen Ausweichreaktionen auf staatliche Maßnahmen, sondern auch zu erheblichen politischen und gesellschaftlichen Konflikten. Obwohl der Beitrag des einzelnen Erdbewohners bei globalen Problemen verschwindend gering ist, entbindet dies den Einzelnen daher nicht von der Aufgabe, die Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen zu erhalten. Die Entwicklung umweltfreundlicher und klimagerechter Güter und Produktionsverfahren sowie die Umstellung des Verbraucherverhaltens in Richtung nachhaltiger Lebensstile sind daher notwendig.
Die Dringlichkeit und Bedeutung dieses gesamten Themenkomplexes ist inzwischen weitgehend anerkannt. Das zeigen drei Beispiele aus sehr unterschiedlichen Bereichen:
• Im Frühsommer 2015 veröffentliche Papst Franziskus die Enzyklika Laudato si’. Diese Enzyklika wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und beschäftigt sich vor allem mit den Themen Umwelt- und Klimaschutz. Der Papst mahnt darin zu einem Umsteuern der Menschheit.
• Seit 2017 sind größere Unternehmen durch eine EU-Richtlinie, die in nationales Recht umgesetzt wurde, gesetzlich verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht vorzulegen. Hierzu gehört auch eine Umweltberichterstattung.
• Das World Economic Forum zählt in seinem Global Risks Report 2020 gleich fünf Umweltrisiken zu den zehn größten Gefahren für die Menschheit. Neben extremen Wetterereignissen, Naturkatastrophen, menschgemachten Umweltkatastrophen, dem Verlust von Biodiversität und dem Kollaps von Ökosystemen spielt auch das Scheitern der Menschheit bei der Eindämmung und Anpassung an den Klimawandel eine herausragende Rolle.32
1 Die Studie »The Limits to Growth« von Donella H. Meadows und Dennis Meadows sowie weiteren Autoren beruht auf umfangreichen Simulationen verschiedener Szenarien, bei denen unterschiedliche Annahmen zur Industrialisierung, zum Bevölkerungswachstum sowie zur Ausbeutung und Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen getroffen wurden. Die Studie wurde inzwischen mehrfach aktualisiert.
2 Vgl. Rahmstorf S./Schellnhuber, H. J. (2018), S. 79-87. Die Autoren bieten einen interessanten Überblick über den Klimawandel in der öffentlichen Diskussion und besonders die sehr kontroversen Standpunkte in den