• Zum zweiten sind auch aufgrund der Multifunktionalität der digitalen Technologien kaum eindeutige und generelle Aussagen über die Konsequenzen digitaler Tehnologien für Arbeit möglich. Denn es ergeben sich je nach Funktionszusammenhang sehr unterschiedliche Relationen zwischen Technik und Arbeit und damit Gestaltungskorridore für Arbeit.
• Zum dritten ist Kontingenz das Ergebnis der organisationstechnologischen Bewältigung dynamischer marktökonomischer Anforderungen. Denn die damit digital ermöglichte Regulation der Produktion richtet sich, wie gezeigt, primär auf die betriebliche und überbetriebliche Wertschöpfung und weniger auf einzelne Teilprozesse und Teilarbeiten. Für Arbeitsorganisation und Arbeit wird damit einmal mehr ein Rahmen abgesteckt, ohne sie im Einzelnen festzulegen.
• Zum vierten impliziert die Autonomisierung der digitalen Systeme den postulierten Wandel vor allem des Gesamtsystems der Produktion und die hier wirksamen hybriden Interdependenzen. Daher spielt sich hierbei der Zusammenhang zwischen Technik und Arbeit im Kontext von dynamischen Abstimmungsprozessen zwischen den verschiedenen technischen und nicht-technischen Elementen des Gesamtsystems ein, und eindeutige Schlussfolgerungen im Hinblick auf den Wandel von Arbeit sind auch in dieser Perspektive kaum möglich.
Insgesamt lässt sich daher festhalten: Die marktökonomisch induzierten und tendenziell durch autonome Planungs- und Steuerungssysteme organisationstechnologisch vermittelten relevanten sozio-technischen Veränderungen vollziehen sich primär auf der Ebene betrieblicher und überbetrieblicher Wertschöpfungsprozesse in ihrer Gesamtheit. Die arbeitsorganisatorischen Konsequenzen sind prinzipiell »unbestimmt«.11
Empirisch greifbar wird dies am Beispiel vielfach genutzter digitaler Planungs- und Steuerungstechniken – etwa von Managementinformationssystemen, sog. ERP-Systemen (Enterprise Resource Planning) oder Shopfloor-Managementsystemen –, die ein Netz von übergreifenden Rahmendaten wie Prozess- und Objektdaten hoher Planungsgüte erzeugen und die sich weniger auf die Festlegung einzelner Arbeitsschritte richten. An den Rahmendaten haben sich Arbeitskräfte zu orientieren, und ihre Einhaltung sollen sie aktiv gewährleisten, indem sie diese in zeitlich und funktional »richtiges« Arbeitshandeln und in konkrete inhaltlich-stoffliche Tätigkeiten übersetzen (vgl. Manske et al. 1994, S. 179 f.). Wie diese Übersetzungsleistungen im Konkreten arbeitsorganisatorisch strukturiert sind, ist freilich ex ante keineswegs bestimmt. Im Einzelnen können sehr verschiedenen Formen von Arbeitsteilung und Kooperation organisationstechnologisch integriert werden; solche mit engen »tayloristischen« Zuschnitten von Arbeitsaufgaben und solche mit »ganzheitlichen« Tätigkeitszuschnitten können realisiert werden (vgl. Bergmann 1989, S. 42). Mehr noch, die neuen Technologien schaffen vielfach Voraussetzungen für neue Aufgaben und Tätigkeiten, die es zuvor noch nicht gab (vgl. WEF 2018, S. 11). Als Beispiele hierfür können Steuerungsaufgaben für neue Logistiksysteme wie Drohnen oder systembezogene Überwachungsaufgaben bei autonomen Systemen genannt werden.
Wie im nächsten Kapitel noch genauer auszuführen ist, werden in der Debatte über die digitale Transformation von Arbeit daher nicht zufällig teilweise völlig unterschiedliche Entwicklungsszenarien von Arbeit postuliert, und es wird betont, dass sie einander nicht ausschließen und sich nebeneinander und ungleichzeitig durchsetzen können.
8 Der Einfluss makrostruktureller Faktoren ist durch die international vergleichende Forschung überzeugend belegt. Wegweisende Studien zeigten schon in den 1970er und 80er Jahren, dass sich bei identischen mikroelektronischen Technologien in verschiedenen Ländern sehr unterschiedliche Formen der Arbeitsorganisation fanden. Ein Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich findet sich bei Lutz (1976), ein Vergleich zwischen Deutschland und Großbritannien bei Sorge et al. (1982).
9 Demgegenüber ist in den Wirtschaftswissenschaften eine Begrifflichkeit gebräuchlich. Im Hinblick auf Arbeitsmarkteffekte wird zwischen »labor enabling/augmenting« und »labor replacing technologies« unterschieden (z. B. Frey 2019, S. 12 ff.).
10 Konzeptionell unterscheiden die Autoren der Frankfurter Studien hier widersprüchliche Struktureffekte von Produktions- und Marktökonomie; vgl. ausführlich Benz-Overhage et al. 1982, S. 24 ff.
11 Vgl. Altmann et al. (1986, S. 201) und das dort entwickelte Konzept der Systemischen Rationalisierung, mit dem der informationstechnisch regulierte Gesamtprozess der Wertschöpfung als primäre Quelle von Produktivität ins Zentrum der Analyse von Technik und Arbeit gerückt wird.
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