Olapic, eine Visual-Marketing-Plattform, hatte im November 2017 eine groß angelegte Studie von Cite Research durchführen lassen, in welcher je 1000 Verbraucher, aber auch aktive Social-Media-Konsumenten in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA zu Online-Nutzungsgewohnheiten befragt wurden. Diese Studie, die aus insgesamt 4000 Personen bestand, die zwischen 16 und 61 Jahre alt waren, lieferte aussagekräftige Ergebnisse zur Einflussnahme von gewissen Influencern und dem Konsumentenverhalten. Warum wird einzelnen Influencern gefolgt und sogar vertraut und wie reagieren die Verbraucher auf Empfehlungen?
Interessant ist zunächst einmal, dass der Influencer der Studie zufolge für den Verbraucher keinen klassischen Prominentenstatus innehat, wie man vermuten könnte. Trotzdem bekennen sich ein Drittel der Follower dazu, dass sie bereits ein Produkt gekauft haben, das ihr Influencer empfiehlt.
Laut Aussagen der Follower war der Kaufgrund die persönliche Glaubwürdigkeit des Influencers und seiner Statements. Ein Großteil der Befragten gibt an, dass sie durch Influencer zusätzliche Informationen über ein Produkt erhalten und dessen Produkttest ihnen erstaunliche Einblicke liefert. Also wird der Influencer durch die Interaktion mit dem Produkt nicht als klassische Werbeikone wahrgenommen, sondern als authentischer Produkttester.9
Die genaue Untersuchung des Influencer-Prinzips unterscheidet zwischen drei Typen von Influencern:
1.Der Key Influencer ist Autor eines eigenen Blogs, Inhaber eines YouTube-Kanals oder Instagram-Accounts oder ist anderweitig auf Social-Media-Plattformen innerhalb der Zielgruppe aktiv.
2.Beim Peer Influencer handelt es sich eher um einen Mitarbeiter oder Geschäftspartner des werbenden Unternehmens, der bei der Zielgruppe einen großen Vertrauensvorschuss genießt.
3.Beim Social Influencer schließlich sprechen wir von einem Kunden oder anderen Meinungsmacher, der Eindrücke und Empfehlungen zu konkreten Themen oder Produkten äußert.
Alle drei Formen gelten als Multiplikatoren und üben großen Einfluss auf ihre Zielgruppe aus.
Namhafte Firmen haben daher diese Art von Werbung längst als Marketingtool der Stunde erkannt und zahlen den Influencern verblüffende Summen, damit diese sich mit ihrem Produkt zeigen oder es auf ihren Kanälen besprechen.
Unternehmen verfolgen verschiedene Ziele, wenn sie Influencer kontaktieren. So wollen sie zum Beispiel:
Neuerdings unterscheidet man zusätzlich zwischen Influencern im eigentlichen Sinne und den sogenannten Micro-Influencern. Das sind solche, deren Followerzahl noch keine gigantischen Dimensionen erreicht hat. Sie haben in der Regel »nur« zwischen 5000 und 10 000 Followern.10 Oft besitzen diese Micro-Influencer eine größere Nähe zu ihren Followern, weil deren Gruppe noch überschaubarer ist, interagieren auch noch stärker mit ihren Fans und verfügen meist über ein hohes Expertenwissen zu dem jeweiligen Produkt.
An dieser Stelle wird eine weitere Parallele zur Führungskraft im digitalen Zeitalter deutlich. Nicht nur der Influencer beeinflusst andere Menschen in ihrem Verhalten, sondern auch die Führungskraft. Laut unseren eigenen Recherchen im Institut für Führungskultur und anderen Studien suchen Mitarbeiter heute mehr denn je Orientierung bei ihrer Führungskraft. Dafür braucht der Vorgesetzte vor allem eine hohe Glaubwürdigkeit. Lebt die Führungskraft die Grundsätze des Unternehmens und ihre eigenen Visionen nicht persönlich vor, gilt sie heute viel schneller als früher als unglaubwürdig. Die Folge: Er oder sie findet keine Follower!
Doch warum lassen wir Menschen uns eigentlich beeinflussen, ja wollen sogar beeinflusst werden?
Influencer und ihr Erfolgsgeheimnis
Wir haben uns bisher damit beschäftigt, wie erfolgreich die Influencer am Markt agieren und wie sich darauf aufbauend ihr Stellenwert bemisst. Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass moderne Führung genauso agieren und dadurch effektiver sein kann. Zoomen wir ein Stück näher heran und betrachten, wie das Vorgehen der Influencer und der Führungskräfte, die sich ihre Erfolgsgeheimnisse zunutze machen, im Einzelnen funktioniert.
Bezüglich der Inhalte zeigen Untersuchungen, dass eine Mixtur von privaten Posts und Inhalten aus dem Kernbereich des jeweiligen Influencers den größten Erfolg bei den Followern verspricht. Der Grund ist, dass Glaubwürdigkeit erst aufgebaut werden kann, wenn die Follower den Menschen hinter dem Content erkennen. Zudem funktioniert eine Produktplatzierung nur dann, wenn sie dosiert erfolgt und in den Kontext des Influencers passt, also nicht künstlich »aufgesetzt« wirkt. Es ist wie in der Führung: Die tatsächliche Glaubwürdigkeit wird nur durch eine Vorbildfunktion erreicht, die eine gewisse Nähe zu der Person und Erfahrung mit ihrem Verhalten voraussetzt. Das heißt, dass der jeweilige Influencer zum einen ausreichend über sich selbst preisgibt und außerdem das Produkt tatsächlich nutzt und von seinen Erfahrungen im Guten wie im Schlechten berichtet. Er teilt also seine persönlichen Erfahrungen mit. Eine Führungskraft wird beispielsweise mit ihrer Meinung, dass sich der Mensch nicht durch das Smartphone steuern lassen sollte, nur dann als »authentisch« wahrgenommen, wenn sie selbst in Meetings das Gerät ausschaltet oder sich nicht davon stören lässt. Follower – in diesem Fall die Mitarbeiter – beobachten sehr genau, was der Influencer tut, bevor sie ihm im wörtlichen oder übertragenen Sinne folgen.
»In unserer Studie wollten wir bewusst untersuchen, welche Unterschiede es zwischen bereits vorher prominenten und rein im Netz entwickelten Digital-Stars gibt und wo die jeweiligen Erfolgsfaktoren liegen«, erläutert Julian Kawohl von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin die Herangehensweise seines Teams an eine Studie über die Funktionsweise verschiedener Plattformen.
In der Analyse von über 2300 Beiträgen über den Zeitraum von einem Monat hinweg fanden die Forscher heraus, welches Vorgehen auf den Social-Media-Plattformen Facebook und Instagram mehr Follower, höhere Interaktion mit der Community und Attraktivität für Unternehmen verspricht.11
Eine solche Analyse ist genau das, was wir auch als Führungskraft brauchen! Denn die Mechanik und die Mittel sind übertragbar. Ich kann meine Mitarbeiter als meine Follower betrachten, denen ich persönlich einen großen Nutzen bringe und dadurch eine starke Beziehung aufbaue. »Werbung funktioniert immer dann, wenn die Verbindung zwischen Marke und Person passt, einzelne Produkte dezent in die Inhalte integriert und die Frequenz sorgfältig dosiert werden«, so Julian Kawohl weiter. »Wenn das erfüllt ist, kann ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit und Authentizität ausgestrahlt werden.«
Der Influencer bietet seiner Zielgruppe grundsätzlich einen Mehrwert, einen konkret erkennbaren Nutzen, indem er seine persönlichen Erfahrungen weitergibt.
An dieser Stelle liegt mir ein Hinweis sehr am Herzen: Wenn wir hier von »influence«, also »Einfluss« oder auch »Beeinflussung« sprechen, ist damit nicht gemeint, dass Menschen zu etwas überredet werden sollen. Es geht nicht darum, wie wir andere Menschen manipulieren oder rhetorisch überlisten. Insofern ist dieses Buch auch nicht als rhetorische Trickkiste zu verstehen. Wir sprechen auch nicht davon, wie du anderen heimlich deinen Willen überstülpst. Was du hier stattdessen findest, ist eine Betrachtung von Führungsstilen,