Franz Werfel, Wien 19., Steinfeldgasse 2
Stefan Zweig, Salzburg, Kapuzinerberg 5
Victor Léon, Wien 13., Wattmanngasse 22
Fritz Löhner-Beda, Schratt-Villa, Bad Ischl
Josef Weinheber, Kirchstetten Nr. 28
Alexander Lernet-Holenia, St. Wolfgang, Markt 117
Heimito von Doderer, Wien 9., Währinger Straße 50
Friedrich Torberg, Breitenfurt bei Wien, Schlossallee 10
SPIONE, SCHÖNE FRAUEN, SCHARFRICHTER …
… und all jene, die in kein anderes Kapitel passen
Philipp Schlucker, Alland 65, Am Weißenweg
Fanny Elßler, Wien 1., Seilerstätte 19
Joseph Madersperger, Wien 3., Landstraßer Hauptstraße 173
Anna Nahowski, Wien 13., Maxingstraße 46
Josef Lang, Wien 9., Felsgasse 5
Alfred Redl, Wien 1., Herrengasse 19, Hotel Klomser
Matthias Sindelar, Wien 1., Annagasse 3
Elisabeth Goldarbeiter, Wien 2., Freilagergasse 5
»ZEIGE MIR, WIE DU WOHNST«
Vorwort
Sie lebten in Villen und auf Zimmer-Küche-Kabinett. In Palästen oder im Armenhaus. Und sie haben Geschichte geschrieben. Während Herbert von Karajan auf einem großen Gutshof logierte, gab sich Heimito von Doderer, selbst als berühmter Dichter noch, mit zwei kleinen Zimmern zufrieden, die in einen Hinterhof blickten. Katharina Schratt benötigte drei Wohnsitze, weil der Kaiser Wert darauf legte, sie stets in seiner Nähe zu haben. Max Reinhardt und Richard Strauss haben in Schlössern residiert.
Gerade bei schöpferischen Menschen ist die Atmosphäre, in der sie leben, von enormer Bedeutung für ihr Werk. So ist es wohl kein Zufall, dass Johann Strauß den Donauwalzer in seinem (unweit der Donau gelegenen) Haus in der Praterstraße komponiert hat, dass Franz Lehár nirgendwo sonst so viele Melodien einfielen wie in seiner Villa im Salzkammergut und dass Hofmannsthal im Ausseerland an seinen wichtigsten Stücken schrieb.
Auch für Hitlers Laufbahn sollte eine Adresse prägend sein. Im Männerheim in der Meldemannstraße studierte er die Schriften seiner »alldeutschen« Idole, die zum Nährboden des Rassenwahns einer mörderischen Ideologie wurden. Das Wiener Obdachlosenasyl diente als Probebühne für spätere Hetzreden, die er vor Hunderttausenden Menschen hielt.
Adressen mit Geschichte erzählen Geschichte – und Geschichten. Ernste, heitere, romantische und tragische. So musste Anton Bruckner von seiner Wohnung auf der Ringstraße aus mit ansehen, wie das Ringtheater ein Raub der Flammen wurde. Die Schauspielerin Dorothea Neff hat bei sich zu Hause vier Jahre lang eine jüdische Freundin versteckt und ihr damit das Leben gerettet. Und Bruno Kreisky meldete in seiner eigenen Villa den Maler Oskar Kokoschka an, um ihm so die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu ermöglichen.
Es gibt natürlich auch Adressen mit Liebesgeschichten. Eine handelt von Willi Forst und Marlene Dietrich, eine andere vom Kaufmann Julius Meinl und der japanischen Sängerin Michiko Tanaka. Von zeitgeschichtlichem Interesse ist wohl die Affäre des auch durch antisemitische Parolen groß gewordenen Wiener Bürgermeisters Karl Lueger mit der jüdischen Schauspielerin Caroline Loewy.
Etlichen Adressen konnte ich mithilfe alter Adress- und Telefonbücher auf die Spur kommen, wobei mir zustatten kam, dass die Prominenz in früheren Zeiten aus ihrem Wohnort nur selten ein Geheimnis machte. Johannes Brahms stand ebenso in Lehmann’s Wohnungsanzeiger wie Anton Bruckner, Johann Strauß, Gustav Klimt oder Arthur Schnitzler. Und im Telephonabonnentenverzeichnis 1889 fand ich sogar den alten Kaiser. Natürlich nicht unter »Franz Joseph I., Wien 1., Hofburg, Reichskanzleitrakt«, wo er tatsächlich wohnte – die Eintragung lautete vielmehr »Obersthofmeister-Amt Sr. k. und k. Apostol. Majestät«, und als Nummer war »750« angegeben. Allerdings hob er nie selbst ab, da der Monarch neumodische Erfindungen wie das Telefon ablehnte.
Neben berühmten Adressen wie denen von Mozart, Beethoven, Schubert oder Freud gibt es auch solche, die nicht so leicht zu eruieren waren. Doch glücklicherweise werden in Wien seit 1910 die von Einheimischen wie Besuchern sorgsam ausgefüllten Meldezettel archiviert, in die ich für dieses Buch Einblick nehmen durfte. So fand ich die frühen, zum Teil verschollen geglaubten Wohnadressen von Künstlern wie Fritz Kortner, Lotte Lenya, Frederick Loewe, Billy Wilder oder der Wienerin Liesl Goldarbeiter, die 1929 zur schönsten Frau der Welt gekürt wurde.
Dieses Buch ist natürlich kein »Adressbuch«, das sich mit einer Auflistung der Wohnorte berühmter Menschen begnügt. Ich hielt vielmehr nach Geschichten Ausschau, die hinter diesen Menschen und ihren Wohnungen stehen. Im Mittelpunkt der Handlung findet sich – der besseren Übersicht wegen – jeweils nur eine Anschrift: Wenn ich etwa über den Zufall berichte, dem Alexander Girardi seine Villa in Bad Ischl verdankte, dann nenne ich deren Adresse (und erwähne die seiner Wiener Wohnung nur am Rande). In anderen Fällen geht es um die für das Werk oder die Person vorrangige Anschrift der beinahe zweihundert in diesem Buch porträtierten Menschen. Wie bei Bertha von Suttner das Schloss Harmannsdorf, auf dem sie jenes Werk schrieb, das ihr den Nobelpreis brachte. Bei Beethoven entschied ich mich nicht nur deshalb für das Haus Mölkerbastei 8, weil hier die Oper Fidelio entstand, sondern auch einer Episode wegen, die ein wenig Licht auf die eigenwillige Persönlichkeit des Musikgenies wirft.
Im Allgemeinen werden die in unseren Tagen gebräuchlichen Straßennamen und Hausnummern angeführt, damit der Leser besser nachvollziehen kann, wo die betreffende Person gewohnt hat. Ein Beispiel dafür: Dem Kapitel der Maler entnimmt man, dass Ferdinand Georg Waldmüller in der Maysedergasse 4 wohnte, obwohl die Adresse zu seiner Zeit Comödien-Gäßchen Nr. 1040 lautete – doch mit dieser Angabe könnte man heute wenig anfangen.
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